Hattie McDaniel, Film, Kino, Vom Winde verweht, Olivia de Havilland, Vivien Leigh
Hattie McDaniel (links) mit Olivia de Havilland und Vivien Leigh während der Dreharbeiten zum Film "Vom Winde verweht" US Department of State @ flickr.com (Public Domain Mark 1.0), bearb. MiG

Vor 80 Jahren

Hattie McDaniel bekommt als erste Afroamerikanerin den Oscar

Die Kombination Frau, schwarz, Oscar ist bis heute selten. Die erste Afroamerikanerin, die die Filmtrophäe erhielt, war vor 80 Jahren Hattie McDaniel für die beste Nebenrolle in "Vom Winde verweht" - zu Zeiten strenger Rassentrennung.

Von Freitag, 28.02.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 27.02.2020, 16:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Sie war die einzige, die Scarlett O’Hara die Meinung sagen konnte. Und das durchaus lautstark und mit einem Funkeln in den Augen. In dem US-amerikanischen Bürgerkriegsepos „Vom Winde verweht“ aus dem Jahr 1939 zeigte die schwarze „Mammy“ der Hausherrin Scarlett (Vivien Leigh) gerne, wer eigentlich das Sagen hatte. Sie gab ihr Ratschläge auch in moralischen Fragen, brüllte ihr notfalls aus dem Fenster hinterher und war gewissermaßen das Korrektiv, der Mutterersatz für die verzogene Scarlett.

„Mammy“ – das war die afroamerikanische Schauspielerin Hattie McDaniel, 1893 geboren. Sie war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten am monumentalen Südstaatenfilm längst keine Unbekannte mehr, hatte schon in rund 40 Filmen in Nebenrollen mitgewirkt. Oft steht sie in ihren Filmen allerdings gar nicht im Vor- oder Abspann. Aber für „Mammy“ hat sie am 29. Februar 1940 den Oscar für die beste Nebenrolle erhalten – als erste Afroamerikanerin in der Geschichte des Filmpreises überhaupt.

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Vor 80 Jahren, in der zwölften Ausgabe, war die Oscar-Zeremonie bei weitem noch nicht so glamourös wie heute, eher familiärer, und sie wurde auch noch nicht in die ganze Welt übertragen. Präsentiert hat die Kategorie „best supporting actress“ die heute völlig unbekannte Schauspielerin Fay Bainter. Ein Filmdokument von der Verleihung ist erhalten: Sichtlich bewegt tritt Hattie McDaniel darin auf die Bühne und sagt diese Worte: „Ich hoffe zutiefst, dass ich immer eine Quelle der Ehre für meine Rasse und die Filmindustrie sein werde.“ Bei der Premiere von „Vom Winde verweht“ hatte sie noch nicht auf die Bühne gedurft: Es herrschte strikte Rassentrennung.

Lieber Hausmädchen spielen als eines sein

Und, was auch zum Oscar-Erfolg von Hattie McDaniel dazugehört: Sie bekam die Auszeichnung für ihre Rolle als Sklavin und Hausmädchen. „Vom Winde verweht“ spielt zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs auf einer Südstaatenplantage, die ganze Brutalität der Sklaverei kommt allerdings nicht vor. Heute wird diskutiert, ob der gesamte Film nicht als rassistisch zu verurteilen ist, weil er Stereotypen und Klischees bedient. Auch die schwarze „Mammy“ ist ein Klischee. Hattie McDaniel selbst soll gesagt haben, lieber spiele sie ein Hausmädchen als eines zu sein.

Bei den Oscars hat es dann ein knappes Vierteljahrhundert gedauert, bis der nächste Afroamerikaner in der Schauspieler-Kategorie ausgezeichnet wurde: 1964 bekam ihn Sidney Poitier für „Die Lilien auf dem Felde“. Die nächste schwarze Frau war Whoopi Goldberg – 1991. Und Halle Berry war 2002 die erste Afroamerikanerin, die einen Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt.

Auftritt nur vor schwarzen Soldaten

Heute hat Hattie McDaniel, die ihre Mammy-Rolle in vielen Filmen vor und nach „Vom Winde verweht“ kultivierte, einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Sie war ja nicht nur Schauspielerin, sondern tourte in ihrer Anfangszeit mit dem Musical „Show Boat“, trat als Comedian auf und war die erste schwarze Sängerin in einem US-Radioprogramm.

Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete sie als Vorsitzende der „Negro Division“, die für ein Unterhaltungsprogramm auf den US-Militärstützpunkten sorgte. Aber, das war damals klar: Die Mitglieder durften in Zeiten der Rassentrennung nur vor schwarzen Soldaten auftreten.

Ein Meilenstein

Hattie McDaniel ist früh gestorben, 1952. Ihr Oscar 1940 war ein erster, aber sichtbarer Meilenstein für die Anerkennung der Afroamerikaner, die auch in der Academy, die die Oscars vergibt, noch lange nicht abgeschlossen ist. Als 2015 unter den 20 Nominierten in den vier Schauspielerkategorien der Oscars keine Afroamerikaner waren, machte der Hashtag #OscarsSoWhite die Runde.

Und jüngst sorgte die kritische Dankesrede des amerikanischen Schauspielers Joaquin Phoenix für Aufsehen, als er einen der britischen Film Awards für seine Verkörperung des „Joker“ entgegennahm. Alle der zehn nominierten Schauspielerinnen und Schauspieler waren weiß. Und Phoenix sagte: „Ich glaube, dass wir den People of Color die klare Botschaft vermitteln, dass sie hier nicht willkommen sind.“ (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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