"Bürokratische Engstirnigkeit"
Ohne Präsenzpflicht kein Visum für ausländische Studenten
Für ausländische Studierende gibt es wegen der Corona-Pandemie weiter Hürden bei der Einreise nach Deutschland. Ein Visum bekommt nur, wer Präsenzpflichten an der Uni nachweisen kann. Das stößt auf Kritik.
Montag, 17.08.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 16.08.2020, 16:21 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Ausländer mit einem Studienplatz in Deutschland können weiterhin nur unter Bedingungen nach Deutschland einreisen. Ein Visum bekomme nur, wer nachweisen kann, dass das Studium wegen Präsenzpflichten nicht vollständig aus dem Ausland möglich sei, bestätigte die Bundesregierung am Freitag in Berlin. Die Einschränkungen gelten für Studierende aus den Staaten außerhalb der EU, die nach wie vor zu Corona-Risikogebieten gezählt werden. Kritik daran kommt von den Grünen und der FDP.
„Die Einreise zu einem Online- oder Fernstudium ist weiterhin nicht vorgesehen“, heißt es in einer am Freitag bekanntgewordenen Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine Anfrage der Grünen. Sowohl im Visumverfahren als auch als bei Grenzkontrollen würden daher Bescheinigungen über ein Präsenzstudium gefordert.
Innenministerium: Regelung angemessen
Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium erklärten, die Einschränkungen für Studierende richteten sich nach den Regeln, die auch für alle anderen gelten. Eine Sprecherin des Außenamts betonte, die Einschränkung gelte nicht für Studenten, die bereits in Deutschland sind. Wer bereits mit einem Visum in Deutschland war und nun beispielsweise für die Ferien in die Heimat geflogen ist, könne auch wiederkommen, wenn das Visum noch gültig ist, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
Der Sprecher von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bezeichnete die Regelung als „angemessen“. Zudem hätten die meisten Unis ohnehin den Präsenzbetrieb wieder aufgenommen, sagte er.
FDP: Bürokratische Engstirnigkeit
Der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring kritisierte die Regelung dennoch. Es sei eine „irrige Annahme“, dass ein Studienaufenthalt nur für den Besuch von Vorlesungen und Seminaren gedacht sei, sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. „Austausch dient auch dazu, Kultur und Gesellschaft des Gastlandes kennenzulernen“, sagte er. Mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump zunächst angedrohten Ausweisungen ausländischer Studierender, die auch in Deutschland auf Empörung stießen, sprach Gehring zudem von „Doppelmoral“. Der FDP-Politiker Jens Brandenburg sagte, die Bundesregierung lege mit „bürokratischer Engstirnigkeit“ die Axt an den internationalen Studierendenaustausch.
Wegen der in der Corona-Pandemie verhängten Einreisesperren konnten ausländische Studierende ab dem 17. März nicht mehr einreisen. Die neue Regelung mit dem Nachweis von Präsenzpflichten gilt laut Bundesbildungsministerium seit dem 2. Juli.
Uni-Sprecherin: Voraussetzung für Einreise gegeben
Das Problem ist an den Unis daher auch längst bekannt, wie die Sprecherin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, Michaela Grün, sagte. Im Wintersemester finden nach ihren Angaben dort wieder in allen Studiengängen neben Online- auch Präsenzveranstaltungen statt. Die Voraussetzung für eine Einreiseerlaubnis ist also gegeben. Ausländische Studierende erhalten wegen der Einschränkungen mit ihren Zulassungspapieren von der Viadrina derzeit auch automatisch ein Formular, mit dem sie die Präsenzpflicht gegenüber den deutschen Auslandsvertretungen nachweisen können, erklärte Grün.
Im vergangenen Wintersemester kamen rund zehn Prozent der damals rund 5.500 Studenten von einem anderen Kontinent als Europa. Eine Statistik für dieses Semester liegt noch nicht vor. Grün sagte, die Zahl ausländischer Studierender liege voraussichtlich auch ohne Reisebeschränkungen aber deutlich niedriger als in den Vorjahren. Während der Corona-Pandemie hätten viele auch aus anderen Gründen, etwa finanziellen, ihren Studienplatz nicht angetreten. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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