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Sachsen bangt um Image

Regierungschef Tillich sieht keine ausgeprägte Ausländerfeindlichkeit

Die Bilder aus Clausnitz und Bautzen haben bundesweit erschreckt: Einmal mehr wird diskutiert, ob Sachsen ein besonderes Problem mit Rechtsextremisten hat. Die Landesregierung will den Ansehensverlust begrenzen und alle Bürger in die Pflicht nehmen.

Mittwoch, 24.02.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.02.2016, 16:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach den erneuten ausländerfeindlichen Krawallen in Sachsen ist die Landesregierung um Schadensbegrenzung bemüht. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) brachte nach einer Sitzung seiner Ministerrunde am Dienstag in Dresden Bestürzung und Scham über die Vorfälle der vergangenen Tage in Clausnitz und Bautzen zum Ausdruck. Er wandte sich aber auch erneut gegen das Bild von einem Bundesland mit besonders ausgeprägter Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus: Es dürfe nicht sein, dass die vielen engagierten Menschen in Sachsen durch „einige wenige Personen in Misskredit gebracht werden“. Auch pauschale Verurteilungen Sachsens würden nicht weiterhelfen.

Trotz zunehmender Kritik an der sächsischen Landesregierung sieht Tillich aber keine Versäumnisse des Freistaates im Umgang mit Rechtsextremisten. Auch bei sich persönlich erkenne er beim Thema Extremismus keine Lücken im politischen Handeln: „Ich habe Verantwortung übernommen und werde sie wahrnehmen“, sagte er nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in Dresden. Sein Fehlen etwa auf Demonstrationen der Asylbefürworter begründete er mit der regelmäßigen Anwesenheit seiner Minister. Sie seien „höchste Vertreter“.

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Tillich: Übergriffe nur von Wenigen verübt

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Das Kabinett habe sich darüber verständigt, dass alle Demokraten zusammenstehen müssen, um „den verbrecherischen Umtrieben Einhalt zu gebieten“. Die Übergriffe würden nur von einigen Wenigen verübt, aber viel zu häufig, räumte Tillich ein. Das sei es, „was uns beschämt und noch entschlossener werden lässt“. Der sächsische Regierungschef kündigte ein Maßnahmepaket zur Stärkung der Demokratie an, über welches das Kabinett am nächsten Wochenende in einer außerordentlichen Sitzung beraten will.

In dem mittelsächsischen Dorf Clausnitz hatte ein pöbelnder Mob am Donnerstagabend einen Bus mit Flüchtlingen blockiert und versucht, den Einzug der Asylbewerber in eine neue Unterkunft zu verhindern. Die aggressiven Proteste, an denen sich rund 100 Menschen beteiligten, hatten bundesweit für großes Entsetzen gesorgt. Für Empörung sorgte auch das Verhalten der Polizei, die die verängstigten Flüchtlinge zum Teil mit Gewalt aus dem Bus holte.

Bei einem weiteren Vorfall in der Nacht zum Sonntag brannte im ostsächsischen Bautzen eine künftige Flüchtlingsunterkunft. Der Brand wurde von Umstehenden teilweise bejubelt, die Löscharbeiten der Feuerwehr wurden behindert.

Amnesty rügt Polizei

An den fremdenfeindlichen Protesten in Clausnitz waren nach Angaben der Parteivorsitzenden Frauke Petry auch Mitglieder der rechtspopulistischen AfD beteiligt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine unabhängige Untersuchung der Attacken auf die Flüchtlinge. Die Ereignisse müssten durch eine unabhängige Kontrollinstanz aufgeklärt werden, sagte die deutsche Generalsekretärin Selmin Çalışkan. Als nicht nachvollziehbar bezeichnete sie das Vorgehen der sächsischen Polizei, die aus Opfern Täter mache.

Nach Einschätzung der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung gehen die Ausschreitungen auf das Konto der sächsischen Politik. Sachsen sei ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn man politisch nichts gegen rechtsextreme Umtriebe unternimmt, sagte die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.

Experte: Sachsen verharmlost Rechtsextremismus

Auch nach Ansicht des Dresdner Politologen Dietrich Herrmann ist eine Verharmlosung des Rechtsextremismus in Sachsen ein Grund für die fremdenfeindlichen Krawalle in Clausnitz und Bautzen. Nach Einschätzung des Dresdner Politik-Experten Frank Richter gehen die häufigen fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Sachsen auch auf mangelnde Prävention zurück. Fremdenfeindlichkeit zeige sich an einigen Orten besonders deutlich, weil dort nicht entsprechend vorgebeugt werde und Widerstand geleistet werde, sagte der Direktor der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung am Dienstag im WDR.

Derweil wurde die sächsische Landesvertretung in Berlin mit Steinen attackiert. Ein Unbekannter habe am Montagabend gegen 21.20 Uhr auf diese Weise vier Fenster der Landesvertretung in der Brüderstraße im Stadtteil Mitte beschädigt. Der Mann sei noch vor Eintreffen der Polizei geflüchtet. Ob es einen Zusammenhang mit den ausländerfeindlichen Krawallen der zurückliegenden Tage in Clausnitz und Bautzen gibt, war nach Aussage einer Polizeisprecherin zunächst unklar. (epd/mig) Aktuell Politik

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