Dublin
Reform der Flüchtlingsverteilung weiter offen
Das irische Dublin ist eine Hauptstadt am Rande Europas. Doch das sogenannte Dublin-System steht in ganz Europa immer wieder im Zentrum der politischen Diskussion. Es bezeichnet die umstrittenen Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen.
Montag, 16.10.2017, 6:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.10.2017, 17:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Eine Reform des Dublin-Systems zur Verteilung von Flüchtlingen ist kurz vor dem EU-Gipfel weiter offen. Der estnische Vorsitz im Rat der EU-Innenminister konnte am Freitag in Luxemburg kein Zieldatum nennen, obwohl die europäischen Staats- und Regierungschefs eine Einigung bereits für Mitte 2017 gefordert hatten. Man wolle in den kommenden Wochen „einige zusätzliche Elemente“ in die Diskussion bringen, sagte Estlands Innenminister Andres Anvelt in der Sitzung.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält trotz des zeitlichen Verzugs am Ziel eines breiten Konsenses über die Reform fest, statt auf die formal mögliche Mehrheitsentscheidung zu setzen. „Wir versuchen, ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen“, sagte er vor dem Treffen. Mehrheitsentscheidungen schloss er allerdings nicht aus. „Aber erstmal kann man nur dann sagen ‚Mehrheit‘, wenn man eine Mehrheit hat. Und zweitens ist das sicher das letzte Mittel.“
Aufnahmepflicht?
Bei der Reform des Dublin-Systems geht es darum, wie künftig der Mitgliedstaat bestimmt wird, der für einen Asylantrag und damit auch die Versorgung der Migranten zuständig ist. Formal kann die Reform per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden. Angestrebt wird in der wichtigen Frage aber ein breiter Konsens. Gegen eine frühere Mehrheitsentscheidung der EU-Innenminister über eine einmalige Umverteilung von bis zu 160.000 Flüchtlingen waren Ungarn und die Slowakei, letztlich erfolglos, vor den Europäischen Gerichtshof gezogen.
Nach Diplomatenangaben von dieser Woche ist der springende Punkt der Verhandlungen weiter, ob jeder Mitgliedstaat Migranten aufnehmen muss. Manche Länder lehnten dies immer noch ab. Auch das reformierte Dublin-System soll zwar nach dem Willen der EU-Kommission dem Grundsatz folgen, dass ein Migrant gewöhnlich dort Asyl beantragt, wo er zuerst europäischen Boden betritt. So ist es in der gegenwärtig gültigen Verordnung vorgesehen, die damit de facto den südlichen Ländern wie Italien und Griechenland die Hauptverantwortung zuweist. Zugleich soll künftig aber ein Korrekturmechanismus dafür sorgen, dass bei großen Flüchtlingszahlen auch die anderen EU-Länder Menschen aufnehmen.
Reform Top-Priorität
Die Reform des EU-Asylsystems war im Mai und Juli 2016 von der EU-Kommission mit Vorschlägen für sieben Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht worden, darunter auch die Reform der Dublin-Verordnung. Beim EU-Gipfel im Dezember 2016 nannten die Staats- und Regierungschefs eine Einigung im ersten Halbjahr 2017 als Ziel. Beim EU-Gipfel kommenden Donnerstag und Freitag steht das Thema erneut auf der Tagesordnung.
Insgesamt gingen die Verhandlungen über die Reform des Asylsystems voran, urteilte de Maizière in Luxemburg. Fortschritte machte er zum Beispiel bei der Reform der Eurodac-Verordnung über die Registrierung von Flüchtlingen und der Aufnahme-Richtlinie zu deren Unterbringung und Versorgung aus. Ähnlich äußerte sich der estnische Innenminister Anvelt. Die Reform des gesamten Systems bleibe eine der „Top-Prioritäten“ von Estlands Ratspräsidentschaft, die noch bis Ende Dezember dauert, sagte er. (epd/mig) Aktuell Politik
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