
Wissenschaftler
So kann man Konflikten in Flüchtlingsheimen vorbeugen
Experten zufolge lassen sich Konflikte in Flüchtlingsunterkünften vermeiden. Durch kluges Management und ausreichend Personal sowie Beschwerdestellen ließen sich Konflikte minimieren. Abschließbare Toiletten müssten selbstverständlich sein.
Montag, 19.06.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 20.06.2017, 17:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Konflikte in Flüchtlingsunterkünften lassen sich nach Ansicht des Bonner Friedens- und Konfliktforschungsinstituts BICC vermeiden. In ihren am Montag vorgelegten „Handlungsempfehlungen“ an die Politik fordern die Wissenschaftler unter anderem verbindliche Qualitätsstandards für die räumliche Gestaltung von Flüchtlingsheimen sowie ein Mindestmaß an Qualifikation der Mitarbeiter. Außerdem müsse die Selbstverantwortung und Autonomie der Flüchtlinge gestärkt werden, heißt es in dem anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20. Juni veröffentlichten Papier.
Ein Großteil der Konflikte in Flüchtlingsheimen sei durch das Asylsystem strukturell bedingt, erklärte Projektleiterin Esther Meininghaus. Das habe eine Befragung von Flüchtlingen und Personal in 34 Unterkünften in NRW gezeigt. Die unberechenbare Dauer der Asylverfahren führe vielfach zu Frustration und Zukunftsangst.
Downloads: Der Policy Brief mit Handlungsempfehlungen zur Konfliktprävention zum Download. BICC-Studie über Konflikte in Flüchtlingsunterkünften in NRW zum Download.
Durch das Zusammenleben mit vielen Fremden, die Enge, fehlende Privatsphäre und Beschäftigungslosigkeit in den Unterkünften entstehe zusätzliches Konfliktpotenzial. Die Forscher empfehlen deshalb „einen schnellstmöglichen Umzug von Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen oder abgeschlossene Wohneinheiten“.
Unterkünfte müssen Sicherheit bieten
Die Räume in Sammelunterkünften müssten den Bewohnern Sicherheit bieten, fordern die Autoren des Papiers. „Zimmer, Duschen und Toiletten müssen abschließbar sein.“ Um die Selbstbestimmung der Bewohner zu stärken, sollten sie die Möglichkeit erhalten, Zimmer nach eigenen Vorstellungen zu gestalten oder selbst zu kochen. Auch Rückzugsräume wie Frauen- und Männercafés, Räume der Stille oder Gebetsräume seien hilfreich.
Eine geregelte Alltagsstruktur durch Sprach- und Integrationskurse oder Arbeitsmöglichkeiten trage ebenfalls zur Konfliktprävention bei. Bei Regelverstößen müsse es einheitliche Sanktionsmaßnahmen geben.
Personal und Beschwerdestellen nötig
Um Gewalt und Kriminalität vorzubeugen, seien außerdem ausreichend Personal, ein respektvolles Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Bewohnern sowie Ombudsleute oder Beschwerdestellen sinnvoll. Besonders dringend mahnen die Experten Mindeststandards für den Personalschlüssel an.
Derzeit sei die Lage in Landeseinrichtungen und kommunalen Unterkünften sehr unterschiedlich. Während in einer nicht voll belegten Landesunterkunft 27 Sozialbetreuer für 89 Flüchtlinge zuständig seien, müsse sich in manchen kommunalen Heimen eine einzelne Sozialarbeiterin um 200 Menschen kümmern. (epd/mig) Aktuell Panorama
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