Frauen ohne Papiere
Abschiebegefährdet und schwanger
Viele schwangere Frauen sind besorgt, wenn sie ihr Kind erwarten. Doch die schwangeren Frauen, die zu Maike Jansen kommen, sind sehr viel mehr gestresst als andere.
Von Thomas Morell Dienstag, 10.09.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.09.2019, 12:57 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die 40-jährige Hamburger Hebamme Maike Jansen betreut beim Diakonischen Werk in der Praxis „Andocken“ schwangere Frauen ohne Papiere. Sie ist seit drei Monaten im Amt und bislang die einzige Hebamme in einem solchen Sozialprojekt.
Die schwangeren Frauen kommen aus Afrika, Lateinamerika und Asien. Viele stammen aus Ghana. Einige sind als Touristinnen gekommen, manche sind illegal nach Deutschland eingereist oder haben erfolglos einen Asylantrag gestellt. Viele haben einen Job als Putzkraft oder in privaten Haushalten.
Nicht auffallen ist überlebenswichtig
Geradezu überlebenswichtig ist für sie, dass sie den Behörden nicht auffallen. Eine normale Polizeikontrolle kann schon zu einer Abschiebung führen. Schwarzfahren etwa wäre viel zu riskant. Wichtig für sie ist der Zusammenhalt in der Community ihrer Landsleute. Hier werden häufig Jobs vermittelt, Kontakte geknüpft und Wohnraum besorgt.
Doch bei Krankheit oder Unfällen wird ihre Lage heikel. Medizinische Hilfsangebote sind rar, nur wenige Städte, wie etwa Berlin, bieten Menschen ohne Aufenthaltspapiere in begrenztem Rahmen Rat und Unterstützung an.
Für Menschen ohne Krankenversicherung
Um so wichtiger ist der Einsatz der „Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung„. Die Organisation unterhält bundesweit 20 Anlaufstellen für Menschen ohne Papiere. Die Malteser schätzen, dass sich in Deutschland rund 800.000 Personen aufhalten, die keine Krankenversicherung haben. Die Folge: Auch schwangere Frauen stehen ohne jede ärztliche Unterstützung da.
Die Malteser versuchen, diesen Frauen eine sichere Geburt zu ermöglichen. Nach eigenen Angabe erblickten seit Bestehen der Hilfen rund 1.400 Babys das Licht der Welt – unter der Obhut ehrenamtlicher Ärzte.
Baby verschafft Aufenthaltstitel
Die Freude aufs neue Baby wird auch dadurch bestärkt, dass es der Mutter zu einer Aufenthaltsberechtigung verhelfen kann. Ab der 32. Schwangerschaftswoche bis acht Wochen nach der Geburt werden die Mütter in Deutschland geduldet. Hat das Kind einen Vater mit deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltstitel, verlängert sich die Aufenthaltserlaubnis, bis das Kind 18 Jahre alt ist. Wer sich bis dahin gut integriert hat, darf in der Regel bleiben.
Maike Jansen hat schon in vielen Teilen der Welt als Hebamme gearbeitet. So hat sie die unterschiedlichen Arten der Schwangerschaftsbegleitung in den Niederlanden, in Irland und in Lateinamerika erlebt. „Es ist eine schöne Erfahrung, fremde Kulturen kennenzulernen und Frauen dort in schwierigen Lebenslagen zu begleiten.“ In Paraguay hat sie Straßenkinder betreut, vor ihrem Job bei „Andocken“ war sie bei der Caritas in der Flüchtlingshilfe tätig.
Mehrsprachige Praxis
Mit einer halben Stelle ist Maike Jansen seit April bei „Andocken“ tätig. Bis September 2021 ist die Finanzierung durch die Initiative Skala der Unternehmerin Susanne Klatten gesichert. Die andere halbe Stelle soll demnächst auch besetzt werden.
Ein Beratungsgespräch auf Deutsch ist in der Praxis „Andocken“ im Stadtteil Altona die Ausnahme. Maike Jansen spricht englisch, französisch und spanisch mit den Frauen. In der Praxis wird auch portugiesisch und türkisch gesprochen.
Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung
Gemeinsam mit der Gynäkologin Teresa Steinmüller versorgt sie die Schwangeren medizinisch. Sie misst den Blutdruck der Mutter, horcht die Herztöne des Kindes ab und vermisst es durch Abtasten im Bauch. Doch ihre Arbeit geht noch darüber hinaus. Sie nimmt sich Zeit, um mit den Frauen über ihre Situation zu sprechen. Sie bespricht mögliche Gefährdungen des Kindes, vermittelt Ansprechpartner und gibt Tipps für die richtige Ernährung. Bei „Andocken“ sind darüber hinaus noch eine Allgemeinmedizinerin, eine Sozialarbeiterin und zwei medizinische Fachkräfte tätig.
Das wichtigste sei, so Maike Jansen, zu den Frauen eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Für sie sei die Schwangerschaft mit Spannung und Angst verbunden. Da sei psychisch-seelischer Beistand notwendig. Erste Erfolge hat sie auch schon erlebt: Fünf schwangere Frauen haben bereits gesunde Babys auf die Welt gebracht. (epd/mig) Leitartikel Panorama
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Der Artikel ist leider in vielen Punkten falsch:
1. Eine Aufenthaltsberechtigung gibt es seit dem 01.01.2005 nicht mehr
2. Die Schwangerschaftswoche hat rein gar nichts mit Abschiebungsschutz zu tun. Dafür ist entscheidend, ob eine Risikoschwangerschaft vorliegt (was deutlich früher als die 32. Woche sein kann) oder zahlreiche andere Gründe.
3. Mutter eines deutschen Kindes (oder Kind eines Vaters mit Aufenthaltstitel)zu sein führt nicht zwangsläufig zur automatischen Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen. Bei illegaler Einreise etwa kann es durchaus vorkommen, dass zunächst kein Aufenthaltstitel erteilt wird.