Streit um Verteilung
Kommunen fordern Finanzhilfe für Aufnahme junger Flüchtlinge
Die von der Bundesregierung beschlossene Verteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auf alle Bundesländer wird kontrovers diskutiert: Pro Asyl lehnt Pläne zur Verteilung ab, AWO vermisst Standards zur Betreuung, die Gemeinden fordern mehr Geld.
Freitag, 17.07.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 20.07.2015, 20:27 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat Pläne von Bund und Ländern zur gleichmäßigeren Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge kritisiert. „Wir sehen die Probleme einiger Großstädte“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer, Bernd Mesovic, der Mitteldeutschen Zeitung. Die großflächige Verteilung werde aber sehr viel mehr Probleme bringen als lösen. Die Arbeiterwohlfahrt vermisst bindende Qualitätsstandards für die aufnehmenden Jugendämter. Der Städte- und Gemeindebund fordert von Bund und Ländern finanzielle Unterstützung für die neuen Aufgaben.
„In vielen Gegenden ist die Jugendhilfestruktur, die man bräuchte, nicht vorhanden und nicht in kurzer Zeit zu schaffen“, sagte Mesovic. „Das wird ein längerer Lernprozess auf dem Rücken der Menschen sein“, ergänzte er.
„Jetzt müssen schleunigst von den Ländern neue Kompetenzzentren geschaffen und die Kommunen unterstützt werden, eine entsprechende Infrastruktur aufzubauen“, erklärte der AWO-Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler. Er kritisierte, dass keine verbindlicheren Qualitätskriterien für Jugendämter in das Gesetz aufgenommen wurden: „Es müssen länderübergreifende Standards vereinbart werden, die Jugendämter erfüllen müssen, bevor sie Kinder und Jugendliche betreuen dürfen. Diese haben sich ausschließlich am Kindeswohl zu orientieren.“
Die von der Bundesregierung beschlossene Verteilung auf alle Bundesländer sei „im Ansatz richtig“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Donnerstag im WDR-Radio. Jetzt müssten die Jugendämter für diese Aufgabe ausgestattet werden, „und da geht es auch um Geld“.
Es reiche nicht, junge Flüchtlinge nur unterzubringen, betonte Landsberg. „Da muss Sprachförderung stattfinden, wir brauchen Dolmetscher, wir brauchen Kita- und Schulplätze, wir brauchen häufig eine psychologische Betreuung, da viele dieser Jugendlichen traumatisiert sind.“ Pro Jugendlichem rechnen die Kommunen nach seinen Worten jährlich mit Kosten von 50.000 Euro.
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine Aufnahmepflicht für minderjährige Flüchtlinge für alle Bundesländer vorsieht. Minderjährige, die unbegleitet nach Deutschland kommen, werden anders als Erwachsene nicht nach einem bestimmten Schlüssel auf die Länder verteilt.
Die Pläne sehen vor, dass alle Länder zumindest in einigen Kommunen Jugendämter und sonstige Strukturen für die Betreuung der Jugendlichen aufbauen. Das Gesetz soll am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Die Kosten für die Länder beziffert der Entwurf auf 1,3 Millionen Euro im Jahr. Teurer wird es demnach für die Städte und Gemeinden: Die Bundesregierung geht von Belastungen von insgesamt 6,5 Millionen Euro. (epd/mig) Aktuell Politik
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