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Streit

Seehofer sagt Nein zu Länder-Plänen zur Flüchtlingsaufnahme

Bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland wollten einzelne Bundesländer eigene Programme auflegen. Bundesinnenminister Seehofer lehnt das ab. Berlins Regierungschef spricht von einem "politischen Skandal". Für Freitag werden weitere Kinder aus den griechischen Camps erwartet.

Freitag, 31.07.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 30.07.2020, 23:24 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Zwischen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und dem Land Berlin ist ein heftiger Streit über die Aufnahme von Flüchtlingen ausgebrochen. Seehofer durchkreuzte den Berliner Plan, in Eigenregie Schutzbedürftige aus den überfüllten Camps auf den griechischen Inseln aufzunehmen. Aus rechtlichen Gründen könne er kein Einvernehmen des Bundesinnenministeriums zum von Berlin geplanten Landesaufnahmeprogramm erklären, heißt es in einem am Donnerstag bekanntgewordenen Schreiben Seehofers an Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD). Das Berliner Programm sollte 300 Plätze umfassen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) reagierte empört.

Im RBB-Inforadio sprach Müller von einem „politischen Skandal“. „Das macht uns im Senat alle sehr wütend“, sagte der SPD-Politiker. Ein Sprecher der Senatsinnenverwaltung sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, das Land werde trotz der Ablehnung Seehofers an seinen Plänen festhalten.

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Seehofer entgegnete: „Kein Land der Welt kann die Migration allein bewältigen. Umso wichtiger ist es, dass wir bei der europäischen Asylpolitik endlich sichtbar vorankommen. Wir sind auf einem guten Weg, und ich bin nicht bereit, das jetzt zu gefährden.“ Europa müsse gemeinsam vorgehen. „Für nationale Alleingänge stehe ich nicht zur Verfügung.“

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Seehofer hält an Dublin fest

In dem Schreiben begründet Seehofer seine Entscheidung im Wesentlichen mit zwei Argumenten. Er schreibt, dass eine von Innensenator Geisel angeführte Regelung im Aufenthaltsgesetz nach Auffassung seines Hauses keine Rechtsgrundlage für Kontingentaufnahmen aus anderen europäischen Staaten darstelle. Außerdem verweist der Bundesinnenminister auf die Vereinbarung der großen Koalition, Kinder und Kranke von den griechischen Inseln aufzunehmen, was bereits angelaufen ist. „Mit Blick auf eine bundeseinheitliche Behandlung ist zu vermeiden, dass für denselben Personenkreis die Aufnahme in Deutschland aufgrund zweier verschiedener Rechtsgrundlagen und mit zwei verschiedenen Rechtsfolgen erfolgt“, schreibt Seehofer. Zuerst hatte der „Tagesspiegel“ über den Brief berichtet.

Einzelne Bundesländer hatten in der Vergangenheit Aufnahmeprogramme für besonders Schutzbedürftige aufgelegt, etwa für Jesiden aus dem Irak. Sie reisten aber nicht über andere EU-Staaten ein, sondern wurden in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus Drittstaaten aufgenommen. In der Aufnahme aus einem anderen EU-Staat sieht Seehofer einen Widerspruch zu den Zielen der Dublin-Verordnung. Danach ist der EU-Mitgliedstaat für Aufnahme und Asylverfahren zuständig, den ein Schutzsuchender zuerst betreten hat. Für die Außen- und Europapolitik habe der Bund die alleinige Zuständigkeit, heißt es weiter in dem Schreiben.

Thüringen wartet auf Berlin

Ein Sprecher der Berliner Senatsinnenverwaltung erklärte am Donnerstag, es bestehe trotz des Widerstands von Seehofer nach wie die Bereitschaft zur zusätzlichen Aufnahme von Flüchtlingen. Es müsse davon ausgegangen werden, „dass darunter viele traumatisierte Menschen sind“. Für deren adäquate Betreuung existiere in der Hauptstadt die Infrastruktur zur Unterbringung und Betreuung.

Neben Berlin will auch Thüringen mehr Menschen aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufnehmen. Die Landesregierung in Erfurt wartet noch auf eine Antwort aus Berlin. „Wir haben von der Absage des Berliner Landesprogramms bisher nur aus den Medien erfahren“, sagte der Sprecher des Thüringer Justizministeriums, Oliver Will, am Donnerstag auf Anfrage.

