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Sprachkurse für Flüchtlinge

Nach 100 Deutschstunden ist meist Feierabend

In vielen Bundesländern werden Flüchtlingen Sprachkurse angeboten. Das Angebot gleicht aber einem Flickenteppich. Und weil die Kurse nicht viel kosten dürfen, sind die Standards deutlich niedriger als bei den regulären Integrationskursen.

Von Anke Schwarzer Freitag, 20.03.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.03.2015, 17:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Vor Suleiman T. liegen Kopien und Notizpapiere. Es geht um Zahlen, Begrüßungsformeln und Uhrzeiten. Seit acht Monaten lebt der junge Syrer in einem engen Hamburger Flüchtlingscontainer. Ihm geht es ähnlich wie den anderen Teilnehmern aus Afghanistan, Eritrea, Somalia und dem Iran. Sie absolvieren 100 Stunden „Erstorientierung für Flüchtlinge“. Freiwillig und kostenlos. Bücher und Fahrtkosten müssen sie aber selbst bezahlen. Die Teilnehmer kommen gerne. Die Möglichkeit haben allerdings nur wenige: 300 Flüchtlingen im Jahr finanziert Hamburg diese Schulung – und veranschlagt dafür rund 88.000 Euro.

Mariam A. aus dem Iran spricht gut Englisch und ein wenig Deutsch. Ihrem Nachbarn hilft sie beim Übersetzen. Youssef K. ist Ingenieur, seine junge Familie hat er im Iran zurückgelassen. „Wenn ich wüsste, dass ich in Deutschland bleiben kann, hätte ich schon längst besser Deutsch gelernt“, sagt der 24-Jährige. Da er aber über Bulgarien in die EU eingereist ist, werden ihn die Behörden aufgrund der Dublin-Verordnung wahrscheinlich dorthin zurückschicken. Seine Duldung wird immer wieder verlängert, aber nur für zwei Monate. Damit ist für ihn nach den 100 Unterrichtsstunden Schluss.

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Viele warten Jahre auf eine Entscheidung

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Nur wer eine Duldung oder eine Aufenthaltsgestattung von mindestens sechs Monaten hat, kann dann, kostenlos, weitere 300 Stunden Deutschunterricht besuchen. Hamburg zählt zu den wenigen Ländern, die ähnlich wie Bayern und Schleswig-Holstein, bis zu 400 Stunden Deutschunterricht für Geduldete anbieten. Schon seit 2013 fordern die Länder den Bund auf, auch für diese Gruppe von über 200.000 Menschen Integrationskurse anzubieten – noch ohne Erfolg.

Bislang sind sie von den geförderten 600 Deutschstunden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ausgeschlossen. Bis eine Entscheidung über ihr Bleiberecht gefällt ist, leben aber viele von ihnen oft jahrelang mit diesem prekären Status. Während ihre Kinder in der Schule Deutsch lernen können, haben Erwachsene kaum Möglichkeiten, einen Sprachkurs zu besuchen. Das führe zu sozialer Isolation und erschwere den Kontakt mit Behörden und Ärzten, argumentieren die Länder.

Experten rügen Flickenteppich

Einige von ihnen bieten mittlerweile Deutschkurse für Asylbewerber an – länderfinanziert und zum Teil mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds aufgestockt – eine freiwillige Leistung, die meist an die Integrationskurse angekoppelt ist.

Die Angebote gleichen aber einem Flickenteppich, rügen Experten. In Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Nordrhein-Westfalen werden keine freiwilligen Kurse angeboten. In Bayern dagegen haben im Modellprogramm „Deutsch lernen und Erstorientierung“ für Asylbewerber seit 2013 über 3.600 Flüchtlinge teilgenommen.

Ohne Ehrenamt wären Deutschkurse kaum möglich

Auch Pro Asyl bemängelt die Lage. „Insgesamt sind für Flüchtlinge die Standards niedriger als für andere Migrantengruppen, so auch im Bereich der Sprachkurse“, sagt Marei Pelzer, rechtspolitische Sprecherin bei Pro Asyl. Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wären an vielen Orten überhaupt keine Deutschkurse möglich.

Immerhin werden diese Hilfen vermehrt von den Ländern und Kommunen unterstützt. Nordrhein-Westfalen zahlt nach Auskunft des Integrationsministeriums dieses Jahr eine Million Euro für „niedrigschwellige Unterstützung“ etwa für Sprachpaten oder die Anleitung von Spielgruppen für Flüchtlingskinder in den Kommunen. Auch Bayern fördert ehrenamtliche Deutschkurse für Asylbewerber mit Aufwandspauschalen von 500 Euro.

Überfüllte Übergangsklassen für Flüchtlinge

Denn die Kinder von Flüchtlingen befinden sich ebenfalls in einer schwierigen Situation. In den Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es meist gar keine Schulangebote. Werden die Familien dann umverteilt, gebe es mitunter erhebliche Verzögerungen bei der Einschulung, berichtet Pro Asyl. Übergangsklassen für Flüchtlinge seien überfüllt, Lehrkräfte überfordert, normale Schulklassen nicht für die Aufnahme von Kindern ohne Deutschkenntnisse gerüstet, klagen Lehrer und Gewerkschaften.

Besonders heikel ist es laut Pro Asyl für Jugendliche zwischen 15 bis 18 Jahren, für die in manchen Bundesländern keine Schulpflicht mehr gilt. In Bayern werde diese Gruppe in die Berufsschulen integriert, auch wenn sie keinen Ausbildungsplatz haben, hebt Pro Asyl positiv hervor. Doch die Kapazitäten reichten bei weitem nicht aus. (epd/mig) Leitartikel Politik

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