Herero, Nama, Völkermord
Herero- und Nama-Delegierten in Berlin vor dem Sitz des Bundespräsidenten (Archivfoto)

Zwischen 1904 und 1908

Lammert bezeichnet Kolonialverbrechen in Namibia als Völkermord

Bundestagspräsident Lammert bezeichnet den Genozid deutscher Kolonialtruppen im heutigen Namibia erstmals als Völkermord. Wer vom Genozid an den Armeniern spreche, der müsse auch die Verbrechen des deutschen Militärs im Jahrzehnt davor beim Namen nennen.

Donnerstag, 09.07.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.07.2015, 10:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat den Vernichtungskrieg deutscher Kolonialtruppen vor über hundert Jahren im heutigen Namibia als Völkermord bezeichnet. „An den heutigen Maßstäben des Völkerrechts gemessen war die Niederschlagung des Herero-Aufstandes ein Völkermord“, schreibt Lammert in einem Beitrag für die Wochenzeitung Die Zeit. Zwischen 1904 und 1908 waren durch Gräueltaten deutscher Soldaten im damaligen Deutsch-Südwestafrika etwa 80 Prozent der Herero-Volksgruppe umgekommen. Am 9. Juli 1915 endete die deutsche Kolonialherrschaft über das Land.

Lammert betonte, wer vom Genozid an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich spreche, der müsse auch die Verbrechen des deutschen Militärs im Jahrzehnt davor beim Namen nennen. „Nicht nur den Kampfhandlungen, sondern auch Krankheiten und dem gezielten Morden durch Verdursten- und Verhungernlassen fielen Zehntausende Herero und Nama zum Opfer, andere starben in Konzentrationslagern oder bei der Zwangsarbeit.“

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Lammert hatte bereits im April das Massaker an den Armeniern als Völkermord verurteilt. Dennoch sei die heutige türkische Regierung nicht verantwortlich für das, was vor 100 Jahren geschehen ist. Das gelte auch für Deutschland. „Aber wie die Türken tragen auch wir Verantwortung dafür, wie wir mit dieser Geschichte umgehen“, fügte er hinzu.

Bisher bekennt sich die Bundesrepublik nicht offiziell zu einem Völkermord in Namibia. Lediglich die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hatte bei einer Gedenkfeier 2004 in Namibia erklärt: „Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute als Völkermord bezeichnet würde.“ Zugleich bat sie „im Sinne des gemeinsamen Vaterunser“ um Vergebung.

Opferverbände und Oppositionsparteien fordern seit Jahren eine offizielle Anerkennung des Genozids. Vor wenigen Tagen haben die Grünen einen entsprechenden Antrag im Bundestag gestellt. Eine Delegation führender Herero und Nama übergab dem Bundespräsidialamt einen Appell. Trotz Voranmeldung waren am Montag aber weder Bundespräsident Gauck noch das Bundespräsidialamt dazu bereit, die aus Berlins Partnerstadt Windhoek (Nam) stammenden Nachfahren der Genozidopfer zu empfangen. (epd/mig) Aktuell Politik

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