Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit Teilnehmern der Veranstaltung © Emrullah Gümussoy
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) (Archiv) © Emrullah Gümussoy

Diversität im Auswärtigen Amt

Für viele neue Deutsche ist Vielfalt die Regel.

Mehrere hundert Deutsche mit Einwanderungsgeschichte waren zu Besuch beim Auswärtigen Amt, um sich über eine Karriere als Diplomat zu informieren. Konzeptionell unterstützt wurde die Aktion von Deutschlandstiftung Integration und DeutschPlus. MiGAZIN sprach mit ihnen über die Initiative und was sich noch tun muss.

Montag, 23.03.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.03.2015, 17:28 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte Besuch im Auswärtigen Amt: Rund 300 Deutsche mit Einwanderungsgeschichte kamen vergangene Woche in Berlin zusammen, um sich über eine Karriere als Diplomat zu informieren. „WeltweitWir – Diversität im Auswärtigen Amt“ lautete der Titel der ersten Veranstaltung dieser Art.

Steinmeier appellierte an die Teilnehmer: „Wir brauchen neugierige Leute, die sich in andere Kulturen einfühlen können. Der Auswärtige Dienst muss die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Die Türen des Auswärtigen Amtes stehe weit offen für jeden und jede der die Qualifikationen erfüllt. Es ist und bleibt ein schwieriges Auswahlverfahren und die Bewerberzahlen sind hoch. Aber jeder hat eine faire Chance.“

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MiGAZIN sprach mit Ferry Pausch, Geschäftsführer der Deutschlandstiftung Integration und Farhad Dilmaghani, Vorsitzender von Kooperationspartner DeutschPlus e.V., die das Auswärtige Amt konzeptionell unterstützt haben.

MiGAZIN: Ein Ministerium bittet Grasrootorganisationen um Hilfe. Was können sie besser? 

Ferry Pausch: Wir als Deutschlandstiftung Integration sind seit 2008 im engen Austausch mit jungen Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Seit 2012 nehmen wir jährlich 150 junge Talente in das Stipendienprogramm GEH DEINEN WEG (GDW) auf und diskutieren mit ihnen über die verschiedensten Aspekte der Integration. Dank unserer GDW – StipendiatInnen kennen wir die Potenziale, die Einwanderer mitbringen; aber auch die Diskriminierung, die sie in Deutschland erfahren.

Was sind die größten Karrierehindernisse für junge Leute mit Einwanderungsgeschichte beim Auswärtigen Amt?

Farhad Dilmaghani: Grundsätzlich hat das Auswärtige Amt hohe Anforderungen an die Bewerber. Unabhängig von der Herkunft. Als DeutschPlus haben wir den Eindruck, dass das Auswahlverfahren vor allem auf Menschen ohne Einwanderungsgeschichte ausgerichtet ist. Das hat sicherlich etwas mit der Historie des Verfahrens zu tun.

Ferry Pausch: Ich halte es für ein sehr gutes Zeichen, dass das Auswärtige Amt jetzt bewusst bei Talenten mit Einwanderungsgeschichte um Nachwuchs wirbt. Beim Wettbewerb um die besten Köpfe darf es eben keine Schranken im Kopf geben.

Inwiefern ist Zuwanderungsgeschichte ein Vorteil für eine Karriere im Auswärtigen Amt?

Ferry Pausch: Für die Arbeit beim Auswärtigen Amt ist es unabdingbar sich für andere Kulturkreise zu interessieren, um mit Empathie und Fingerspitzengefühl seine Arbeit zu machen.

Farhad Dilmaghani: Absolut! Hier sind Bewerber mit einer eigenen Einwanderungsgeschichte oftmals im Vorteil, weil sie frühzeitig gelernt haben mehrere Perspektiven von Anfang mitzudenken. Das ist zwar keine exklusive Kompetenz von Einwandererkindern, aber schon deutlich erkennbar, dass es einen anderen Zugang zu Vielfalt gibt. Für viele neue Deutsche ist Vielfalt die Regel. Und, Sie wünschen sich für die Zukunft eine plurale Einwanderungsgesellschaft mit echter Chancengleichheit. Darum ist diese Initiative von Minister Steinmeier auch so wichtig. Er hat deutlich gemacht, dass die neuen Deutschen selbstverständlich dazu gehören, gewollt sind und gebraucht werden.

Welche Strategie schlagen Sie vor? Wie kann man Staatsdienst und Einwanderer zueinander führen?

Ferry Pausch: Unsere Erfahrung ist, dass Vorbilder eine enorme Wirkung erzeugen können. Ich würde mich deshalb sehr freuen, wenn es bald eine Botschafterin mit dem Namen Felusika oder einen Botschafter mit dem Namen Sügür gäbe. Das regt zur Nachahmung an und würde viel Aufmerksamkeit für das Berufsbild „Auswärtiger Dienst“ erzeugen.

Farhad Dilmaghani: Unbestritten ist das Auswärtige Amt der Vorreiter. Nichtsdestotrotz stehen wir bei dem Prozess in Deutschland auf der Ebene der Bundesministerien erst am Anfang. Bei den Staatssekretären, den Abteilungsleitern, den Unterabteilungsleitern, den Referatsleitern liegt der Anteil derjenigen mit Zuwanderungsgeschichte vermutlich bei unter zwei Prozent. Wir sind davon überzeugt, dass jenseits des guten Aufschlags des Auswärtigen Amtes die Bundesregierung insgesamt beim Thema Vielfalt im Öffentlichen Dienst noch einen Zahn zulegen muss. Eine transparente und nachvollziehbare Strategie, wie sich der Anteil erhöhen lässt, wäre wünschenswert. Am besten mit einem Zielkorridor, der sich regelmäßig überprüfen lässt.

Wo können Sie mit Ihren Organisationen mithelfen?

Ferry Pausch: Es geht immer darum, Gelegenheiten zum Austausch zu schaffen, das gegenseitige Kennenlernen zu ermöglichen und Netzwerke herzustellen. Wir bemühen uns täglich darum, unseren GEH DEINEN WEG-Stipendiaten den Zugang zu Menschen aus den verschiedensten Bereichen zu ermöglichen. Dazu gehört der Auswärtige Dienst, wie die Forschung, wie das Bankengeschäft oder die Verbandsarbeit.

Unser GEH DEINEN WEG-Stipendiat Akilnathan Logeswaran zum Beispiel, einer der Teilnehmer von der Konferenz „WeltweitWir“ sagte zu mir, dass er sich eine Karriere im Auswärtigen Amt sehr gut vorstellen kann und froh ist, dass wir ihm die Gelegenheit eines direkten Kennenlernens bieten können.

Farhad Dilmaghani: Als DeutschPlus werden wir mittlerweile sehr oft angefragt, wie auch beim Auswärtigem Amt, unsere Kompetenz einzubringen bei der Kommunikation mit der Zielgruppe und unserem Know-how beim Thema interkulturelle Öffnung. Wir suchen ganz bewusst den Dialog mit der eigenen Community, aber auch mit denen, die offen sind für die Erkenntnis, dass man eine Einwanderungsgesellschaft in Deutschland miteinander gestalten kann. Das ist manchmal anstrengend, aber auch sehr schön zu sehen: wie falsche Bilder im Kopf sich schnell auflösen, wenn man zusammenarbeitet. Aktuell Interview

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