Politik

Studie empfiehlt mehr Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte

Jeder vierte Einwohner in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Doch die politische Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ist verbesserungswürdig. Nötig sei mehr Regelförderung von Migrantenorganisationen, sagen Sachverständige.

Mittwoch, 02.12.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.12.2020, 15:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sollten einer neuen Studie zufolge besser in die politische Teilhabe eingebunden werden. Insbesondere Migrantenorganisationen müssten finanziell stärker im Rahmen von Regelstrukturen gefördert und professionalisiert werden, heißt es in einer am Dienstag in Berlin präsentierten Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Laut Statistischem Bundesamt hatte 2019 mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland (26 Prozent) einen Migrationshintergrund.

Der Studie des SVR-Forschungsbereichs zufolge gibt es in Deutschland schätzungsweise zwischen 12.400 und 14.300 Migrantenorganisationen, die etwa im sozialen Bereich, im Bildungsbereich oder im Austausch zwischen Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte aktiv sind. Die Daten basieren auf einer Untersuchung in den vier Bundesländern Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, wie der wissenschaftliche Projektleiter Nils Friedrichs sagte.

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Expertin fordert interkulturelle Öffnung

Die Direktorin des SVR-Forschungsbereichs, Cornelia Schu, empfahl Migrantenorganisationen, sich stärker um reguläre Fördermittel zu bewerben. Die Erfolgschancen stiegen, wenn die Organisationen über hauptamtliche Strukturen oder bundesweite Dachverbände verfügten. Zudem sollten sie sich stärker in deutschen Fachverbänden engagieren. Umgekehrt sollten Fachgremien Migrantenorganisationen gezielt einbeziehen: „Das dient der diversitätssensiblen Öffnung aller Angebote.“ Sinnvoll sei zudem eine interkulturelle Öffnung von Ressorts und Behörden, betonte Schu.

Markus Kerber, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, plädierte ebenfalls für eine stärkere Einbindung von Migrantenorganisationen „in den politischen Regelbetrieb der Verbände-Demokratie“. Je professioneller sie aufgestellt seien, desto automatischer würden sie im politischen Prozess als Verbände angehört. Als Beispiel nannte Kerber Stellungnahmen von Migrantenorganisationen beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder bei der Fachkommission für gleichwertige Lebensverhältnisse. Auch bei den aktuellen Kabinettsempfehlungen gegen Rechtsextremismus und Rassismus, die am Mittwoch beschlossen werden sollen, seien entsprechende Dachverbände angehört worden und ihre Anliegen in die Arbeit der Bundesregierung eingeflossen.

Kleine Vereine in Großstätten

Der Studie zufolge sind Migrantenorganisationen häufiger in Städten und Großstädten angesiedelt, überwiegend in der eigenen Kommune aktiv und mit bis zu 100 Mitgliedern eher klein. Ein Großteil der Mitglieder seien Frauen, die häufig Leitungsfunktionen innehaben, hieß es weiter.

Folgt man dem Selbstverständnis der Organisationen, so lassen sie sich einem von drei Typen zuordnen: (politische) Interessen vertretende Organisation, kulturpflegende Organisation oder „multifunktional teilhabeorientierte“ Organisation. „Das Label ´Migrantenorganisation` ist keinesfalls überholt“, so der wissenschaftliche Projektleiter Nils Friedrichs, „die meisten Vereine verstehen sich als solche. Gleichzeitig beschreiben sich fast alle zusätzlich mit anderen Begriffen, etwa als Kultur-, Bildungs- oder Jugendorganisation.“

Neue Gründungs-Trends

Als neue Trends benennt die Studie zudem die Gründung sogenannter postmigrantischer Netzwerke und Vereinigungen, „die andere Schwerpunkte setzen als die der ersten Zuwanderungsgeneration“. Zudem hätten sich durch soziale Medien die Kommunikations- und Engagementformen gewandelt.

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration geht auf eine Initiative der Stiftung Mercator und der VolkswagenStiftung zurück. Ihm gehören zudem Bertelsmann Stiftung, Freudenberg Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stifterverband und Vodafone Stiftung Deutschland an. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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