Christchurch
Journalistenverband kritisiert Zeigen von Massaker-Video
Der Presserat prüft zahlreiche Beschwerden gegen "Bild.de". Die Redaktion hat Teile eines Videos des Anschlags von Christchurch veröffentlicht, das der Täter selbst verbreitet hatte. Auch der Journalistenverband DJV verurteilt die Veröffentlichung.
Dienstag, 19.03.2019, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 23.03.2020, 17:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Redaktionen kritisiert, die das Täter-Video des Terroranschlags in der neuseeländischen Stadt Christchurch veröffentlicht haben. „Es steht für mich außer Frage, dass journalistische Medien nicht das Video des Attentäters zeigen dürfen, auch nicht in längeren Ausschnitten“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall am Montag in Berlin. Beim Deutschen Presserat sind bis Montagmittag allein gegen die Veröffentlichung des Videos bei „Bild.de“ 35 Beschwerden eingegangen, wie eine Sprecherin des Selbstkontrollorgans dem „Evangelischen Pressedienst“ sagte.
Bei dem Anschlag auf zwei Moscheen waren am Freitag 50 Menschen ums Leben gekommen. Der Attentäter hatte seine Tat gefilmt und live auf Facebook verbreitet. „Bild.de“ hat Ausschnitte der Aufnahmen veröffentlicht. Es könne nicht sein, dass das soziale Netzwerk das Video des Attentäters millionenfach lösche und hierzulande einzelne Boulevardmedien Teile des Films auf ihren Digitalseiten zeigten, kritisierte Überall. Facebook hatte am Wochenende bekannt gegeben, in den ersten 24 Stunden nach dem Anschlag 1,5 Millionen Videos der Tat entfernt zu haben.
Bei „Bild.de“ zu sehen ist unter anderem der Täter, wie er seine Waffe auspackt und auf eine Moschee zugeht. Opfer und brutale Szenen sind nicht zu sehen. Nach den ersten Szenen bricht das Video bei „Bild.de“ ab. Auf der Website heißt es dazu: „Ab hier zeigt BILD keine Filmsequenzen mehr aus dem Video des rechtsextremen Killers, nur noch Standbilder. Die Bewegtbild-Szenen sind unerträglich.“
Bild-Chefredaktuer verteidigt Bilder
Nach Angaben des Presserats wird geprüft, ob das Zeigen des Videos gegen Artikel 11 des Pressekodex verstößt. Darin heißt es unter anderem, dass sich die Presse bei der Berichterstattung über Gewalttaten nicht zum Werkzeug von Verbrechern machen lassen solle.
„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt hatte die Veröffentlichung verteidigt. Journalismus sei dazu da, Bilder der Propaganda und Selbstdarstellung zu entreißen und sie einzuordnen. „Erst die Bilder verdeutlichen uns die erschütternde menschliche Dimension dieser Schreckenstat“, schrieb Reichelt in einem am Freitag bei „Bild.de“ veröffentlichten Kommentar. Journalismus dürfe solche Bilder nicht sozialen Netzwerken überlassen.
Auch Beschwerden wegen Titelseite der „B.Z.“
Den Presserat habe zudem eine weitere Beschwerde gegen die Berichterstattung in der gedruckten „Bild“-Zeitung vom Samstag erreicht, sagte die Sprecherin. Vier weitere Beschwerden richteten sich gegen die Titelseite der Berliner Boulevardzeitung „B.Z.“ vom Samstag.
Das Blatt hatte mit Blick auf den Attentäter von Christchurch und den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz vom Dezember 2016 getitelt: „Er tötete Unschuldige aus Rache für den Terror am Breitscheidplatz“. Die Zeitung bezog sich dabei darauf, dass auf einem der Gewehre des Täters „For Berlin“ („für Berlin“) stand. Die Beschwerdeführer kritisierten die Schlagzeile unter anderem als islamfeindlich, wie die Sprecherin sagte. Der Presserat prüft nun, ob er Verfahren gegen „Bild“ und „B.Z.“ einleitet. (epd/mig) Aktuell Panorama
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