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Rechtsextremisten und ihre Qualitätsmedien

0,1 Prozent der Internet-Nutzer in Deutschland generieren 10 Prozent aller politischen Inhalte. Dreiviertel dieser Nutzer steht der AfD nah und verbreitet überdurchschnittlich Artikel aus bild.de, welt.de und focus.de. Das muss problematisiert werden.

Von Francesca Polistina Freitag, 26.04.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 01.05.2019, 16:36 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Europawahl rückt näher und der politische Diskurs intensiviert sich, vor allem auf sozialen Netzwerken, Blogs und Foren. Digitale Plattformen sind längst ein Bestandteil der Wahlkämpfe und der öffentlichen Debatte geworden, sie beeinflussen und mobilisieren einen erheblichen Teil der Wähler. Immer mehr Menschen informieren sich auf Twitter, Instagram und Co. Dass aber Rechtsextremisten oder ihre Sympathisanten es schaffen, sich online mehr als alle anderen zu profilieren und positionieren, ist und bleibt besorgniserregend.

„Alto Analytics“ hat die politischen Debatten der letzten Monate in mehreren Ländern analysiert und die wichtigsten Themen sowie communities identifiziert. Das Fazit für Deutschland: Weniger als 0,1 Prozent der Nutzer generierten rund 10 Prozent der Inhalte, die sich auf Politik und die Europawahl bezogen. Drei Viertel (!) dieser sogenannten „Abnormal users“ waren der Analyse zufolge AfD-Unterstützter oder Sympathisanten antimigratorischer Positionen.

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Sie veröffentlichten jeden Tag durchschnittlich 29 Beiträge, häufig sogar Hunderte, die gegen Migranten, Muslime und Linke hetzten. Dabei nutzen sie offenbar massiv automatisierte Social-Media-Konten und Bots. Eine Tendenz, die übrigens nicht nur in Deutschland zu beobachten ist: Auch in Frankreich oder Spanien verbreiten rechtsextreme Gruppierungen ihre Botschaften besonders effizient.

Der wahrscheinlich interessanteste Teil der Alto-Analyse betrifft Webseiten, für die die „AFD Supporters and Anti-Immigration“ eine besondere Affinität zeigen. Bestimmte Internet-Seiten werden fast ausschließlich (mehr als 90%) von AfD-Unterstützern geteilt, während sie von anderen beinahe ignoriert werden. Darunter sind bekannte rechte Portale wie journalistenwatch, tichyseinblick, epochtimes, jungefreiheit und philosophia-perennis. Aber auch bild.de (92%), welt.de und focus.de werden von AfD-Unterstützern und Migrationsgegnern überdurchschnittlich oft geteilt (73% bzw. 80%).

Das bedeutet natürlich nicht, dass die letztgenannten Medien per se rechtsextremistische Botschaften verbreiten. Doch sollte man sich fragen, inwiefern eine Berichterstattung, die mit Vorurteilen und allgemeinen Ängsten der Leser spielt, die den sogenannten Migrationshintergrund oder die Einwanderung fast immer negativ belegt, sie mit Terrorismus assoziiert, und die lieber auf Ausrufezeichen anstatt auf unaufgeregte Erklärungen zurückgreift, dem Rechtspopulismus dient.

Die erfolgreiche Strategie der Rechtsextremisten im Internet hat dazu geführt, dass das Thema „Hass im Netz“ zu einem begehrten Studienthema an Hochschulen geworden ist. Auch in der Breite wird über Hass im Netz und dessen Mechanismen immer häufiger diskutiert. Dass aber sogenannte Qualitätsmedien mit zum Rechtsruck beitragen, dass politische Debatten verallgemeinernd und stereotypisiert werden, insbesondere wenn es um Migration und Integration geht, wird immer noch zu selten problematisiert. Aktuell Meinung

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