Flüchtlingszahl bleibt rückläufig

Bundesrat vertagt Entscheidung über sichere Herkunftsstaaten erneut

Die Schließung der Balkanroute sorgt für niedrige Asylzahlen in Deutschland. Die Entspannung nimmt auch Druck von vorher als eilbedürftig eingestuften Gesetzesvorhaben. Die Maghreb-Staaten-Regelung wird zur Hängepartie - zum Ärger von de Maizière.

Montag, 11.07.2016, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.07.2016, 16:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach dem Rekordjahr 2015 ist die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge in diesem Jahr deutlich zurückgegangen. Im ersten Halbjahr wurden rund 222.000 Flüchtlinge im Ersterfassungssystem der Länder (EASY) registriert, wie aus der Asylstatistik hervorgeht, die Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und der Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, am Freitag in Berlin vorstellten. Im vergangenen Jahr waren mehr als eine Million Asylsuchende nach Deutschland gekommen.

De Maizière sagte, die Zahl sei weiter hoch, aber stark rückläufig. Die Lösung der Flüchtlingskrise komme voran. Die Reduzierung vor allem seit März führte er unter anderem auf die Schließung der Balkanroute zurück. Während in den vergangenen drei Monaten jeweils rund 16.000 neue Flüchtlinge über die deutsche Grenze kamen, waren es im Februar – vor Schließung der Grenzen im Südosten Europas – noch 61.000, im Januar fast 92.000. Eine Prognose für die Entwicklung der Flüchtlingszahlen bis Jahresende will de Maizière nach wie vor nicht abgeben. Dies wäre nicht seriös, sagte der Innenminister.

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Für Pro Asyl ist der Rückgang der Zahlen gegenüber 2015 „kein Grund zur Freude“. Der stellvertretende Geschäftsführer Bernd Mesovic sagte, während in Deutschland Unterkünfte leer stünden, lebten Flüchtlinge in Griechenland auf der Straße.

Inzwischen entschied de Maizière, auch weiterhin keine Flüchtlinge aus Deutschland nach Griechenland zurückzuschicken, auch wenn das Land nach der Dublin-Regel eigentlich für das Asylverfahren zuständig wäre. Die Aussetzung werde um weitere sechs Monate – also bis Jahresende – verlängert, sagte er. Gleichzeitig äußerte er aber auch die deutliche Erwartung, dass die Zustände für Asylbewerber in dem EU-Staat besser werden, um Flüchtlinge wieder zurückschicken zu können, worauf die europäischen Länder seit 2011 verzichten.

Während die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zurückging, wurden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im ersten Halbjahr viel mehr Anträge gestellt. Die Behörde nahm seit Januar von fast 400.000 Asylsuchenden (genau 396.947) Anträge entgegen. Hauptherkunftsländer waren Syrien, Afghanistan und Irak. Weise sagte, inzwischen sei die Zahl derer, die noch keinen Asylantrag stellen konnten, auf rund 150.000 gesunken. Am Jahresanfang rechnete das Bundesamt mit bis zu 400.000 Menschen, die registriert wurden, aber noch keinen Antrag stellen konnten.

Entschieden wurde im ersten Halbjahr über die Anträge von rund 283.000 Flüchtlingen. Mehr als die Hälfte (rund 149.000) erhielten die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Konvention, 23.300 Flüchtlinge erhielten subsidiären Schutz. Abgelehnt wurden rund 70.000 Asylgesuche.

Weiter zurückgegangen ist de Maizière zufolge die Zahl der Asylbewerber aus Tunesien, Algerien und Marokko. Dennoch hält de Maizière an dem Vorhaben fest, diese Länder als sichere Herkunftsstaaten einzustufen, um Asylanträge schneller bearbeiten und ablehnen zu können. Der Gesetzgebungsprozess hängt derzeit im Bundesrat, weil die nötige Zustimmung der Länderkammer durch die Ablehnung der Grünen unsicher ist. Am Freitag kam das Thema erneut nicht auf die Tagesordnung der Länderkammer.

Die Grünen hatten zuletzt als Kompromissvorschlag ein Papier vorgelegt, das schnelle Verfahren ohne die Einstufung fordert und auch für möglich hält. Wie Weise am Freitag sagte, dauern auch reguläre Asylverfahren bei der Hälfte der neu kommenden Flüchtlinge inzwischen nur noch eine Woche.

De Maizière lehnte den Vorschlag dennoch ab: „Dazu kann und wird es nicht kommen“, sagte er. Es sei zu befürchten, dass die Zahl der Migranten aus Maghreb-Staaten wieder steigt, wenn das Gesetz scheitert, sagte er. Diese Signalwirkung scheint aber nicht in jedem Fall zu funktionieren: Albanien und Serbien, die bereits im vergangenen Jahr als sichere Herkunftsstaaten eingestuft wurden, waren im ersten Halbjahr immer noch unter den zehn Hauptherkunftsländern von Asylantragstellern in Deutschland. (epd/mig) Aktuell Politik

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