Humanitäre Krise

300.000 Rohingya vor Gewalt in Myanmar geflohen

Hunderttausende Rohingyas fliehen vor Verfolgung von Myanmar nach Bangladesch. Amnesty beschuldigt das Militär, Flüchtlinge gezielt durch Minen zu töten. Die Bundesregierung fordert Schutz für die Zivilbevölkerung und sagt ihre Unterstützung zu.

Montag, 11.09.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.09.2017, 17:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Angesichts der jüngsten Flüchtlingskrise in Myanmar haben aufständischen Rohingya-Kämpfer in Myanmar eine einseitige Feuerpause erklärt. Die Arakan Rohingya Salvation Army (Arsa) forderte das Militär in Myanmar auf, ebenfalls von Militäroperationen abzusehen. Die Waffenruhe, die ab Sonntag gilt, ist jedoch für einen Monat befristet, um „humanitäre Hilfe“ für die Flüchtlinge im westlichen Rakhine-Staat zu ermöglichen, wie Arsa mitteilte. Gleichzeitig wächst die Sorge um die Tausenden Vertriebenen. Amnesty International berichtete am Sonntag von zwei Menschen, die im Grenzgebiet zwischen Myanmar und Bangladesch von Landminen verletzt wurden.

Laut den UN sind etwa 300.000 Rohingya vor der Verfolgung ins benachbarte Bangladesch geflohen, wo sie zum großen Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. Die muslimische Volksgruppe wird im vornehmlich buddhistischen Myanmar nicht als Minderheit anerkannt, hat keine Bürgerrechte und wird seit Jahren diskriminiert und angegriffen.

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Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte seine große Sorge über die erneuten Kämpfe im Bundesstaat Rakhine. „Ich appelliere an alle Seiten, zur Deeskalation beizutragen und die Zivilbevölkerung zu schützen“, sagte Gabriel. Im Vordergrund müsse jetzt die Linderung des Leids der betroffenen Menschen stehen. Gabriel forderte die Regierung Myanmars auf, Hilfsorganisationen Zugang zu den betroffenen Gebieten zu ermöglichen. Deutschland beteiligt sich über den zentralen Nothilfefonds der UN an der humanitären Hilfe.

Appelle an Suu Kyi

Gabriel appellierte an Suu Kyi und die Regierung, die Empfehlungen der Rakhine Advisory Commission umfassend umzusetzen. Unter der Leitung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan hatte die Kommission Empfehlungen veröffentlicht, um die Situation in Rakhine zu verbessern. Deutschland und die EU seien bereit, Myanmar hierbei zu unterstützen, sagte Gabriel.

Friedensnobelpreisträgerin Malala Yusafsai rief Suu Kyi auf, sich für die muslimische Minderheit einzusetzen. Auch die Weltgemeinschaft müsse eingreifen, um die Rohingya zu schützen. „Wir können jetzt nicht länger schweigen“, sagte sie dem britischen Sender BBC.

Minen-Explosionen im Grenzgebiet

Die neueste Gewaltwelle gegen die Rohingya begann, nachdem am 25. August Arsa-Rebellen einen Polizeiposten angegriffen hatten. Das Militär reagierte mit einer Konter-Offensive, bei der Hunderte Menschen getötet, Tausende Häuser angezündet und Dörfer zerstört wurden. Tausende Vertriebene befinden sich immer noch auf der Flucht nach Bangladesch. Laut Amnesty International hat die Armee Myanmars vor wenigen Tagen damit begonnen, Anti-Personen-Minen entlang der knapp 3.000 Kilometer langen Grenze zu Bangladesch zu legen.

Mindestens drei Menschen seien bislang bei Minen-Explosionen im Grenzgebiet verletzt worden, erklärte die Organisation. „Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die Sicherheitskräfte in Myanmar vorsätzlich diejenigen Stellen verminen, die die Rohingya-Flüchtlinge zur Überquerung der Grenze nutzen“, erklärte Tirana Hassan von Amnesty in Bangladesch. Die UN müssten untersuchen, inwieweit international verbotene Sprengstoffe eingesetzt würden.

Humanitäre Krise

Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ verlangte eine Sondersitzung des Weltsicherheitsrates zur Rohingya-Krise. Die internationale Staatengemeinschaft müsse handeln, um einen noch größeren Exodus von Rohingya aus Myanmar zu verhindern, erklärte die Organisation in Göttingen. Es sei eine der schlimmsten humanitären Krisen dieses Jahrtausends.

Nachdem die Behörden den Vereinten Nationen und anderen Hilfswerken verboten hatten, die Rohingya zu versorgen, haben sie offenbar das Internationale Rote Kreuz um Unterstützung gebeten. Man habe eine Vereinbarung mit der Regierung getroffen, um die Opfer der jüngsten Gewaltwelle versorgen zu können, sagte eine Sprecherin der Organisation dem Evangelischen Pressedienst. Das Welternährungsprogramm hatte seine Arbeit Mitte Juli einstellen müssen. (epd/mig) Aktuell Ausland

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