Libyen, Meer, Flagge, Fahne, Küste
Libyen © Ben Sutherland @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

EU-Libyen-Pakt

Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Flüchtlingslagern

Der EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei hat die Zahl der Überfahrten von dort in die EU stark verringert. Mancher wünscht sich einen ähnlichen Pakt mit Libyen. Doch ein vertraulicher Bericht beschreibt schlimmste Zustände in Migrantenlagern in Libyen.

Dienstag, 31.01.2017, 4:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 01.02.2017, 16:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Linken-Chefin im EU-Parlament, Gabi Zimmer, hat die Bundesregierung nach den jüngsten Berichten über Flüchtlingslager in Libyen zur Blockade möglicher Flüchtlingspakte mit dem Land aufgefordert. „Die EU darf keine Deals mit Libyen abschließen, weil dort Menschen auf der Flucht systematisch gefoltert, vergewaltigt und ermordet werden“, sagte Zimmer am Montag dem Evangelischen Pressedienst in Brüssel. „Die Bundesregierung muss so einen Pakt blockieren, da sie offenbar eindeutige Informationen über die unmenschlichen Zustände in libyschen Lagern hat“, forderte Zimmer.

Am Wochenende hatte die „Welt am Sonntag“ einen internen Bericht des Auswärtigen Amtes veröffentlicht. Die deutsche Botschaft in Nigers Hauptstadt Niamey spreche in dem Bericht von „allerschwersten, systematischen Menschenrechtsverletzungen in Libyen“, berichtete die Zeitung. In einer sogenannten Diplomatischen Korrespondenz an die Bundeskanzlerin und andere Minister stehe: „Authentische Handy-Fotos und -videos belegen die KZ-ähnlichen Verhältnisse in den sogenannten Privatgefängnissen.“ Schlepper hielten die Flüchtlinge gefangen. „Exekutionen nicht zahlungsfähiger Migranten, Folter, Vergewaltigungen, Erpressungen sowie Aussetzungen in der Wüste sind dort an der Tagesordnung“, heißt es der Zeitung zufolge in dem Bericht.

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Nach Angaben der EU starten 90 Prozent der Menschen, die die lebensgefährliche Flucht über das zentrale Mittelmeer wagen, in Libyen. In der EU wird derzeit darüber diskutiert, wie die Zusammenarbeit mit Libyen in der Flüchtlingsfrage verstärkt werden kann. Auch auf dem informellen EU-Gipfel am kommenden Freitag in Malta soll das Thema sein.

Merkel schließt abkommen gegenwärtig aus

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Wochenende ein Abkommen mit Libyen nicht grundsätzlich, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen. Erst wenn die Regierung in Libyen tatsächlich die Kontrolle über das Land habe, könne „über Menschenrechtsfragen, Standards und ähnliches“ mit Blick auf ein Abkommen gesprochen werden, sagte Merkel am Samstag in ihrer Videobotschaft.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die EU-Kommission haben sich wiederholt gegen ein Abkommen mit Libyen nach dem Vorbild des EU-Türkei-Abkommens ausgesprochen. Das EU-Türkei-Abkommen vom März 2016 sieht vor, dass die Türkei alle auf die griechischen Inseln gelangten Flüchtlinge wieder zurücknimmt, sofern diese in der EU kein Asyl erhalten. Seitdem ist die Zahl der Migranten aus der Türkei drastisch gesunken.

Bericht: Zustände in libyschen Lagern „inakzeptabel“

„Die zwei Situationen sind vollständig verschieden“, hatte Mogherini erst vergangene Woche gesagt. Ein von ihr mitverantworteter Bericht beschrieb die Zustände in libyschen Lagern als „inakzeptabel“. Eine EU-Sprecherin bekräftigte am Montag nach den neuen Berichten über Libyen diese Position. Die langfristige Lösung in Libyen liege in der Herstellung von Frieden und Sicherheit einerseits und wirtschaftlicher Entwicklung andererseits. Sie verteidigte indes die generelle Zusammenarbeit mit Libyen, auch mit Blick auf Lager, in denen Migranten festgehalten werden. „Die EU unterstützt schon jetzt direkte Hilfe für Migranten in Gefängnissen, zum Beispiel durch grundlegende medizinische Betreuung und Nahrung“, erklärte die Sprecherin.

Zur gleichen Zeit verlautete aus EU-Kreisen, dass Hilfsorganisationen in Libyen nur beschränkten Zugang zu offiziellen Gefängnissen für Flüchtlinge hätten. Zu Migrantenlagern, die von Milizen und Menschenschmugglern betrieben würden und die in dem Bericht der deutschen Botschaft angesprochen wurden, hätten Helfer überhaupt keinen Zugang. (epd/mig) Aktuell Ausland

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