Ungarn
Scharfe Kritik an Internierung von Flüchtlingen
Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über die drastische Verschärfung des Flüchtlingsrechts in Ungarn geäußert. Scharfe Kritik äußerte auch der Menschenrechtskommissar des Europarats. Pro Asyl fordert handefeste Konsequenzen.
Donnerstag, 09.03.2017, 4:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.03.2017, 14:53 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks, hat sich „tief besorgt“ über die Pläne Ungarns gezeigt, Flüchtlinge künftig generell einzusperren. Diese Maßnahme werde „die hochproblematische Situation von Asylsuchenden in Ungarn wahrscheinlich noch verschärfen“, erklärte Muiznieks am Mittwoch in Straßburg. „Automatisch alle Asylsuchenden ihrer Freiheit zu berauben, wäre eine klare Verletzung von Ungarns Verpflichtungen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention“, urteilte der Kommissar.
Haft dürfe in derartigen Fällen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nur als „letztes Mittel“ angeordnet werde, machte Muiznieks klar. Ungarn solle daher in Alternativen zur Inhaftierung investieren, insbesondere Kinder sollten von der Haft ausgenommen sein, forderte der Kommissar.
UN verurteilen Ungarn
Besorgt über die Entwicklungen in Ungarn zeigten sich auch die Vereinten Nationen. Die Entscheidung, alle Asylbewerber für die Dauer ihres Verfahrens in grenznahen „Transitzonen“ festzusetzen, sei ein klarer Bruch des EU-Rechts und des Völkerrechts, kritisierte das Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
Die Internierung in Schiffscontainern, die von hohem Stacheldraht umgeben sind, werde schwerer psychische und physische Auswirkungen auf die Menschen haben. Die Asylbewerber, darunter Kinder, hätten in der Regel schon in ihren Heimatländern und auf der Flucht viel Schlimmes erlebt. Das UNHCR betonte, dass besonders die Mädchen und Jungen unter der Inhaftierung leiden würden. Das neue Gesetz mache ein faires und humanes Asyl-Verfahren praktisch unmöglich.
Pro Asyl fordert Konsequenzen
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl dringt nach dem Beschluss des ungarischen Parlaments, Asylbewerber künftig in Internierungslagern festzuhalten, auf Konsequenzen in der EU. „Die Inhaftierung von Asylsuchenden in Ungarn verstößt eklatant gegen EU-Recht und internationales Recht“, sagte Europareferent Karl Kopp der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die EU müsse deshalb Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn einleiten.
Die Internierung von Flüchtlingen stelle einen Verstoß gegen europäische Grundwerte dar. Daher müsse sich die EU die Frage stellen, ob sie nicht das Stimmrecht Ungarns im EU-Rat aussetze, sagte Kopp. Der Pro-Asyl-Experte erklärte zudem, die anderen europäischen Staaten dürften keine Schutzsuchenden „in dieses Elend, in diese Willkür in Ungarn“ zurückschicken. Wer als Asylsuchender zuerst in Ungarn registriert worden ist, dem droht gemäß der Dublin-Verordnung die Rücküberstellung. „Das muss ausgesetzt werden“, forderte Kopp.
Laut Pro Asyl befanden sich Ende Januar 536 Asylsuchende in Ungarn und Tausende weitere im serbisch-ungarischen Grenzgebiet. Bei möglichen Dublin-Rückführungen gehe es um 3.756 Asylsuchende allein aus Deutschland, bei denen Ungarn die Rückübernahme zugesichert habe. Im vergangenen Jahr sind laut Kopp 294 Schutzsuchende aus Deutschland nach Ungarn überstellt worden.
Harte Flüchtlings- und Migrationspolitik unter Orbán
Das ungarische Parlament hatte am Dienstagmorgen ein Gesetz beschlossen, mit dem das Flüchtlingsrecht drastisch verschärft wird. Demnach müssen die ungarischen Behörden alle Migranten, die in Ungarn einen Asylantrag stellen, für die Dauer des Prozesses in grenznahen „Transitzonen“ internieren.
Ungarns Regierung unter Präsident Viktor Orbán verfolgt seit Jahren eine harte Flüchtlings- und Migrationspolitik, die bei den UN und bei EU-Partnern des Landes regelmäßig für scharfe Kritik sorgt. Die Vereinten Nationen haben sich besorgt über die Verschärfung des Flüchtlingsrechts in Ungarn geäußert. (epd/mig) Aktuell Ausland
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