Wohnung, Haus, Miete, Eigentum, Heim
Wohnung (Symbolfoto) © mustafaunlu09 @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Umfrage

Ausländischer Name erschwert die Wohnungssuche

Keine Moslems, keine Ausländer, keine fremd klingenden Namen: Es gibt offenbar viele fragwürdige Gründe für Absagen von Vermietern. Experten fordern eine Gesetzesänderung, um Benachteiligungen auf dem Wohnungsmarkt künftig besser zu begegnen.

Donnerstag, 30.01.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.02.2020, 10:07 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

In Deutschland wird jeder dritte Wohnungssuchende mit Migrationshintergrund auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Der kommissarische Leiter der Behörde, Bernhard Franke, sprach sich für eine Gesetzesänderung aus. Ausnahmeregelungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seien offen für Missbrauch und könnten Rechtfertigungen für rassistische Diskriminierungen bieten.

Die Diakonie nannte das Ergebnis der Umfrage erschreckend: „Rassismus hat viele Gründe, aber nie eine Rechtfertigung“, sagte Präsident Ulrich Lilie in Berlin. Bezahlbarer Wohnraum sei „eine der zentralen Fragen unserer Zeit“, der Wohnungsbau gehöre deshalb „ganz oben auf die politische Agenda“.

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Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, äußerte sich wenig überrascht und forderte eine Aufklärungskampagne über das Diskriminierungsverbot sowie den Ausbau örtlicher Beratungsstellen. Die integrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Gökay Akbulut, sprach sich für eine Novellierung des AGG aus. Die Umsetzung des Rechtsschutzes scheitere oft am mangelnden Bekanntheitsgrad des Gesetzes. Zudem klagten Betroffene über eine zu hohe Beweislast.

Ausnahmen Europarechtswidrig

Laut einem Rechtsgutachten des Bonner Juraprofessors Gregor Thüsing im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle verstoßen die Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot gegen Europarecht. Zuletzt war Mitte Januar in Berlin ein großes Wohnungsunternehmen wegen Diskriminierung eines türkeistämmigen Bewerbers bei der Wohnungsvergabe von einem Gericht zu einer Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro verurteilt worden.

Oft reiche schon ein fremd klingender Name aus, um nicht zur Wohnungsbesichtigung eingeladen zu werden, sagte Franke. Demnach machten rund 15 Prozent aller Befragten, die in den vergangenen zehn Jahren auf Wohnungssuche waren, Diskriminierungserfahrungen aus rassistischen Gründen, wegen der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe oder der Herkunft aus einem anderen Land. Besonders betroffen waren Menschen mit Migrationshintergrund (35 Prozent). Zugleich äußerten 29 Prozent der Befragten große oder sehr große Bedenken gegenüber Einwanderern als Nachbarn, bei potenziellen Vermietern sogar 41 Prozent. Die Studie beruht auf einer telefonischen Befragung von 1.041 zufällig ausgewählten deutschsprachigen Personen ab 16 Jahren in Privathaushalten in der zweiten Oktoberhälfte 2019.

Rechtliche Schlupflöcher schließen

Franke empfahl, „rechtliche Schlupflöcher“ zu schließen. So gilt das Diskriminierungsverbot im AGG bislang nicht, wenn ein besonderes „Nähe- oder Vertrauensverhältnis“ eingegangen wird, etwa bei Nutzung von Wohnraum auf demselben Grundstück. Diese Regelung besonders für kleine Vermieter lasse den Diskriminierungsschutz bislang hinter den Schutz der Privatsphäre zurücktreten.

Außerdem dürfen laut AGG Wohnungsgesellschaften zur Vermeidung sogenannter Ghettobildung Wohnungssuchende unterschiedlich behandeln. Das sei zwar ein legitimes Interesse, sollte aber künftig nur noch gelten, um bislang diskriminierte Gruppen besserzustellen, sagte Thüsing. (epd/mig) Leitartikel Panorama Studien

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