Euro © Alf Melin @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG
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"Populistisches Flüchtlingsbashing"

Nahles will integrationsunwilligen Flüchtlingen Leistungen kürzen

Ein Gastbeitrag von Andrea Nahles in der "FAZ" spaltet die Gemüter: Während die Arbeitsministerin integrationsunwilligen Flüchtlingen mit Leistungskürzungen droht, fordert die Opposition mehr Integrationskurse von der Regierung.

Dienstag, 02.02.2016, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.02.2016, 16:59 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat Flüchtlingen, die sich nicht integrieren lassen wollen, Leistungskürzungen angedroht. Wer in Deutschland Schutz suche und ein neues Leben beginnen wolle, müsse sich „an unsere Regeln und Werte halten“, schrieb die SPD-Politikerin in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Einen Anspruch auf leistungslose Unterstützung gebe es nicht. Oppositionspolitiker kritisierten den Vorstoß.

Nahles erklärte, wer Hilfe in Anspruch nehme, müsse „sein ganzes Können, seine Arbeitskraft und – wie alle anderen auch – sein eigenes Vermögen einbringen“. Aus ihrer Sicht solle die Unterstützung auch an die Teilnahme an Sprachkursen geknüpft werden. Sie habe ihr Ministerium beauftragt, in der Bundesregierung zügig die Abstimmung über ein Integrationsfördergesetz zu beginnen. Dieses solle bürokratische Hürden beseitigen und die notwendigen Mittel bereitstellen, die für die vielen Schritte der Integration erforderlich seien.

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Beck: Integration wird nicht gefördert

Der Grünen-Innenexperte Volker Beck kritisierte die Pläne von Nahles. „Die Bundesregierung sollte erst einmal allen Flüchtlingen die Teilnahme an den Integrationskursen ermöglichen“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst in Berlin. Bislang stelle die Regierung dafür bei weitem nicht genügend Mittel zur Verfügung.

Während des Asylverfahrens könnten nur Flüchtlinge aus den Ländern Syrien, Iran, Irak und Eritrea an den Kursen teilnehmen, erklärte Beck. Schutzsuchende aus Afghanistan und Somalia blieben außen vor, obwohl die allermeisten dauerhaft in Deutschland blieben. „Solange die Integrationsbereitschaft dieser vielen Menschen nicht gefördert wird, verbietet sich ein Herumschwafeln über neue Sanktionen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Er erklärte zudem, dass der Gesetzgeber unter Rot-Grün bereits die „Integrationskursteilnahme sanktionsbewehrt verpflichtend ausgestaltet“ habe.

Zimmermann: populistisches Flüchtlingsbashing

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Zimmermann, warf Nahles „populistisches Flüchtlingsbashing“ vor. „In der Bundesrepublik gibt es ein Recht auf Asyl. Das wird ‚leistungsunabhängig‘ gewährt“, sagte sie dem epd. Auch Zimmermann hob hervor, es würden zu wenige Sprachkurse angeboten. Diese müssten nach den Plänen der Bundesregierung von den Flüchtlingen auch selbst bezahlt werden, obwohl die Schutzsuchenden „nur Unterstützung bekommen, um gerade so ihr Existenzminimum abzudecken“, sagte die Linken-Politikerin.

Zudem kritisierte die Linken-Politikerin die Regelungen zur Arbeitserlaubnis von Flüchtlingen. „Die Zahl der Asylbewerber, die eine Arbeitserlaubnis beantragen, hat sich im letzten Jahr gegenüber 2014 vervierfacht. Das Problem der Flüchtlinge ist, dass sie in der Regel gar nicht arbeiten dürfen“, sagte Zimmermann. Gebraucht würden daher bessere Zugänge zum Arbeitsmarkt und leichtere Anerkennungen ausländischer Berufsabschlüsse. (epd/mig) Aktuell Politik

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  1. Lehrkraft sagt:

    Da haben Frau Nahles und Herr Beck mal wieder als Sprachrohr der Bildungsindustrie fungiert: beide fordern mehr Integrationskurse.

    Rot-Grün hat es geschafft, dass 25% der Arbeitnehmer prekär arbeiten und dass ein großer Teil der Gesellschaft praktisch entrechtet wurde. Die Lehrkräfte in Integrationskursen gehören auch dazu.

    Nun fordern beide wie selbstverständlich, dass sich die MigrantInnen „an unsere Regeln und Werte halten“. Welche Werte sollen das denn sein, Frau Nahles und Herr Beck? Entspricht es Ihrer Vorstellung, dass Leute im staatlichen Auftrag mit 800 € bei einem Vollzeitjob nach Hause gehen?
    Und dann stellen sie noch dreist die Erwartung auf, dass man Werte vermitteln soll?

    Wenn der SPD und den Grünen etwas an der Integration der MigrantInnen gelegen hätte, dann hätten sie für seriöse Arbeitsbedingungen gesorgt. Statt dessen haben sie ein marktradikales Modell geschaffen, das zu Einkommens- und später Altersarmut führen musste. Jetzt laufen die Lehrkräfte in Scharen weg, die Träger finden keine Lehrkräfte mehr.

    Das Projekt der Integrationskurse ist am Geiz des Bundesinnenministeriums gescheitert. Genauer gesagt an den Abgeordneten von CDU/CSU und SPD im Innenausschuss. Von beiden Parteien ist keine zukunftsweisende Integrationspolitik zu erwarten, da sie völlig überaltert sind. Vielleicht fusionieren beide Parteien irgendwann zu einer Seniorenpartei, aber mit den bildungspolitischen Belangen von jungen Migrantinnen sind sie überfordert.

    Das zuständige Bundesinnenministerium kommt nicht auf die Idee, endlich mal anständig zu bezahlen, sondern man senkt die Qualifikationsanforderungen. Solange die Bildungsindustrie und die Lehrbuchverlage gutes Geld verdienen ist es absolut egal, wer unterrichtet, Hauptsache es ist billig.

    Es wäre naiv zu glauben, dass man MigrantInnen in Integrationskursen wirklich eine Chance auf gesellschaftliche Teilhabe geben will. Wenn schon die Lehrkräfte so von den o.g. Parteien entwertet werden, welchen Wert können dann die TeilnehmerInnen der Kurse für die Parteien haben? Und dann erwartet Frau Nahles auch noch, dass man den Leuten „unsere Regeln und Werte“ vermitteln soll. Nein, statt „eurer“ Werte sollte man in den Integrationskursen lieber Werte wie sie soziale Gerechtigkeit und die Gleichheit der Menschen vermitteln.

  2. Matthias sagt:

    Es ist immer wieder erstaunlich, was die Linken von sich geben. Die Bundesregierung plant keinesfalls, dass Flüchtlinge den Integrationskurs selbst zahlen müssen. 10,- € monatliche Zuzahlung sind im Gespräch.

    Beck hingegen hat Recht, zumindest teilweise. Somalis und Afghanen kann man die Kurse durchaus öffnen, da die Somalis bleiben (Ausnahme DÜ) und die Afghanen zu großen Teilen. Er täuscht sich aber bei der sanktionsmöglichkeit bei nicht Teilnahmen am Integrationskurs. Die Vorschrift hierzu ist so weichgespült, dass es faktisch nicht dazu kommt, irgendwen zu sanktionieren.