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Junger Mann (Symbolfoto) © 1388843 @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Nach Würzburg

Psychiaterin beklagt mangelnde psychologische Hilfe für Asylsuchende

Posttraumatische Störungen kommen bei Asylsuchenden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung zehnmal häufiger vor. Trotzdem erhalten sie selten psychologische Hilfe. Experten warnen im Hinblick auf Würzburg vor mangelnden Angeboten – und warnen vor Pauschalisierungen.

Mittwoch, 30.06.2021, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 29.06.2021, 13:49 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sieht einen erheblichen Mangel bei psychologischen Hilfsangeboten für Asylsuchende in Deutschland. Nach wie vor gebe es nur wenige spezialisierte Einrichtungen, sagte die Psychiatrie-Professorin Meryam Schouler-Ocak von der Charité in Berlin dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ mit Blick auf die Messerattacke eines möglicherweise psychisch kranken Somaliers am Freitag in Würzburg. Auch die Integration in die Regelversorgungssysteme sei nur unzureichend erfolgt.

„Oftmals fehlt es an der Bereitschaft der Institutionen, die Betroffenen in die Behandlung und Beratung aufzunehmen“, sagte die Leitende Oberärztin, die das Referat „Interkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie, Migration“ bei der DGPPN leitet. Auch das Asylbewerberleistungsgesetz stelle eine große Hürde für die Betroffenen dar: „Es sieht vielerorts in Deutschland vor, dass in den ersten 18 Monaten der Zugang zum Gesundheitssystem nur in Krisen gewährt wird.“ Dazu komme noch die mögliche Unwissenheit über die psychosozialen Behandlungs- und Hilfsangebote auf Seiten der Betroffenen.

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Asylsuchende zehnmal öfter psychisch erkrankt

„Viele Asylsuchende haben vor, während und nach der Flucht zahlreiche zum Teil sehr schwere traumatisierende Lebensereignisse durchleben müssen, die zum Teil zu massiven psychischen Störungen führen können“, sagte Schouler-Ocak. Die Rate an Posttraumatischen Belastungsstörungen sei bei Asylsuchenden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung im Durchschnitt um das Zehnfache höher. „Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie in Erregungszuständen oder anderen krisenhaften Zuständen eigen- oder fremdgefährdender sind als andere psychisch erkrankte Menschen“, betonte die Psychiaterin.

Bei der Messerattacke waren drei Frauen im Alter von 82, 49 und 24 Jahren getötet worden. Der Täter, der seit 2015 in Würzburg lebt, sitzt wegen dreifachen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft. Die Ermittler untersuchen zurzeit, ob eine psychische Krankheit oder islamistische Motive den Ausschlag für die Tat gegeben haben. (epd/mig) Aktuell Panorama

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