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Moscheekuppel © Islamwoche Berlin

Streit um CDU Papier

Unionspolitiker hätten gerne andere Muslime

Ein CDU-Thesenpapier über den Islam in Deutschland sorgt für Aufregung. Darin fordern Unionspolitiker weitreichende Änderungen. Das stößt auf Seiten der islamischen Religionsgemeinschaften auf Kritik. Eine Partei mit einem "C" im Namen, solle sich nicht in die muslimische Selbstorganisation einmischen.

Dienstag, 16.06.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 21.06.2015, 13:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

CDU-Politiker fordern mehr deutschsprachige Imame in Deutschland. „Es sollte selbstverständlich sein, dass in Moscheegemeinden auch deutsch gesprochen wird“, heißt es in einem am Montag von der Arbeitsgruppe CDU2017 veröffentlichten Papier. „Das vielfach praktizierte Modell des ‚Import-Imam‘, der aus dem Ausland geschickt und bezahlt wird und kaum deutsch spricht, ist ein Hindernis für gute Integration“, heißt es in dem Papier weiter.

In sechs Thesen macht die Gruppe der CDU-Politiker Vorschläge zum Dialog zwischen Staat und Muslimen in Deutschland. Sie spricht sich unter anderem für mehr Lehrstühle für islamische Theologie in Deutschland aus. Forschung und Lehre sollen demnach ausgebaut und mit „spürbar mehr Mitteln“ ausgestattet werden.

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Zudem spricht sich die Gruppe für die Errichtung einer bundesweit arbeitenden islamischen Akademie nach dem Vorbild der evangelischen und katholischen Akademien aus. Man wolle helfen, dass sich der Islam in Deutschland und Europa auch theologisch so organisiert, dass er Verhandlungs-, Vertrags- und Dialogpartner von Staat und Gesellschaft sein kann, hießt es.

Dabei verweist die Gruppe auch auf die in der Deutschen Islamkonferenz vertretenen Verbände, die nur eine Minderheit der in Deutschland lebenden Muslime repräsentiere. Die CDU2017 spricht sich dafür aus, auch wieder Einzelpersonen in das Gremium einzuladen. Zudem betont sie, vom Ausland finanzierte und organisierte Vereine und Gemeinden könnten nur Übergangslösungen sein.

Die Gruppe CDU2017 ist ein Zusammenschluss zumeist jüngerer Politiker der Partei. Ihr gehören unter anderem CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der Gesundheitspolitiker Jens Spahn, der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Günter Krings, und die Integrationsbeauftragte der Unions-Bundestagsfraktion, Cemile Giousouf, an.

Kritik im Netz

In den Sozialen Netzwerken stößt das CDU-Papier auf scharfe Kritik. Publizist Eren Güvercin etwa wirft der CDU vor, „weiter an einer Pseudo-Vertretung von Muslimen“ zu basteln. „Ziemlich dreist, was sie sich so erlauben…“, meint Güvercin. Ein anderer wirft der CDU vor, „sich ihren eigenen Dialogpartner“ zu schaffen.

Murat Kayman von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), die größte unter den islamischen Religionsgemeinschaften, hält den CDU-Vorstoß für einen Affront. „Wenn die Politik Partner sucht, um mit ihnen Religionsunterricht oder universitäre Lehre umzusetzen, hat sie sich an die Religionsgemeinschaften zu halten. Und nur an diese“, schreibt Kayman auf Facebook. Die Politik solle „sich gut überlegen, ob sie einen Rückzug der Religionsgemeinschaften“ forcieren will.

Verteidigt wird das CDU-Papier vom Integrationsbeauftragten der Unions-Bundestagsfraktion. Es wäre wünschenswert, wenn die „muslimischen Verbände“ an ihrer Zukunftsfähigkeit arbeiten, entgegnet Giousouf der Kritik im Netz. Die muslimischen Verbände müssten „Diversität in der Koranexegese – wie sie seit der Gründung des Islam vorherrscht“ zulassen und sie diskutieren, Jugendsozialarbeit machen und auch gesellschaftspolitische Fragen diskutieren, so die CDU Politikerin.

Güvercin wiederum empfindet die Neigung politischer Parteien, in die muslimische Selbstorganisation einzuwirken, als „Dreist“. „Gerade einer Partei mit dem C im Namen passt das nicht wirklich. Noch erstaunlicher ist, dass Politiker über Koranexegese philosophieren und den Moscheegemeinden die theologische Kompetenz absprechen. Das riecht eher nach einer politischen Theologie“, so Güvercin. (epd/mig) Leitartikel Politik

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  1. DeutscheMuslimin sagt:

    Ich bin sonst kein Freund der CDU, aber in dem Fall hat sie meine volle Zustimmung. Wir brauchen unbedingt deutsche Islamverbände, die nicht aus dem Ausland finanziert oder beeinflusst werden, sondern unabhängig davon sind. Und wir benötigen dringend Imame, die 1. auf deutsch predigen und 2. die hierzulande ausgebildet wurden.
    Eine gemeinsame Sprache vereint Muslime egal welcher Herkunft und bietet auch „biodeutschen“ Konvertiten (also ohne Migrationshintergrund) die Möglichkeit z.B. am Freitagsgebet teilzunehmen. Letztere werden nämlich zur Zeit von der Gemeinschaft oftmals ausgeschlossen.

