Bayern
Kontroverse Debatte um Kreuz-Pflicht geht weiter
Sollte es Ziel des bayerischen Ministerpräsidenten Söder gewesen sein, mit der Kreuz-Pflicht eine möglichst lange und breite gesellschaftliche Debatte loszutreten - es wäre geglückt. Seit über einer Woche tobt der Streit nun schon, Ende offen.
Freitag, 04.05.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.05.2018, 17:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Streit um die Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden nimmt kein Ende. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio hält den Beschluss der bayerischen Landesregierung nicht für verfassungswidrig. „Von einer klaren Verfassungswidrigkeit des Söderschen ‚Kreuzzugs‘ mit der verwaltungsinternen Vorschrift, im Eingangsbereich von Dienststellen des Landes ein Kreuz anzubringen“, könne mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „keine Rede sein“, heißt es einem Beitrag Di Fabios für die Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.
„Wer genau hinschaut, wird sehen, dass viele Menschen islamischen Glaubens und auch manche Atheisten ihre Kinder gerne in konfessionelle Kindertagesstätten oder Schulen schicken“, schrieb Di Fabio weiter. Manche muslimische Familie fürchte „eine ‚gottlose‘ Gesellschaft mehr als jede konkurrierende Religion“. „Diese Familien geben ihre Kinder lieber in eine evangelische oder katholische Einrichtung, selbst wenn dort mit dem fremden Kreuzzeichen gebetet werden muss“, erklärte er. „Vielleicht ist für sie ein Kreuz beim Betreten einer öffentlichen Behörde eher Beruhigung denn Provokation.“
Dreyer: Kreuz-Pflicht ist Wahlkampffolklore
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kritisierte die Kreuz-Pflicht in bayerischen Behörden als „Wahlkampffolklore“. Ihr bayerischer Kollege Markus Söder (CSU) versuche, ein religiöses Symbol politisch zu instrumentalisieren, sagte Dreyer den „Badischen Neuesten Nachrichten“ (Mittwoch). Dies sei nicht zu akzeptieren, erklärte die bekennende Katholikin, die auch Theologie studierte. In Bayern wird Mitte Oktober ein neuer Landtag gewählt.
Nach Überzeugung der Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler sollten Kreuze auch in „öffentlichen Räumen“ hängen. Das Kreuz habe seinen Platz nämlich nicht nur im privaten Kämmerlein oder in Kirchen, sondern „gehöre hinaus in die Welt“, sagte Breit-Keßler laut Redemanuskript am Mittwoch in einem Ökumenischen Gottesdienst zur Eröffnung der bayerischen Landesausstellung „Mythos Bayern“ in der Ettaler Basilika.
Jenseits der aktuellen Diskussion über das Kreuz in staatlichen Behörden freue sie sich darüber, „wenn politische Verantwortliche sich bewusst unter das Kreuz stellen“, sagte die evangelische Theologin, die auch Ständige Vertreterin des bayerischen Landesbischofs ist. Das Kreuz sei ein „inklusives Symbol“, das alle Politiker an ihre eigene Fehlbarkeit, an ihre eigenen Grenzen und das Grundprinzip der Vergebung erinnere.
Mehrheit der Bayern befürwortet Kreuz-Pflicht
Die Mehrheit der Wahlberechtigen in Bayern befürwortet die Kreuz-Pflicht in den Behörden des Bundeslandes. Wie eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage im Auftrag des Bayerischen Rundfunks (BR) ergab, sind 56 Prozent der Wahlberechtigten dafür, 38 Prozent lehnen das Vorhaben ab. Große Unterschiede gibt es zwischen den Anhängern der einzelnen Parteien. 77 Prozent der AfD-Wähler, 71 Prozent der CSU-Wähler, 56 Prozent der Freien-Wähler-Anhänger und 52 Prozent der SPD-Wähler sind für die Kreuz-Pflicht. Dagegen sind 67 Prozent der FDP-Wähler sowie 74 Prozent der Grünen-Wähler dagegen.
Für die Umfrage im Auftrag des BR-Politikmagazins „Kontrovers“ wurden vom Meinungsforschungsinstitut infratest dimap zwischen dem 22. und 27. April 1.002 Wahlberechtigte in Bayern befragt. Die Frage zur Kreuz-Pflicht wurde erst nach dem Kabinettsbeschluss in die laufende Umfrage mit aufgenommen und 612 Wahlberechtigten gestellt
Das bayerische Kabinett unter Ministerpräsident Söder hatte in der vergangenen Woche die allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Bundeslandes geändert. Im Eingangsbereich aller staatlichen Dienstgebäude muss ab 1. Juni als Ausdruck der „geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“ deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung angebracht werden. Führende Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche hatten die Kreuz-Pflicht in Amtsgebäuden kritisiert, die theologisch konservative Deutsche Evangelische Allianz begrüßt diese. (epd/mig) Aktuell Politik
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