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Freital in Sachsen

Zweiter Freital-Prozess

Drei von vier Angeklagten kommen mit Bewährungsstrafen davon

Im zweiten Prozess gegen die „Gruppe Freital“ ist nach fünf Monaten Verhandlung ein Urteil gesprochen worden: Es fällt milder aus als von der Generalstaatsanwaltschaft gefordert. Die Angeklagten hätten sich glaubwürdig geändert.

Freitag, 05.02.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 04.02.2021, 17:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Im zweiten Prozess gegen die rechtsterroristische „Gruppe Freital“ sind am Donnerstag drei Männer und eine Frau vom Oberlandesgericht Dresden zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Der Angeklagte Sebastian S. muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenats, Hans Schlüter-Staats, begründete dies mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in vier Fällen sowie dem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Sachbeschädigung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. (Az: 4 St 1/20)

Gegen die drei anderen Angeklagten verhängte der Senat wegen Mitgliedschaft und in einem Fall wegen Unterstützung der Vereinigung Bewährungsstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Dem zu zweieinhalb Jahren Freiheitsentzug verurteilten Mann stellte der Senat in Aussicht, die Möglichkeit eines offenen Strafvollzugs zu unterstützen, falls diese erwogen würde.

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„Einstellung glaubwürdig geändert“

Begründet wurde dies unter anderem damit, dass die Taten vor fünfeinhalb Jahren begangen wurden und sich die Einstellung des Angeklagten glaubwürdig geändert habe. Zudem konnte ihm die Tatbeteiligung in einem Fall nicht nachgewiesen werden. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte für den Mann eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten gefordert.

In der etwa zweistündigen Urteilsbegründung bescheinigte Schlüter-Staats der „Gruppe Freital“ erhebliche Gewaltbereitschaft. Die Taten basierten auf einer „weitgehend rassistisch grundierten Fremdenfeindlichkeit“. Die Gruppe sei nicht spontan, sondern geplant vorgegangen.

„Unzweifelhaft eine terroristische Vereinigung“

Sie sei „unzweifelhaft eine terroristische Vereinigung“, sagte Schlüter-Staats. Zwar habe es in der Vereinigung keinen Masterplan gegeben, aber die grundsätzliche Bereitschaft Sprengstoffanschläge zu begehen, um die Bevölkerung einzuschüchtern, politische Grundstrukturen erheblich zu beeinträchtigen und den Staat zu schädigen.

Die drei Männer und eine Frau im Alter von 27 bis 53 Jahren standen seit September 2020 vor Gericht. Gegenstand des zweiten Prozesses waren unter anderem Anschläge auf eine Asylbewerberunterkunft in Freital und das Parteibüro der Linken 2015 sowie auf das Auto des damaligen Freitaler Linken-Stadtrates Michael Richter. Acht Mitglieder der Gruppe waren 2018 unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung zu Freiheitsstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt worden.

Urteil nicht rechtskräftig

Die Mitglieder der Terrorgruppe hätten sich zunehmend radikalisiert, sagte Schlüter-Staats. Anfängliche Hemmungen, gegen bewohnte Unterkünfte vorzugehen, seien immer weiter gefallen. Spätestens beim Angriff auf eine Freitaler Asylbewerberunterkunft Ende Oktober 2015 sei den Beteiligten klar gewesen, dass Menschen zu Schaden kommen könnten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sowohl den Angeklagten als auch der Generalstaatsanwaltschaft und in Teilen den Nebenklägern steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche eingelegt werden muss. Der Verteidiger des Verurteilten Sebastian S., Ronald Mayer, will nach eigenen Angaben eine Revision prüfen. Er hatte für seinen Mandanten eine Bewährungsstrafe gefordert. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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