    Es war zu erwarten, dass Verbände wie DITIB & Co. mal wieder keine Kritik vertragen und daraufhin dementsprechend reagieren, dass haben sie noch nie. Deswegen ändert sich dort auch nie was – leider !

  2. karakal sagt:

    Es ist tatsächlich eine Dreistigkeit, daß Vertreter des Staates, die den Muslimen gegenüber für ihn eine zu wahrende Neutralität beanspruchen und mit dieser bspw. für das Kopftuchverbot argumentieren, sich andererseits in die inneren Angelegenheiten der Muslime einmischen und versuchen, ihnen vorzuschreiben, wie sie ihre Religion zu verstehen haben – ganz abgesehen von deren organisatorischen Angelegenheiten.
    Stattdessen sollte der bundesdeutsche Staat sich lieber darum bemühen, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Muslime auf eine Auslandsfinanzierung verzichten können. Soweit mir bekannt, liegt es vor allem daran, daß der Staat religiöse Stiftungen der Muslime bisher nicht anerkennt und bei Belieben – unter den fadenscheinigsten Begründungen – auflösen und deren Vermögen einkassieren kann.
    Die von der türkischen Religionsbehörde (DITIB) geleiteten Moscheen sind für nichttürkische und auch für türkische Muslime, die nicht dieser Organisation folgen, unattraktiv, und sie beten dort meist nur, wenn es keine Alternative gibt. Einige, insbesondere arabische Moscheen, bieten heute schon zumindest eine Übersetzung der Freitagspredigt ins Deutsche simultan, nach der auf Arabisch gehaltenen oder als zweiten Teil der eigentlichen Predigt, weswegen dorthin meist auch Nichtaraber kommen, die über keine eigene Moschee für ihre jeweilige Nationalität verfügen. Mehr kann man derzeit eigentlich nicht verlangen, und die Deutschsprachigkeit wird im Laufe der Zeit mit dem Generationenwechsel immer mehr zunehmen. Man sollte das nicht auf ungeschickte Weise forcieren wollen, wie manche Politiker das in ihren überzogenen Forderungen tun.
    Völlig inakzeptabel ist es, wenn solche Politiker oder andere Nichtmuslime es sich anmaßen, den Koran zu interpretieren, wozu sie in keiner Weise qualifiziert sind, um dann den Muslimen – wie gesagt – vorschreiben zu wollen, wie sie ihre Religion zu verstehen haben. Leider gibt es einige Personen mit muslimischen Namen, die dieses üble Spiel mitmachen und so den irreführenden Eindruck erwecken, die Muslime seien damit einverstanden.

  3. Magistrat sagt:

    @DeutscheMuslimin

    Liebe Schwester, salam aleikum. Ich glaube, du hältst zu viel von der CDU, wenn du dir von ihr eine tatsächliche Verbesserung für die (deutschsprachigen) Muslime erhoffst. Es ist nicht die Aufgabe der CDU (Das „C“ steht für was) den Muslimen vorzuschreiben, wie sie ihren Glauben zu verstehen haben und sich eigene Ansprechpartner in Form des neuen dubiosen KRM zu schaffen. Das ist eine staatliche Einmischung in innerislamische Debatten, die sich – wenn man das Neutralitätsgebot richtig verstehen würde – eindeutig verbietet.

    Ich verstehe vollkommen, wenn du gerne deutschsprechende Imame hättest. Aber 1.) schaffen das wir Muslime schon selbst, es gibt bereits sehr viele Imame, die Deutsch sprechen (s. nur München). 2.) Verstehe ich nicht, was an der Finanzierung das Problem ist: Muslimische Verbände haben nunmal keine Steuerhoheit, da sie nicht als öffentliche-rechtl. Körperschaft anerkannt sind. Seitens des Staates ist auch kaum finanzielle Unterstützung zu erwarten. Wenn es die ausländischen Sponsoren nicht gegeben hätte, gäbe es heute viele ansehliche Moscheen gar nicht. Vielleicht sollte man mal etwas dankbar zurückblicken darauf, was die Muslime in DE trotz vieler Hindernisse geleistet haben (insb. die CDU tut sich rühmlichst hervor, wenn es um die Behinderung von Moscheevorhaben und sonstigen islamische Initiativen geht). Es waren auch sehr, sehr viele deutschsprachige Muslime, die das alles geschafft haben, ohne pseudo-Unterstützung von der CDU.

