Staatsrechtler
Islamgesetz Österreichs kein Vorbild für Deutschland
Das neue Islamgesetz in Österreich kann nach Expertenmeinung kein Vorbild für Deutschland sein. Das Gesetz stehe geradezu in der Tradition des absolutistischen Obrigkeitsstaates und deshalb unvereinbar mit der deutschen Verfassung.
Freitag, 06.03.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 08.03.2015, 13:52 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das neue Islamgesetz in Österreich ist nach Ansicht des Staatsrechtlers Hans Michael Heinig kein Vorbild für die Bundesrepublik. In Deutschland stünde es um die Einbeziehung des Islam in die Rechtsordnung gar nicht so schlecht, bilanziert Heinig in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Im Zusammenwirken mit den Moscheegemeinden und deren Verbänden sei islamischer Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und Lehrstühle für islamische Theologie eingerichtet worden. Ein erste muslimische Gemeinschaft sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt und zu Einzelfragen gebe es etwa in den Bundesländern Bremen und Hamburg vertragliche Vereinbarungen.
Eine Übernahme des österreichischen Islamgesetzes in Deutschland biete keine Vorteile, argumentiert der in Göttingen lehrende Staatsrechtler. Heinig widerspricht damit Politikern und einzelnen Islamvertretern, die eine Übernahme der Novelle des Nachbarlandes befürworten. Bestehende Probleme, wie die unbefriedigende Selbstorganisation der Muslime, ließen sich dadurch nicht lösen. Kritisch wertet der Jurist auch die Bestimmung im österreichischen Islamgesetz, mit der die Abhängigkeit islamischer Gemeinschaften von ausländischen Geldgebern begrenzt werden soll. Dabei handele es sich um „symbolische Gesetzgebung“, die bestehende Probleme nicht löse. Spenden aus der arabischen Welt für orthodoxe und extremistische Gruppierungen blieben weiter möglich, wendet Heinig ein.
Die Abgeordnetenkammer in Wien hatte Ende Februar eine Neufassung des Islamgesetzes verabschiedet, das unter anderem Ansprüche auf Seelsorge beim Bundesheer, in Strafanstalten und Krankenhäusern sowie eine islamisch-theologische Ausbildung an der Universität und gesetzliche Feiertage regelt. Die anerkannten islamischen Religionsgemeinschaften erhalten den Körperschaftsstatus. Die islamischen Glaubensgemeinschaften werden im Gegenzug etwa dazu verpflichtet, extremistische Imame zu entlassen. Zudem werden die Religionsgemeinschaften verpflichtet, ihre Lehre und wesentlichen Glaubensquellen wie den Koran in deutscher Sprache darzustellen.
Mit Detailvorgaben für die innere Organisation islamischer Religionsgemeinschaften stehe dieses Islamgesetz geradezu in der Tradition des absolutistischen Obrigkeitsstaates, kritisiert Heinig, der auch das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland leitet: „Mit dem deutschen Grundgesetz wären diese Regeln aus dem österreichischen Islamgesetz ganz sicher nicht vereinbar.“ (epd/mig) Aktuell Politik
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