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Eine Flüchttlingsunterkunft in Oldenburg (Symbolfoto) © Lammers

Soforthilfe

Psychologin plädiert für Traumabehandlung in Flüchtlingsunterkünften

Flüchtlinge sind vom Verlust ihrer Heimat und Familie schwer belastet. Hinzu kommen widrige Umstände in Sammelunterkünften. Psychoanalytikerin Leuzinger-Bohleber fordert Soforthilfe für diese Menschen.

Von Jens Bayer-Gimm Dienstag, 26.07.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 26.07.2016, 19:25 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Psychotherapeuten sollten nach den Worten der Frankfurter Psychoanalytikerin Marianne Leuzinger-Bohleber Flüchtlinge in den Unterkünften aufsuchen, um Traumata zu behandeln. Alle Flüchtlinge seien vom Verlust ihres Zuhauses, ihrer Angehörigen, Nachbarn und Kultur schwer belastet, sagte die Geschäftsführende Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts dem Evangelischen Pressedienst. Das hessische Pilotprojekt „Step by Step“ in der Darmstädter Erstaufnahmeeinrichtung „Michaelisdorf“ zeige ein halbes Jahr nach dem Start Wege zur Heilung auf.

Manche Flüchtlinge hätten Unvorstellbares erlitten, sagte Leuzinger-Bohleber. So habe eine Bewohnerin des „Michaelisdorfs“ bei ihrer Schwangerschaft Komplikationen bekommen. Im Gespräch habe sich herausgestellt, dass sie drei Kinder im Mittelmeer verloren habe, ihr Mann in Athen in einem Lager feststecke und ihre 16-jährige Tochter, die sich allein nach Deutschland durchschlagen wollte, verschwunden sei.

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Die Psychoanalytikerin plädierte dafür, dass in den Unterkünften Experten feststellen sollten, wo eine Soforthilfe nötig ist. Sie könnten diese gemeinsam mit dem medizinischen und sozialen Fachpersonal leisten und eine weitere Behandlung veranlassen.

Das in einer ehemaligen Kaserne Anfang des Jahres eröffnete „Michaelisdorf“ zeige Erfolge, berichtete Leuzinger-Bohleber. Verlässliche äußere Strukturen und Tagesabläufe seien die Voraussetzung zur Heilung verletzter Seelen, erklärte die Psychoanalytikerin. Wenn Flüchtlinge den ganzen Tag nichts zu tun hätten, kehrten traumatische Erlebnisse zurück.

Die anfangs etwas chaotische Belegung mit bis zu 800 Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung sei einer Ordnung und freundlichen Atmosphäre gewichen. Die Mitarbeiter legten Wert auf ein freundliches Willkommen und auf tägliche Angebote, die den Menschen eine Struktur und damit Sicherheit gäben. Die Deutschkurse und Gruppen für Kinder, Jugendliche, Schwangere und Mütter würden sehr gut angenommen.

Ein entscheidender Faktor, um neu Vertrauen zu fassen und Traumata bewältigen zu können, sei der Aufbau von persönlichen Beziehungen, erklärte Leuzinger-Bohleber. Manche Flüchtlinge kämen auch nach ihrer Weitervermittlung zum „Michaelisdorf“ zurück, um Beziehungen zu Mitarbeitern zu halten. (epd/mig) Aktuell Politik

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