Studie
Bis auf Weiteres keine Imame „made in Europe“
In Deutschland predigen nur wenige Imame, die hierzulande ausgebildet wurden. Eine Studie zu Auslands-Imamen zieht eine ernüchternde Bilanz und nimmt die Bundesregierung in die Pflicht. Die Grünen fordern einen Fahrplan.
Mittwoch, 27.03.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In deutschen Moscheen predigen laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung ganz überwiegend Imame aus dem Ausland. Der Anteil der ausländischen Imame liege bei 80 bis 90 Prozent, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung der CDU-nahen Stiftung mit Sitz in Sankt Augustin und Berlin. Die 2.000 bis 2.500 Imame stammten insbesondere aus der Türkei, Nordafrika, Albanien, dem ehemaligen Jugoslawien, Ägypten und dem Iran.
Fast die Hälfte der Imame stelle die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) in ihren rund 1.000 Moscheen. Darauf folgten die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs mit 323 Moscheen, der Verband Islamischer Kulturzentren mit etwa 300 sowie die Islamische Gemeinde der Bosniaken in Deutschland mit mehr als 70 Moscheen.
Keine kompetenten Ansprechpartner
Über die Studie hatte zunächst die Düsseldorfer „Rheinische Post“ berichtet. Wissenschaftler der Konrad-Adenauer-Stiftung haben dafür die Imam-Ausbildung und den Umgang mit aus dem Ausland entsandten Imamen in Deutschland und Frankreich verglichen.
Demnach bestehen in beiden Ländern ähnliche Schwierigkeiten beim Versuch, zusammen mit Islamverbänden eine akademische Imamausbildung im Inland zu etablieren. „Die Schwierigkeit bei der Zusammenarbeit zwischen Staat und islamischen Verbänden liegt in beiden Ländern an dem von ihnen selbst mitverschuldeten Fehlen religiös kompetenter Ansprechpartner“, heißt es in der Untersuchung.
Islam vorwiegend ethnisch-national
In beiden Ländern sei der Islam vorwiegend von ethnisch-nationalen Interessengruppen repräsentiert. Die Verbände bestünden zwar auf Mitsprache bei Ausbildungsangeboten für Imame, schüfen aber nicht oder nur eingeschränkt die Voraussetzungen, um die Angebote in der Praxis tragfähig zu machen.
Ein Vorbild für Deutschland kann nach Ansicht der Studienautoren das Bemühen der französischen Regierung sein, die Bedingungen für die Entsendung von Imamen mit ausländischen Regierungen zu verhandeln. „Trotz der berechtigten deutschen Bedenken gegen die bisherige Entsendepraxis spricht nichts dagegen, bis zur Etablierung einheimischer Modelle die Modalitäten der Entsendung von Imamen mit ausländischen Partnern präziser festzulegen“, heißt es. Voraussetzungen könnten etwa der Nachweis von Sprach- und Landeskenntnissen, aber auch politische Selbstverpflichtungen und finanzielle Transparenz sein.
Deutschpflicht nur eine Ausbesserung
Die von der Bundesregierung geplante Deutschpflicht als Einreisevoraussetzung für ausländische Geistliche bezeichnete Co-Studienautor Andreas Jacobs gegenüber der „Rheinischen Post“ als „nicht viel mehr als eine Ausbesserungsmaßnahme“. Jacobs forderte die Bundesregierung auf, nicht mehr Druck auf die Verbände auszuüben, sondern selbst kreativ zu werden.
In Europa seien Imame als Seelsorger, Erzieher und Integrationslotsen gefragt. Dafür bräuchten sie „mehr als eine klassische Ausbildung in türkischen, ägyptischen oder marokkanischen Religionsseminaren plus ein paar Grundkenntnissen der deutschen Sprache“. Nötig seien attraktive Berufsperspektiven und ein angemessenes Gehalt, das von muslimischen Strukturen in Deutschland finanziert werde.
Grüne gegen Einreiseverschärfungen
Filiz Polat, Obfrau der Grünen im Innenausschuss des Bundestags, sieht die Bundesregierung in der Pflicht. „Die vom Bundesinnenministerium geplante Verschärfung der Einreisebestimmung für Geistliche gehen dabei völlig am Thema vorbei, da offensichtlich der Bedarf islamischer Geistlicher bisher nicht aus Deutschland heraus gedeckt werden kann“, erklärt Polat.
Nach wie vor sei jedoch unklar, wie die Bundesregierung „die muslimischen Gemeinden beim Aufbau einheitlicher Ausbildungs- und Qualifizierungsstandards für Imame oder bei der Finanzierung ihres religiösen Personals unterstützen möchte“, so Polat. (epd/mig) Leitartikel Panorama Studien
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