Menschenrechtsrat

Trump gegen das Kartell der Täter

Die USA verlangen Reformen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen. Doch die Amerikaner werden mit ihren Forderungen nicht durchkommen.

Von Jan Dirk Herbermann Donnerstag, 08.06.2017, 4:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 11.06.2017, 15:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen: Spannungen und Missverständnisse prägen seit 1945 die Beziehungen zwischen dem Staatenbund und seinem mächtigsten Mitglied. Besonders bei der brennenden Frage, wie die Welt die Menschenrechte am besten schützen soll, liegen die ungleichen Partner über Kreuz. Der Streit erreicht unter US-Präsident Donald Trump einen neuen Höhepunkt. Trump ist besonders erzürnt über den UN-Menschenrechtsrat – es ist das oberste Gremium der UN gegen Folter, Gewalt und Unterdrückung.

Trumps Botschafterin bei den UN reiste von ihrem Dienstsitz in New York zum Sitz des UN-Menschenrechtsrates in Genf, um das Gremium frontal anzugreifen. „Der Menschenrechtsrat ist gescheitert“, dozierte sie am Dienstagabend vor Diplomaten und Akademikern. Gleichzeitig machte sie klar: Die USA wollen nicht, wie von westlichen Staaten befürchtet, dem Gremium den Rücken kehren. Vielmehr wolle die Trump-Regierung dem Rat mit seinen 47 Mitgliedsländern durch Reformen seine Legitimität und Glaubwürdigkeit zurückgeben.

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Ausgerechnet Trump

Viele Zuhörer trauten ihren Ohren nicht: Ausgerechnet Donald Trump, der Flüchtlinge und Muslime nicht in die USA lassen will, ausgerechnet Donald Trump, der Einwanderer pauschal beschimpft, ausgerechnet Donald Trump, der mit Diktaturen wie in Saudi-Arabien kungelt, ausgerechnet dieser US-Präsident will den UN-Menschenrechtsrat effektiver und glaubwürdiger machen?

Die US-Regierung schimpft vor allem über die vielen autoritären Regime im Rat. Tatsächlich nehmen Emissäre Venezuelas, Kubas, Chinas und Burundis am UN-Tisch Platz und urteilen über andere Länder. Nicht selten formen diese Regierungen Koalitionen und Zweckbündnisse.

Neuer Auswahlprozess für den Rat

Das Ergebnis: Ein Kartell der Täter, das sich gegenseitig vor Angriffen schützt. So verurteilte der Rat bislang weder die Gewaltexzesse gegen Demonstranten in Venezuela, noch prangerte er die Unterdrückung in Kuba oder Simbabwe an. Und die russische Übernahme der Krim von der Ukraine samt krassen Menschenrechtsverletzungen war dem Rat keine Sondersitzung wert.

Wie wollen die USA das Kartell der Täter aufbrechen? Sie planen einen neuen Auswahlprozess für den Rat in der UN-Vollversammlung, um Diktatoren fernzuhalten. In Zukunft soll etwa über alle Kandidaten für den Rat einzeln und offen abgestimmt werden. Die mächtigen Regionalgruppen der UN dürften nicht mehr wie bislang die Bewerber aufstellen, die dann von der gesamten Vollversammlung fast automatisch bestätigt werden.

Serienmäßige Verurteilungen Israels

Die USA wollen auch ein Ende der serienmäßigen Verurteilung ihres Schützlings Israel durch den Menschenrechtsrat durchsetzen. Tatsächlich prangerte das Gremium seit seiner Gründung 2006 den Nahost-Staat mehr als 70 Mal an – das ist einsamer Rekord. Vor allem die israelische Besetzung der Palästinensergebiete provoziert harsche Kritik. Israels Okkupation kommt zu jeder Sitzung automatisch auf die Agenda der Ratssitzungen.

Wird sich die Trump-Administration mit ihren Forderungen durchsetzen? Diplomaten bezweifeln das. Die Machtverhältnisse in den Vereinten Nationen sprechen dagegen. Die Staaten, die den Anforderungen westlicher Demokratien genügen, stellen nur eine Minderheit unter den 193 UN-Mitgliedern dar. In der Mehrheit der Länder schert sich die politische Führung wenig oder überhaupt nicht um die Menschenrechte. Das Kartell der Täter wird also aktiv bleiben.

Israel mit wenigen Fürsprechern

Und Israel? Das Land kann in den UN außer den USA nur auf wenige Fürsprecher zählen. Zu wenige, um die serienmäßige Verurteilung im Menschenrechtsrat zu beenden. Der Rat dürfte Israel erst dann vom Pranger nehmen, wenn es die Besetzung arabischer Gebiete beendet.

Nicht zuletzt steht Donald Trump seinen Forderungen selbst im Weg. Der US-Präsident hat sich bislang nicht gerade als entschiedener Verfechter der Menschenrechte hervorgetan. Nur wer mit gutem Beispiel vorangeht, kann von anderen Gefolgschaft verlangen. (epd/mig) Aktuell Ausland

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