Flüchtlinge-Arbeitsmarkt-Studie
Handlungsbedarf bei Anerkennung von Kompetenzen
Deutschland muss Flüchtlinge ins Erwerbsleben integrieren. Eine neue Studie zeigt: Dafür müssen Maßnahmen weiterentwickelt werden. Die Investitionen zahlen sich aus - im Interesse aller in Deutschland lebenden Bürger.
Montag, 18.04.2016, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das Jahr 2015 war geprägt durch eine historisch hohe Flüchtlingseinwanderung nach Europa. In Deutschland wurden 1,1 Millionen schutzsuchende Menschen registriert. Auch 2016 reisen weiterhin Flüchtlinge in die Bundesrepublik ein. Ungefähr 50 Prozent von ihnen werden ein Bleiberecht erhalten. Die Integration dieser Menschen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt ist einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge entscheidend für das Gelingen der deutschen Flüchtlingspolitik und den sozialen Zusammenhalt.
Danach braucht Deutschland ein Gesamtprozess, der den frühzeitigen Spracherwerb, die Qualifikations- und Kompetenzfeststellung, die Berufsorientierung, den Übergang in Ausbildung und Beruf und die Aufnahme einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit umfasst. Handlungsbedarf bestehe insbesondere bei der Anerkennung von Kompetenzen. Bisher fehlten Verfahren mit bundesweit gültiger Aussagekraft. „Wir brauchen deshalb ein Anerkennungsverfahren, das im Herkunftsland informell oder non-formal erworbene berufliche Kompetenzen verbindlich feststellt und zertifiziert“, so Jutta Aumüller, Autorin der Studie. Sie fordert begleitend dazu die verstärkte Entwicklung von Teilqualifizierungen, die Teilnehmer schrittweise an eine Berufsqualifikation heranführen.
Handlungsbedarf bestehe auch mit Blick darauf, dass Flüchtlinge zwei Rechtskreisen zugeordnet sind. Für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge gelten die Bestimmungen des SGB III in der Zuständigkeit der Arbeitsagenturen. Für anerkannte Flüchtlinge wiederum gilt das SGB II im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Jobcenter. Wenn Asylsuchende einen Schutzstatus erhalten, kommt es somit zu einem Wechsel der Rechtskreise. Begonnene Fördermaßnahmen müssten im ungünstigsten Fall abgebrochen werden und auch der Datentransfer zwischen Arbeitsagenturen und Jobcentern gestalte sich schwierig. Es brauche daher eine zentrale Anlaufstelle, die den Rechtskreiswechsel möglichst weich gestaltet.
Schaffung eines sozialen Arbeitsmarktes für Flüchtlinge ist notwendig
Die Studie positioniert sich auch zu den Beschäftigungsbedingungen von Flüchtlingen: Weitere Ausnahmen vom Mindestlohn halten die Forscher für nicht zielführend. Stattdessen sollte ein sozialer Arbeitsmarkt für Flüchtlinge geschaffen werden, um das Abrutschen in die Schwarzarbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder die Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. Niedrigschwellige Arbeitsangebote sollten mit berufsbezogenem Sprachtraining kombiniert werden, damit mittelfristig eine Heranführung an den regulären Arbeitsmarkt erreicht wird.
Bisher seien die meisten Fördermaßnahmen auf Asylbewerber mit einer hohen Schutzquote beschränkt (Eritrea, Irak, Iran und Syrien). Es werden aber auch Flüchtlinge aus anderen Ländern länger in Deutschland bleiben. Jutta Aumüller fordert deshalb, die Teilnahmeberechtigung für Integrationskurse und beschäftigungsfördernde Maßnahmen auch auf Asylsuchende auszuweiten, die bereits vor neun Monaten einen Asylantrag gestellt haben. „So kann vermieden werden, dass eine große Gruppe Langzeit-Geduldeter entsteht, die zu einem späteren Zeitpunkt nur unter erheblichem Mehraufwand in den Arbeitsmarkt integriert werden kann.“
Nicht zuletzt bestehe Handlungsbedarf bei der Reichweite der bisherigen Maßnahmen. Diese seien bisher oft gering und erreichten bestenfalls mehrere Tausend Flüchtlinge. Um die Reichweite zu erhöhen sei ein verbindlicher Mitteleinsatz mit klaren Ausgabengrößen notwendig. (bs/mig) Aktuell Politik Studien
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