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Christiane Carstensen © privat, Zeichnung: MiG

Sprachhintergrund

Licht und Schatten in Integrationskursen

Der Bund hat schnell auf die Corona-Herausforderungen reagiert. Menschen, die Deutsch als Zweitsprache lernen, stehen verschiedene Möglichkeiten offen. Dennoch fallen einige von ihnen durchs Raster.

Von Donnerstag, 26.11.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 27.11.2020, 9:37 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Integrationskursverordnung sieht vor, dass den Teilnehmenden in Integrationskursen ein festgelegtes Stundenkontingent für das Erreichen des Sprachziels B1 zur Verfügung steht. Der erfolgreiche Abschluss des Integrationskurses ist für viele Menschen ein wichtiges Etappenziel: für die Einbürgerung, die Arbeit und auch für das Weiterlernen in den anschließenden Berufssprachkursen.

Die Menschen, die einen Integrationskurs unter den Auswirkungen der Pandemie besuchen, haben es ungleich schwerer, dieses Sprachziel zu erreichen. Zwar haben der Bund und das BAMF viel möglich gemacht, damit die Integrationskurse möglichst gut durch diese schwierige Zeit kommen, aber nicht alle Hürden konnten dabei aus dem Weg geräumt werden.

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Zwar haben der Bund und das BAMF viel möglich gemacht, damit die Integrationskurse möglichst gut durch diese schwierige Zeit kommen, aber nicht alle Hürden konnten dabei aus dem Weg geräumt werden. Einige Lernende können ihr Stundenkontingent unter Corona nicht effizient nutzen: Online-Unterricht ist erfreulicherweise möglich und per se nicht weniger effizient. Träger und Lehrkräfte haben sich in den letzten Monaten technisch und methodisch-didaktisch hervorragend auf dieses Format hin ausgerichtet, das BAMF hat parallel die rechtlichen Bedingungen dazu geschaffen.

„Und dann muss man noch alle Teilnehmenden für einen Screenshot als Unterrichtsbeweis für die Abrechnung mit dem BAMF ins Bild bekommen, von vorne, gut ausgeleuchtet und mit Klarnamen.“

Aber man muss der Realität ins Auge sehen: Wer selbst in Videokonferenzen unterwegs war, weiß, dass die Qualität sozialer und technischer Interaktivität mit der Anzahl der „Kacheln“ abnimmt. Selbst in digitalaffinen Runden hört man in einer Sitzung mindestens 10 Mal „Kann man mich hören?“. Prima fürs digitale Bingo, aber natürlich anstrengend, wenn man lernen möchte und dafür nur ein begrenztes Stundenkontingent zur Verfügung hat.

Und dann muss man noch alle Teilnehmenden für einen Screenshot als Unterrichtsbeweis für die Abrechnung mit dem BAMF ins Bild bekommen, von vorne, gut ausgeleuchtet und mit Klarnamen. Jetzt denken Sie bitte mal an Ihre letzte Videokonferenz und überlegen, ob das bei Ihnen gut und schnell geklappt hätte. Spätestens wenn man in großen Gruppen arbeiten muss und dann auch noch das Internet instabil ist, kann man die Unterrichtszeit nicht mehr umfänglich für die Sprachvermittlung nutzen.

Wenn online-Unterricht nicht möglich ist und auch keine ausreichend großen Unterrichtsräume zur Verfügung stehen, kann man nach den BAMF-Corona-Unterrichtsmodellen einen bestehenden Kurs in zwei Gruppen teilen, die gleichzeitig von EINER Lehrkraft unterrichtet werden. Der Spatz in der Hand – Teilnehmende können trotz Corona wenigstens weiterlernen. Aber wenn Sie nur ein begrenztes Stundenkontingent zur Verfügung haben und Ihr Sprachziel erreichen möchten, werden Sie in solch einem Kurs auf Dauer nicht glücklich, wenn Ihre Lehrerin die Hälfte der Zeit in einem anderen Raum ist. Und wenn man dann noch in Quarantäne muss, versickert ein weiterer Teil der Stunden.

Sprachkursträger und Lehrkräfte befürchten, dass ein Teil der Lernenden ihr Stundenkontingent nicht effizient nutzen und damit das anvisierte Sprachziel nicht erreichen kann. Diese Lücken dürfen vom Bund nicht als „Kollateralschäden“ eingepreist werden, denn im Integrationskurs wird das Fundament für die Sprache gelegt. Und da zählt jeder Einzelne. Meinung

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