Bundesverfassungsgericht
Gefährder dürfen trotz drohender Todesstrafe abgeschoben werden
Bei drohender Todesstrafe dürfen Personen nicht abgeschoben werden. Von diesem Grundsatz macht das Bundesverfassungsgericht jetzt im Fall eines tunesischen Gefährders eine Ausnahme. Begründung: In Tunesien sei die Todesstrafe seit 1991 nicht mehr vollstreckt worden.
Dienstag, 08.05.2018, 5:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.05.2018, 17:35 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Gefährder dürfen auch bei einer drohenden Todesstrafe in ihr Heimatland abgeschoben werden. Die Abschiebung sei rechtmäßig, wenn klar ist, dass die verhängte Todesstrafe nicht vollstreckt wird und für den Verurteilten eine realistische Chance auf Wiedererlangung der Freiheit besteht, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 632/18)
Im konkreten Fall muss damit ein sogenannter tunesischer Gefährder mit der Abschiebung in sein Heimatland rechnen. Der Tunesier kam erstmals 2003 zu Studienzwecken nach Deutschland und reiste 2015 unter falschem Name als angeblicher syrischer Flüchtling erneut in das Bundesgebiet ein.
Terroristische Aktivitäten vorgeworfen
Die tunesischen Behörden verlangten die Auslieferung des Mannes. Ihm wurde vorgeworfen, als Angehöriger einer terroristischen Organisation an der Planung und Umsetzung des Terroranschlags auf das Bardo-Museum in Tunis am 18. März 2015 beteiligt gewesen zu sein. Bei dem Anschlag kamen 24 Menschen ums Leben, darunter 20 Touristen. Die Terrororganisation ISIS hatte sich zu dem Anschlag bekannt.
Die deutschen Behörden ordneten wegen der terroristischen Aktivitäten des Tunesiers die Abschiebung an. Dieser sah dadurch sein Grundrecht auf Leben verletzt. In Tunesien drohe ihm bei einer Verurteilung die Todesstrafe, machte er geltend.
Todesstrafe seit 1991nicht vollstreckt
Das Bundesverfassungsgericht billigte die Abschiebung unter bestimmten Voraussetzungen. Es reiche für eine Abschiebung aus, dass die Todesstrafe nicht vollstreckt und in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt werde. Außerdem müsse eine realistische Chance bestehen, dass der Verurteilte wieder die Freiheit erlangen kann. Dies sei hier der Fall.
Seit 1991 werde nach Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts die Todesstrafe in Tunesien ausnahmslos nicht mehr vollstreckt. Auch habe der Verurteilte nach einer Begnadigung durch den Präsidenten und der Verbüßung einer mindestens 15-jährigen Haftstrafe die Chance, wieder frei zu kommen. Die tunesischen Behörden hätten zudem ein faires Verfahren und einen freien Zugang zu einem Anwalt zugesichert. (epd/mig) Aktuell Recht
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