Islamfeindlichkeit, Islam, Muslime, Rechtsextremismus, Straftat, Moschee
Islamfeindliche Schmierereien an der Fatih-Moschee in Bremen © Fatih-Moschee

Sprachpflicht für Imame

Gleichbehandlung, die widerwillige Religionsfreiheit für Muslime

Dass Muslime in Deutschland ihre Religion - wenn auch eingeschränkt - ausüben dürfen, haben sie in erster Linie nicht der Religionsfreiheit zu verdanken, sondern dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Von Dienstag, 05.03.2019, 21:37 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 07.03.2019, 17:04 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Nicht die Religionsfreiheit ist es, die Muslimen in Deutschland die Ausübung ihrer Religion garantiert, sondern der Gleichbehandlungsgrundsatz – wenn auch unzureichend. Müssten Politiker als Gesetzgeber nicht alle Menschen und Religionen gleich behandeln, wäre „Religionsfreiheit“ für Muslime vermutlich längst Vergangenheit.

Schon die Beschneidungsdebatte hat eindrucksvoll gezeigt, wie es mit der Religionsausübung von Muslimen in Deutschland bestellt wäre, wenn nicht zufällig auch Juden von dem Beschneidungsverbot der Rechtsprechung betroffen gewesen wären. Dass der Gesetzgeber das Verbot mit einem Gesetz verhindert hat – entgegen gewichtiger Argumente wie Kindeswohl, Recht auf körperliche Unversehrtheit, negative Religionsfreiheit usw. -, hatte kaum etwas mit Muslimen zu tun.

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Den Juden haben Muslime auch das Recht auf rituelle Schächtung nach islamischen Vorschriften zu verdanken – wenn auch sehr eingeschränkt und unter hohen Auflagen. Würden Juden Tiere nicht zufällig auch unbetäubt schächten, wäre diese „Religionsfreiheit“ der Muslime dem Tierschutz zum Opfer gefallen – ausnahmslos.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in der endlosen Debatte um das Kopftuchverbot für Lehrerinnen. Dürfte der Gesetzgeber ein exklusives Kopftuchverbot erlassen, hätte er es vermutlich längst flächendeckend getan. Wegen dem Gleichbehandlungsgrundsatz jedoch muss das Gesetz neutral formuliert sein und alle Religionen einbeziehen, damit es nicht kassiert wird vom Verfassungsgericht. Dass die Gesetze in der Praxis trotzdem nur Musliminnen treffen, geschenkt.

Aktuell diskutiert die Republik – im Hinblick auf Imame natürlich – darüber, ob von Geistlichen, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, Deutschkenntnisse verlangt werden sollen. Dürfte der Gesetzgeber eine Regelung exklusiv für Imame formulieren, hätte das Gesetz dazu schon gestern den Bundestag passiert – ohne große Debatte.

Dem Gleichbehandlungsgrundsatz sei Dank muss der Gesetzgeber aber dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend formulieren. Die Regelung müsste auch jüdische, christliche und weitere Geistliche treffen, was Bauchschmerzen verursacht – nicht wegen der Beschneidung der Religionsfreiheit von Muslimen, sondern ob man den Kollateralschaden auf jüdischer und christlicher Seite hinnehmen will.

Und so wird im Innenministerium derzeit vermutlich hoch- und runtergerechnet, wie viele Imame betroffen wären und wie viele jüdische und christliche Geistliche? Rechnet man Rabbiner und Priester aus dem EU-Ausland heraus, für die gilt Freizügigkeit, hat man am Ende wieviel Schikane auf welcher Seite?

Nein, der Islam gehört noch lange nicht zu Deutschland. Muslime auch nicht. Aktuell Meinung

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  1. FrankUnderwood sagt:

    Die Gesetzesänderung bezieht sich auf ausländische Prediger, die über einen längeren Zeitraum in Deutschland tätig werden wollen. Ein Einreiseverbot für Prediger auf Kurzreise, Urlaub, etc. ist deshalb nicht gemeint.

    Wer eine neue Sprache lernt, muss sich zwangsläufig mit dem aktuellen Alltagsgeschehen in diesem Kulturkreis und mit der Kultur selbst bzw. der Denkweise beschäftigen. Natürlich kann man auch stur Vokabeln und Grammatik isoliert von der Realität lernen. Aber so wird man niemals ein Verständnis von Gebrauch und Nutzen der Sprache erlangen.

    Die Gesetzesänderung ist notwendig, weil ausländische Prediger in Deutschland Inhalte verbreiten, die teils verfassungsfeindlich sind oder Gewalt gegen Andersgläubige begrüßen. Stellenweise werden diese Personen sogar von staatlichen Stellen (eigentlich befreundeter Staaten) finanziert und mit fragwürdigen, nachrichtendienstlichen Aufträgen nach Deutschland geschickt (->Ditib).

