Lehren aus dem NSU-Prozess

Kabinett beschließt TV-Übertragungen aus dem Gerichtssaal

Noch bevor der NSU-Prozess in München begann, war die Aufregung groß. Denn nur wenige Medien sollten den Prozess direkt aus dem Verhandlungssaal verfolgen können. Ein neuer Gesetzentwurf der Regierung will das ändern.

Donnerstag, 01.09.2016, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.09.2016, 13:03 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das Bundeskabinett hat sich für eine erweiterte Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren ausgesprochen. Wenn die Rechtssprechung einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde, „kann das vielen Menschen unseren Rechtsstaat näher bringen“, sagte der für den Gesetzentwurf zuständige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Mittwoch in Berlin. Gleichzeitig betonte er: „Die Rechte von allen Verfahrensbeteiligten müssen immer gewahrt bleiben.“ Der Gerichtssaal solle keine Showbühne werden.

Der Entwurf sieht vor, das seit 1964 bestehende Verbot von Ton- und Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal moderat zu lockern. Ein generelles Verbot erscheine angesichts moderner Kommunikationsformen und des heutigen Medienverständnisses nicht mehr zeitgemäß, erklärte das Ministerium. Künftig solle die mündliche Verhandlung und die Urteilsverkündung in einen Arbeitsraum für Journalisten übertragen werden können. Maas sagte, dies gelte für Verfahren mit einem besonderen öffentlichen Interesse und sei auch eine Lehre aus dem NSU-Prozess.

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Übertragungen in Ton und Bild vorgesehen

Zudem sei die Möglichkeit von Übertragungen in Ton und Bild vorgesehen, wenn Oberste Gerichtshöfe des Bundes Entscheidungen verkündeten. Diese Regelung soll neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit auch für die Arbeits-, die Verwaltungs-, die Finanz- und die Sozialgerichtsbarkeit und in angepasster Form für das Bundesverfassungsgericht gelten.

Maas betonte, letztlich sollten die Gerichte selbst darüber entscheiden können, ob eine Verhandlung in einen Arbeitsraum für Medienvertreter übertragen werde oder ob ein Urteil von so großer öffentlicher Bedeutung sei, dass es auch über die Medien verkündet werden sollte.

Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus auch die Möglichkeit für audio-visuelle Dokumentationen von Gerichtsverfahren mit „herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung“ vor. Es handele sich hierbei lediglich um eine historische Aufarbeitung eines Prozesses, erklärte der Minister. Die Dokumentation könne nur zu historischen Zwecken angefertigt werden und werde nicht als Beweismaterial ins Verfahren einfließen.

Daneben umfasst der Gesetzentwurf Verbesserungen für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderungen. So sollen künftig die Kosten für die Arbeit von Gebärdendolmetschern des gesamten gerichtlichen Verfahrens übernommen werden. (epd/mig) Aktuell Politik

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