    Es ist doch traurig, wenn man sich von einer Partei Erlösung erhofft, die einem am meisten versucht, Steine in den Weg zu legen und regelmäßig in öffentlichen Debatten gegen den Islam als ihren „Feind“ wettert (andersherum ist das übrigens kaum der Fall, Muslime betrachten Christen nicht als ihre Feinde oder als „Konkurrenz“, sondern schätzen sie als Schriftgläubige). Vielleicht solltest du dir mal zu Gemüte führen, was CDU-Politiker in vom Steuerzahler finanzierten Landesparlamenten über stinknormale kopftuchtragende Muslimas sagen. Ihnen haben wir auch in 6 Bundesländer höchst diskriminierende Anti-Kopftuchgesetze zu verdanken. Die CDU ist gegen Beschneidung, gegen das Schächten, gegen den Gebetsruf, gegen das Kopftuch, gegen islamischen Religionsunterricht – im Prinzip gegen alles, was Teil der muslimischen Glaubensausübung ist. Sie macht Wahlkampf auf dem Rücken von – in Deutschland kaum existenten, deshalb fiktiven – Burkaträgerinnen und bedient regelmäßig die niedrigsten Ressentiments gegen den Islam.

    Und du glaubst wirklich, liebe Schwester, dass „CDU2017“ dir helfen will, deine Freitagspredigten zu verstehen? Wahrscheinlich müssen die dann das CDU-Parteiprogramm predigen… Soweit kommt’s noch…

  4. Österreicher sagt:

    @Deutsche Muslim Es ist einfach total unsinnig zu glauben, man könne Menschen, die 1400 Jahre anderswo gelebt haben, zu „Deutschen“ machen.

  5. DeutscheMuslimin sagt:

    @Österreicher Ich habe den Eindruck, Sie haben vom Islam und von den Muslimen keine Ahnung, sondern nur Vorurteile.

    Meine Nationalität ist deutsch, meine Kultur ist deutsch, meine Religion ist der Islam. Man kann sehr wohl Deutsche und Muslimin sein, dass beißt sich keineswegs. Ebenso kann es einen deutschen Islam geben.

    Der Islam ist keine orientalische Religion, sondern eine Religion die aus dem sogenannten Orient kommt (genauso wie übrigens auch das Christen- und das Judentum), aber für jedermann da ist und in unterschiedlichen Kulturen gelebt werden kann. Das Christentum hat sich seinerzeit auch seinen Weg hierher gebannt, wird aber in den unterschiedlichen Ländern und Kulturen gelebt. Die islamisch geprägten Länder sind was Kultur und Tradition angeht ebenfalls nicht einheitlich, sondern unterscheiden sich, genauso wie es auch christliche Länder tun, voneinander.

    Außerdem: Viele Muslime hierzulande haben die deutsche Staatsangehörigkeit, leben in 2. oder 3. Generation hier, sind also hier geboren und sind bestens integriert. Die meisten von ihnen gehen hier zu Schule, haben studiert oder eine Ausbildung absolviert, gehen einer geregelten Arbeit nach, zahlen genauso Steuern wie auch Nichtmuslime, halten sich an die Gesetze, …. Sie sind also Deutsche auch wenn sie vielleicht türkische, bosnische, pakistanische, arabische, indonesische, iranische…. Wurzeln haben.

    Von ca. 4,5 Mio Muslime in Deutschland sind gerade mal 0,1 – 0,2 % Salafisten. Also diejenigen, die wie Sie es nennen, im Mittelalter verblieben sind.

    Der Islam hier in Deutschland muss sich noch entwickeln und seinen Weg finden. Es gibt z.B. mittlerweile einige Universitäten die islamische Theologie lehren. Ich denke, wir Muslime befinden uns auf einem guten Weg, sollten jedoch stets offen für Kritik sein und nicht gleich immer losschreien, sondern diese annehmen und darüber nachdenken.

  6. Gegenstimme sagt:

    @Deutsche Muslimin Die Tatsache, dass die Mehrheit der Europäer Sie in Ihrer Meinung so nicht bestätigen wird, sollte Ihnen zu denken geben. Es ist einfach nicht so simpel. Sie machen einen Mensch aus Palermo auch nicht zum „Deutschen“, auch nicht in 2. oder 3. Generation, nur weil er in Deutschland wohnt. Solche Prozesse dauern manchmal Jahrhunderte. Für mich ist es z.B. durchaus gewöhnungsbedürftig, dass es in Deutschland wieder eine „Unterschicht“ gibt. Das gab es zu meiner Kindheit nicht. Von Armut hat man auch nicht gesprochen. Faktischer Analphabetismus existierte höchstens noch im Ruhrpott. Und das Milieu, das heute im Allgemeinen auf deutschen Großstadtplätzen spaziert, hat mit dem bürgerlichen Deutschland der 60er, 70, er und 80er Jahre nichts mehr zu tun. All das ist uns bürgerlichen Biodeutschen völlig fremd. Das ist eine Parallelwelt.

    Das sollte Ihnen zu denken geben.

  7. Ahmetzade sagt:

    Ich bin selber muslimischen Glaubens und ich lasse mir von deutschen Politikern ganz bestimmt nicht vorschreiben, wie ich meinen Glauben auszuleben habe, wie ich meinen Moscheeverein finanziere oder woher ich den Imam bestelle. Also bitte.