Antisemitismus
Schuster für differenzierteren Umgang mit Judentum im Unterricht
„Lassen Sie es mich klipp und klar sagen: Antisemitismus ist eine Alltagserfahrung von Juden in Deutschland geworden“, sagt Zentralratspräsident Josef Schuster bei einem Vortrag in der Synagoge von Berkach. Sein Gegenmittel: Bildung.
Donnerstag, 18.03.2021, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 17.03.2021, 18:05 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht in der Bildung einen der Schlüssel im Kampf gegen Antisemitismus. „Für die meisten Bürger ist das Judentum eine unbekannte Welt“, sagte er am Dienstag bei einem Vortrag in der Synagoge im südthüringischen Berkach. Bildung sei nach wie vor das beste Mittel gegen Vorurteile, die mit dafür sorgten, dass Antisemitismus zur Alltagserfahrung von Juden in Deutschland geworden sei.
Bei der Wissensvermittlung seien die jüdischen Gemeinden mit ihren 96.000 Mitgliedern auf Partner angewiesen. „Neben den Schulen zähle ich dabei die beiden großen christlichen Kirchen zu wirklich wichtigen Partnern“, erklärte Schuster und verwies auf die sehr gute und enge Zusammenarbeit in Thüringen. Das gelte etwa für die Tage der jüdisch-christlichen Kultur und für das vom Bistum Erfurt und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) initiierte Themenjahr „900 Jahre jüdisches Lebens in Thüringen“.
Dafür stünden auch die Synagoge in Berkach und das gesamte jüdische Ensemble in dem Dorf an der Grenze zu Bayern. „Synagoge, Schulhaus, Mikwe und Friedhof – das ist schon einmalig“, sagte Schuster. Der Ort biete wunderbare Voraussetzungen, um Bürger mit dem Judentum in Geschichte und Gegenwart vertraut zu machen und Berührungsängste abzubauen. Den weiteren Ausbau der Synagoge zu einer Bildungsstätte unterstütze der Zentralrat sehr gerne, sagte Schuster. Symbolisch überreichte er einen Scheck über 5.000 Euro aus seinem Präsidialfonds.
So weit weg wie der Kaiserreich
Ein großen Raum in seinem Vortrag nahm die schulische Bildung ein. Es gehe um die schwierige Aufgabe, ein historisches Geschehen vermitteln zu müssen, „das für die Schüler so weit weg ist wie das Kaiserreich“. Er fürchte, die Schulen seien dafür nicht gerüstet, um die Lehreraus- und -fortbildung sehe es bei einem Blick auf die Hochschulen „düster“ aus.
Dabei sei gerade im Unterricht ein differenzierterer Umgang mit dem Judentum nötig. Das Thema komme überproportional im Zusammenhang mit der Schoa vor, sagte er. Die reiche jüdische Tradition, die Religion an sich und der Beitrag des Judentums zur deutschen Kultur kämen meistens zu kurz. Schulen und Lehrkräfte spielten im Kampf gegen Antisemitismus aber eine Schlüsselrolle.
Kein Patentrezept
Ein Patentrezept gebe es dabei nicht. So müsse ein Überdruss verhindert werden, den Schüler entwickeln könnten, wenn sie „zu oft und pädagogisch schlecht vermittelt“ mit dem Holocaust konfrontiert würden. Bei einer Vernachlässigung der Auseinandersetzung mit der Schoa machten die Schulen indes Platz für Politiker, die einen Schlussstrich ziehen wollten.
Schuster sprach im Rahmen des Projekts „Tora ist Leben“. Hintergrund ist eine neue Tora-Rolle, die zur Zeit vom Schreiber Reuven Jaacobov in Berlin aufs Pergament gebracht wird. Sie ist ein Geschenk der Thüringer Christen an die Jüdische Landesgemeinde. Deren Vorsitzender Reinhard Schramm zählte wie die Bischöfe Ulrich Neymeyr (Bistum Erfurt) und Friedrich Kramer (EKM) wie auch Thüringens Kulturminister und Antisemitismus-Beauftragter Benjamin Immanuel Hoff (Linke) zu den pandemiebedingt wenigen geladenen Gästen in Berkach. Die Veranstaltung wurde live ins Internet übertragen. (epd/mig) Aktuell Panorama
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