Weitere Kinder sollen am Freitag ankommen

Laut Bundesinnenministerium wurde „die besondere Aufnahmebereitschaft der Länder Berlin und Thüringen“ im Rahmen des zwischen Bund und Ländern abgestimmten Verteilkonzepts berücksichtigt. Berlin werde im Rahmen der europäischen Hilfsaktion 150 Personen aus Griechenland aufnehmen.

Weitere Kinder und deren enge Angehörige aus griechischen Flüchtlingslagern sollen am Freitag in Deutschland ankommen. Den Angaben nach handelt es sich um bis zu 90 Personen. Deutschland hat zugesagt, im Zuge der EU-Hilfsaktion bis Ende August 243 Kinder mit ihren Angehörigen (insgesamt 928 Personen) aufzunehmen. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. Gerrit sagt:

    Früher gab es oft auf der Ablage unter der Heckscheibe im Auto einen „Wackeldackel“. Das war lustig und oft ein Blickfang.

    Jetzt gibt es scheinbar auch den „Wackelhorst“ – und der ist nicht lustig.

    Einerseits spricht auch er von unhaltbaren Zuständen in griechischen Lagern, nötiger Rettung auf dem Mittelmeer. Und wenn er dann eigene Worte und Ansichten unter Beweis stellen kann … „wackelt“ er in die andere Richtung.

    Deutschland, also unter Federführung des BMI, will sage und schreibe 243 Kinder mit Angehörigen aufnehmen, also insgesamt rd. 900 Personen. Berlin allein könnte rd. 300 Personen aufnehmen – und das haben die sich bestimmt gut überlegt, ob stemmbar oder nicht. Und das wäre nur Berlin …

    Herr Seehofer sollte endlich einsehen, daß die DUBLIN-Verordnung „tot“ ist. Und daran hat Deutschland einen großen Anteil, weil nämlich die EU-Binnenstaaten die EU-Außenstaaten im Stich gelassen haben (s.Zt. BMI Friedrich ).

    Es muss eine EU-weite Regelung her. Dafür hatte man lange genug Zeit, aber …außen Spesen nichts gewesen!!!

    Herr Seehofer verweist auch auf die Vereinbarung, UMA’s und Kranke Menschen aus den griechischen Lagern aufzunehmen … schon vor Monaten. Wie lange will er denn noch warten oder prüfen … bis die Minderjährigen volljährig sind oder die Kranken gestorben sind. Das ist unfassbar … gerade im Hinblick auf die CORONA-Reaktionen (das soll keine Kritik daran sein). Aber gerade die haben gezeigt, geht es um unseren eigenen „Arsch“ (Pardon f.d. Ausdruck), können plötzlich Alle ganz schnell handeln.?!?

    Und so dämliche Ausreden wie „Einvernehmen mit dem BMI“ usw. kann man fast nicht mehr hören. Glücklicherweise gibt es doch noch viele Offizielle und Ehrenamtliche, die es immer wieder anprangern. Selbst die Kirchen sehen das anders, an der Spitze Herr Bedford-Strohm (Landesbischof in Bayern und Unterstützer privater Seenotrettung) und Reinhard Kardinal Marx.

    Herrn Seehofer würde ich folgenden Artikel empfehlen:

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/griechenland-deutschland-nimmt-erneut-kranke-kinder-aus-fluechtlingscamps-auf-a-899bc12b-35d0-4a13-ac4c-e8a64a41c154

    Er soll in die Augen dieser Kinder (einige von vielen) sehen und dann sich und sein Gewissen prüfen …

    oder er soll (am besten mit seinem Spezi, Herrn Scheuer) abdanken und einfach nur gehen!

  2. keisner sagt:

    Der „politische Skandal“, von dem der Berliner Regierungschef spricht, besteht nun schon seit 2015: Es gibt keine „europäische Lösung“ und wird auch in Zukunft keine geben außer der der größtmöglichen Abschottung. Das beweist er durch seine politischen Entscheidungen in der Asylpolitik täglich. Es bleibt zu hoffen, daß den hilfswilligen Ländern (das sind nicht nur Berlin und Thüringen !) etwas Kreatives einfällt, das die Blockadepolitik des BInnMin.alt aussehen läßt.