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Klassenzimmer (Symbolfoto) © Taken @ pixabay.com (Lizenz), bearb. MiG

Bildungsabkommen

Türkei will drei Schulen in Deutschland gründen

Die Bundesregierung verhandelt mit Ankara über ein Rahmenabkommen zur Gründung türkischer Schulen in Deutschland. In der Türkei gibt es bereits drei deutsche Auslandsschulen. Politiker sind skeptisch, Wissenschaftler sieht eine Chance.

Montag, 13.01.2020, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.01.2020, 14:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Türkei strebt die Gründung von drei türkischen Schulen in Deutschland an. Das Auswärtige Amt bestätigte in Berlin einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, wonach die Bundesregierung und die türkische Regierung derzeit über ein entsprechendes Abkommen verhandeln.

Es handele sich um „ein Rahmenabkommen der Gegenseitigkeit“, sagte ein Sprecher. Es soll den rechtlichen Rahmen für die Einrichtung von drei Schulen regeln, analog zu den drei deutschen Auslandsschulen in Ankara, Istanbul und Izmir.

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Berlin, Köln und Frankfurt a.M.

Als Standorte für die türkischen Schulen sind dem Sprecher zufolge Berlin, Köln und Frankfurt am Main im Gespräch, wo jeweils viele türkischstämmige Menschen leben. Die Bundesländer seien in die Verhandlungen eingebunden, sagte der Sprecher. Die Umsetzung der Pläne richtet sich nach den Schulgesetzen der Länder, die auch für die Aufsicht über die geplanten Schulen zuständig sind. Ein Entwurf für ein Abkommen liegt den Bundesländern derzeit zur Prüfung vor.

Ebenso wie andere Staaten darf die Türkei nicht selbst als Schulträger in Erscheinung treten. Diese Rolle müssen private Vereine übernehmen, die dafür nach den Landesschulgesetzen in Frage kommen.

Bildungsabkommen mit 20 Staaten

Deutschland hat nach Auskunft des Auswärtigen Amts mit mehr als 20 Staaten Bildungsabkommen, die den Betrieb ausländischer Schulen ermöglichen. Wann die Verhandlungen mit der Türkei abgeschlossen sind, ließ der Ministeriumssprecher offen.

Die Gespräche, an denen die Bundesländer beteiligt sind, laufen dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge seit Sommer 2019. Den Anstoß habe die vorübergehende Schließung der deutschen Schule in Izmir durch türkische Behörden ein Jahr zuvor gegeben. Das türkische Erziehungsministerium habe diese damit begründet, dass der Schule die rechtliche Grundlage fehle.

Vorhaben stößt auf Skepsis

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Thorsten Frei (CDU) warnte, Schulen sollten die Integration fördern und nicht behindern. Die Gründung türkischer Auslandsschulen dürfe „niemals der Einstieg in ein paralleles Schulsystem in Deutschland“ sein. Die deutschen Schulen in der Türkei richteten sich speziell an das Botschaftspersonal, erläuterte Frei. Um viel mehr könne es bei den türkischen Schulen in Deutschland auch nicht gehen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte, die Lerninhalte müssten dem entsprechen, was an öffentlichen deutschen Schulen gelehrt werde, und mit den Grundwerten und Gesetzen in Deutschland übereinstimmen.

Die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte, ausländische Schulen könnten nur auf der Grundlage des Landesschulgesetzes genehmigt werden. Einen „diplomatischen Rabatt“ werde es nicht geben. Bei den Verhandlungen gehe es zunächst um den Status der drei deutschen Auslandsschulen in der Türkei. Im Gegenzug wünsche die türkische Seite ein vergleichbares Angebot in Deutschland.

Wissenschaftler sieht Chance

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD), Gökay Sofuoğlu, erhebt keinen Einwand gegen das Vorhaben. „Es gibt ja auch deutsche Schulen in der Türkei“, so Sofuoğlu. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die politische Einflussnahme seitens der Türkei eingedämmt wird. Generell sei es für eine Einwanderungsgesellschaft begrüßenswert, wenn bilinguale und transnationale Schulen gegründet werden. Zweiter TGD-Vorsitzender Atila Karabörklü ergänzt: „Der Umstand, dass die Türkei Schulen in Deutschland gründen will, zeigt allerdings auch, dass unser Schulsystem strukturelle Schwächen aufzeigt, wenn es um bilinguale Bildungsangebote für Deutsch-Türken geht“. Sofuoğlu plädiert dafür, Türkisch als Fremdsprache in den deutschen Schulunterricht zu integrieren.

Integrationsforscher Yunus Ulusoy betonte in einem Interview der „Welt“, türkische Schulen könnten eine Chance für diejenigen sein, die in deutschen Einrichtungen möglicherweise benachteiligt sind. „Vielleicht tragen diese Schulen auch dazu bei, dass manche Kinder Chancen bekommen, die sie im deutschen Schulsystem nicht bekommen hätten“, sagte der an der Universität Duisburg-Essen tätige Integrationsforscher. Sie könnten zum Beispiel für Eltern sinnvoll sein, die das Gefühl hätten, ihre Kinder bekämen Schulzuweisungen, die nicht den Fähigkeiten entsprechen. (epd/mig) Aktuell Panorama

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