    Was hier auf den ersten Blick unpopulär wirkt, sollte man als Anreiz verstehen lokale Möglichkeiten und Ressourcen besser zu nutzen. Muslimische Gemeinden könnten als Körperschaft des öffentlichen Rechts Steuern erheben und damit ihre Gemeindearbeit (Prediger, karitative Arbeit) vollständig selbst finanzieren. Der Weg dahin ist eigentlich seit Jahren im Gespräch. Es kann nicht daran liegen, dass man nicht weiß, wie man dahin kommt. Scheinbar ist man stellenweise einfach nicht daran interessiert, bestehende Strukturen zu ändern. Aber fehlende Reformbereitschaft ist ja leider auch im Vatikan nichts Neues.

  2. President Obama sagt:

    Ich glaube hier besteht ein großer Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung.

    Der Autor nimmt hier eine Diskriminierung der Muslime / muslimischen Geistlichen wahr, die der Staat versucht auf rechtmäßige Beine zu stellen.

    Herr Senol, Sie werden mich sicherlich korrigieren, wenn ich Sie falsch verstehe.

    Meine persönliche Meinung ist hier eine andere. Bislang hat der Staat durch seinen Gesetzgeber die muslimischen Geistlichen eher bevorteilt.

    Jeder Arbeitnehmer aus dem Ausland, der eine gewisse Mindestdauer im Bundesgebiet verbringt, war verpflichtet, an einem Integrationskurs teilzunehmen. Der katholische Priester genauso wie der buddhistische Mönch, aber: der türkische Imam nicht.

    Hier hat DITIB bereits im Jahr 2007 zugesagt, dass jeder entsandte Iman einen Grundkurs Deutsch im Ausland als Vorbereitung belegt und damit eine dauerhafte Ausnahme von der Verpflichtung zum Besuch eines Integrationskurses erwirkt. Hier war man als türkisch-muslimischer Geistlicher (ich unterstelle die meisten Einreisenden muslimischen Geistlichen sind türkisch) deutlich bevorteilt.

    Nun hat sich aber herausgestellt, dass
    1. DITIB diese Zusage nicht eingehalten hat und
    2. dass es nicht ausreichend deutschsprachige Imame im Bundesgebiet gibt.

    Welche Handlungsalternativen hat nun der Gesetzgeber? Er könnte es bei dem belassen, wie es ist. Oder aber er könnte von den DITIB-Imamen das gleiche verlangen wie vom katholischen Priester oder aber vom bosnischen Imam. Nun geht der Gesetzgeber einen Schritt weiter und überlegt, dass alle Geistlichen bereits vor der Einreise Deutschkenntnisse benötigen (damit dem Grundsatz von DITIB aus dem Jahr 2007 folgend).

    Hier eine gezielte Diskriminierung und Einschränkung der Religionsfreiheit zu vermuten ist eine mögliche Begründung für das Verhalten des Staates, aber, bei aller Hochachtung für den Verfasser des Artikels, nicht unbedingt die einzig wahre!

  3. Jacky sagt:

    ..wäre… hätte.. würde…
    Eine lange Abfolge von Annahmen die aber keinerlei valida Basis haben da es eben nur „Annahmen“ sind.
    Wenn die AfD an die Macht gekommen wäre würde der Islam verboten sein ist auch so ein Satz. KAnn man sagen – ob das zutreffend ist weiß niemand.

    Gleiches gilt hier aber auch. Ich finde es unangemessen einfach mal weiszusagen wie etwas gekommen -wäre- denn damit kann man einfach alles sagen.

    Am besten wäre es wenn Menschen gleich weder jeder Religion nicht -ihre- Befinden oder religiösen Befindlichkeiten über das von anderen Lebewesen stellen würden. Damit würden die Beschneidung von Jungen oder Mädchen oder das brutale Schlachten von Tieren ohne jede Betäubung sich dann von selbst erledigen.
    Leider pocht noch immer jede noch so sinnlose Religion auf ihre „Recht“.

  4. Karina sagt:

    Ein lesenswerter Text.

    Ich wollte aber noch etwas ergänzen:

    „Dürfte der Gesetzgeber ein exklusives Kopftuchverbot erlassen, hätte er es vermutlich längst flächendeckend getan.“

    Ein Kopftuch-Verbot für erwachsene Frauen würde eigentlich auch das Judentum treffen – es gibt sehr viele orthodox-jüdische Frauen, die aus religiösen Gründen Kopftücher tragen.

    Siehe hier:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Tichel

    Es kann allerdings sein, dass deutsche Politiker das nicht einmal wissen – in der Politik sind ja häufig nicht gerade Experten vertreten.