Dramatische humanitäre Situation
Hilfswerke fordern mehr Unterstützung für syrische Bevölkerung
EU und Vereinte Nationen beraten wieder über Syrien. Hilfsorganisationen nehmen dies zum Anlass, verstärkt um Gelder zu werben - und nach neun Jahren Krieg in dem Land auf die dramatische humanitäre Situation aufmerksam zu machen.
Dienstag, 30.06.2020, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.06.2020, 17:49 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Hilfsorganisationen appellieren an die internationale Gemeinschaft, im zehnten Jahr des Bürgerkriegs die Lage der Menschen in Syrien als „größte humanitäre Krise unserer Zeit“ zu begreifen. Über die Hälfte der Bevölkerung, rund zwölf Millionen Menschen, habe seit Beginn des Krieges im Jahr 2011 ihr Zuhause verlassen müssen, erklärte die UNO-Flüchtlingshilfe am Montag in Bonn. Gesundheitssystem und Wirtschaft in Syrien seien am Boden. Die Opfer des Krieges bräuchten gerade während der Corona-Pandemie Hoffnung und Perspektive. „Ein solches Signal muss die Konferenz senden“, erklärte Geschäftsführer Peter Ruhenstroth-Bauer zum Start der Syrien-Konferenz von EU und Vereinten Nationen.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Unicef, sieht die Zukunft syrischer Kinder auf dem Spiel. Um syrische Kinder weiterhin zu unterstützen, benötigt die Organisation nach eigenen Angaben derzeit 682 Millionen US-Dollar für die Programmarbeit in Syrien und in den Nachbarländern.
Kinder zahlen höchsten Preis
Unicef verwies auf eine Umfrage der Meinungsforschungsinstitute Gallup International und ORB International bei der rund 3.550 Menschen in Syrien sowie in Jordanien und dem Libanon befragt wurden. Demnach gaben fast 90 Prozent der Befragten an, dass Kinder in diesem Konflikt den höchsten Preis zahlen. Mehr als ein Drittel der Familien in Syrien schätzt die Qualität der Bildung und 23 Prozent den Zugang zu Bildung als eine der größten Herausforderungen für Kinder ein, gefolgt von Armut, Gesundheitsversorgung und der Betreuung von Waisenkindern.
Die Hilfsorganisation Care appelliert an den UN-Sicherheitsrat, die im Juli auslaufende Resolution zur grenzüberschreitenden Hilfe für die syrische Bevölkerung um weitere zwölf Monate zu verlängern und zu erweitern. Neben den beiden Übergängen im Nordwesten müsse auch der Übergang im Nordosten Syriens dringend wieder geöffnet werden, forderte Care am Montag in Bonn. Der Zugang im Nordosten diente bis Januar als Hauptversorgungskanal unter anderem für medizinische Güter in der Region. „Nur wenn alle drei Übergänge geöffnet sind und auch bleiben, kann gewährleistet werden, dass die notleidende Bevölkerung mit ausreichend lebensrettender humanitärer Hilfe erreicht wird“, erklärte die Hilfsorganisation.
9,3 Millionen Menschen leiden Hunger
Care erinnerte daran, dass sich die Bevölkerung in einer besonders dramatischen Krise befinde. „9,3 Millionen Menschen leiden Hunger, die syrische Währung hat in den vergangenen Monaten 50 Prozent ihres Wertes verloren und Covid-19 stellt ein unkalkulierbares gesundheitliches Risiko dar, weil die medizinische Infrastruktur im Land fast komplett zerstört ist“, erklärte die Hilfsorganisation.
„Aufgrund der Wirtschaftskrise und des andauernden Konflikts nehmen geschlechtsspezifische Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung gerade von Frauen und Mädchen deutlich zu“, erklärte der stellvertretende Länderdirektor Tue Jakobsen. Sie müssten daher im Zentrum der humanitären Hilfe stehen. Nach neun Jahren Krieg sei es zwingend notwendig, dass die Konfliktparteien dauerhaften Waffenstillstand vereinbarten.
Unter dem gemeinsamen Vorsitz der Europäischen Union und der Vereinten Nationen findet an diesem Dienstag die vierte Brüsseler Konferenz zur „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ statt. Die Ministertagung wird per Webstream übertragen. Einige begleitende Veranstaltungen der Syrien-Konferenz fanden bereits in der vergangenen Woche statt. (epd/mig) Aktuell Ausland
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