
Studie
Menschenrechtsverstöße bei deutschen Auslandsgeschäften
Deutsche Unternehmen verletzten bei Auslandsgeschäften Menschenrechte. Sie zerstörten Lebensgrundlagen und unterdrückten Proteste. Das geht aus einer Studie von Hilfsorganisationen hervor. Der Bundesregierung wird vorgeworfen, Menschenrechte im Ausland nicht zu schützen.
Donnerstag, 22.06.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:43 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Bei Auslandsgeschäften deutscher Unternehmen im Energiesektor sind laut einer Studie von Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren vielfach Menschenrechte verletzt oder gefährdet worden. Konzerne wie Siemens, EnBW und Wintershall hätten in mehr als zehn Fällen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht missachtet, hieß es in der am Mittwoch in Aachen veröffentlichten Untersuchung der Organisationen Germanwatch und Misereor. Besonders bei Großprojekten würden häufig Lebensgrundlagen lokaler Gemeinschaften zerstört, Landrechte verletzt, Beteiligungsrechte der Betroffenen missachtet sowie Proteste unterdrückt und kriminalisiert.
Weltweit betreffe ein Drittel der unternehmensbezogenen Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen den Energie- und Rohstoffsektor, hieß es in der Studie „Globale Energiewirtschaft und Menschenrechte – Deutsche Unternehmen und Politik auf dem Prüfstand“. Daran seien auch immer wieder deutsche Konzerne beteiligt. „Deutsche Unternehmen tragen Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte, wenn sie Kohle und Erdöl aus problematischen Fördergebieten einführen oder sich als Zulieferer und Dienstleister etwa an Großstaudämmen beteiligen“, sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch.
Misereor und Germanwatch warfen der Bundesregierung vor, die Menschenrechte im Ausland nicht ausreichend zu schützen. „Einerseits fördert die Bundesregierung aktiv deutsche Auslandsgeschäfte im Energiesektor durch Außenwirtschaftsförderung, Kredite der KfW IPEX-Bank und Handelsabkommen der EU“, sagte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des bischöflichen Hilfswerks Misereor mit Sitz in Aachen. Andererseits habe sie immer noch keine ausreichenden gesetzlichen Vorgaben getroffen, damit in jedem Fall die Menschenrechte von Anfang an respektiert würden.
Nationaler Aktionsplan bringt keine Verbesserungen
Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung vom Dezember 2016 bringe bisher keine substanziellen Verbesserungen, hieß es. Anders als Frankreich, Großbritannien und die Niederlande habe sich Deutschland noch nicht dazu durchringen können, Gesetze mit Menschenrechtsvorgaben für Auslandsgeschäfte von Unternehmen zu verabschieden. Immerhin plane die Bundesregierung ab 2018 eine jährliche Überprüfung der menschenrechtlichen Sorgfalt deutscher Unternehmen und wolle je nach Ergebnis ab 2020 gesetzliche Schritte erwägen.
Bals erklärt, die Befragung und Analyse von 30 Unternehmen im Energiesektor habe gezeigt, dass einige von ihnen inzwischen menschenrechtliche Grundsatzerklärungen verabschiedet, Risikoprüfungen durchgeführt und Beschwerdemechanismen eingerichtet hätten. Diese erfüllten aber größtenteils noch nicht die Standards der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Das gelte selbst für die zehn größten deutschen Energieversorger, die sich zumeist in kommunalem Eigentum befinden, sagte der Germanwatch-Chef. (epd/mig)
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