Etel Adnan

Würde ich nur malen, wären meine Bilder anders.

Mit der Ausstellung "Berge schreiben" stellt das Museum der Moderne Salzburg das Werk der international renommierten Künstlerin und Schriftstellerin Etel Adnan erstmals umfassend vor. Delia Friess hat die heute fast 90-Jährige porträtiert.

Von Freitag, 20.02.2015, 8:19 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 06.08.2015, 14:31 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Das Museum der Moderne in Salzburg zeigt mit der Ausstellung Etel Adnan. Berge schreiben noch bis zum 8. März 2015 das Werk der libanesischen Malerin, Schriftstellerin, Wissenschaftlerin und Journalistin Etel Adnan. Abstrakte Landschaften, kräftige Farben und Farbflächenmalerei zeichnen die Öl-Bilder von Adnan aus. Das Motiv ist oft der Mount Tamalpais in Sausalito, Kalifornien, auf den die Künstlerin von ihrem Fenster aus blicken konnte.

„Würde ich nur malen, dann wären meine Bilder sicherlich anders. Vielleicht politischer wie es Picasso mit seiner Kunst war. Bei mir fließen alle Trauer und Gedanken über die Welt in meine Texte ein. In meinen Bildern dagegen bin ich frei davon. Da geht es um das, was ich liebe, inspiriert durch alles, was möglich ist. Die Welt ist wunderschön. Lebendig zu sein, ist wunderschön“, sagt die fast 90-Jährige über ihre Kunst.

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In Kalifornien unterrichtete Etel Adnan bereits Kunstphilosophie. Die Künstlerin ist breitgefächert, ihr Werk besteht aus Theaterstücken, Lyrik, Romanen, Essays, Videokunst, Teppichen, Malerei und Zeichnungen. Auch das französische Libretto des Mammut-Opernprojekts des Regisseurs Robert Wilson, „The CIVIL warS“, stammt aus ihrer Feder. 2012 widmete die documenta 13 der Künstlerin einen Raum und machte sie damit einem breiteren Publikum bekannt. Ihre Literatur ist eine pazifistische Mahnung, denn ihre Texte entstanden auch unter dem Eindruck des libanesischen Bürgerkrieges.

Etel Adnan wird aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit oft als Mittlerin zwischen Kulturen bezeichnet. Ihre Literatur ist auch ein besonders prägnantes Beispiel für die Hybridität von Kultur, ein Kulturbegriff, der insbesondere von dem postkolonialen Theoretiker Homi K. Bhabha in seinem Hauptwerk „Die Verortung der Kultur“ formuliert wurde. Bhabha geht nicht davon aus, dass Kulturen homogene und geschlossene Einheiten sind, sondern seit jeher eine Hybridisierung durch Austauschprozesse, die Bhabha „Verhandlungen“ nennt, stattfindet.

Etel Adnan ist Kosmopolitin. Bereits die Eltern waren Exilanten, die sich im Libanon niederließen. Die Tochter einer griechischen Christin aus Smyrna (heute Izmir) und eines syrischen Moslems wurde 1925 in Beirut geboren. Dort ging Adnan auf die französische Schule, zuhause sprach sie mit der Mutter Griechisch und Türkisch. Als junge Frau studierte sie mit einem Stipendium an der Pariser Sorbonne, später zog sie nach Kalifornien um Philosophie zu unterrichten. Die Mehrsprachigkeit Adnans spiegelt sich auch in ihrer Literatur wider: Sie schreibt auf Französisch und Englisch. Während des Algerienkrieges verweigerte sie sich der französischen Sprache, entdeckte das Arabische und begann zu malen.

Die großen Themen von Etel Adnan: Krieg, Gewalt, Fremdheit und Heimat und Feminismus. 1972, wenige Jahre vor Beginn des Bürgerkrieges, kehrte Adnan nach Beirut zurück und arbeitete als Journalistin. „Beirut war damals die mythische Stadt auf der Welt. Das Leben dort war wirklich aufregend. Aber es tat auch weh. Die Stadt war von einer jeder Beschreibung spottenden Komplexität“, schreibt Adnan über den brodelnde Libanon der 1970er Jahre. Ihre Rückkehr nach Beirut nach fünfzehn Jahren rief auch wiederstreitende Gefühle hervor: „[Ich] fühlte mich hier wie eine Fremde, wie exiliert aus dem bisherigen Exil“, schreibt sie in „Im Herzen des Herzen eines anderen Landes“, einer Sammlung von Textabschnitten mit wiederkehrenden Überschriften zu Themen und Erfahrungen aus vergangenen 30 Jahren.

Die politische Lage im Nahen Osten sei so beklemmend, dass man sich ihr unmöglich entziehen könne. Schreiben sei für sie ein Aufbegehren gegen Gewalt, sagt Adnan über die politische Dimension ihrer Literatur. Als Schriftstellerin wurde Adnan mit „Sitt Marie-Rose“ bekannt, einem Roman über den libanesischen Bürgerkrieg, der auf autobiographischen Erfahrungen beruht und einen eindringlichen und verstörenden Appell gegen den Krieg darstellt: „Gewalt steigt aus jedem Quadratmeter Boden, wie aus einem metallischen Wald. Die menschliche Vernunft erscheint in diesen Tagen wie ein Isolierkörper, eine ohnmächtige Kraft.“ Seitenweise erzählt Adnans poetische Sprache in „Sitt Marie-Rose“ vom Schrecken des Krieges. Und trotzdem betonte die Autorin mehrfach, dass keine Sprache dem Erlebten gerecht werde. Der Roman erzählt die Geschichte einer Christin, die im Krieg einige Palästinenser unterstützt und damit selbst zur Feindin wird. Ausgerechnet ihre Jugendliebe soll sie verurteilen. Im Roman fragt die Protagonistin: „Woher wisst ihr, dass die Wege der Wüste nicht ebenso zum Göttlichen führen, wie die Straßen eurer Städte?“

Die Themen des Romans sind heute aktueller denn je. „Von Frauen und Städten“ ist eine Briefsammlung mit Beobachtungen aus dreißig Jahren über die Situation von Frauen, aufgezeichnet auf einer europäisch-arabischen Reise. Aus medienkomparatistischer Perspektive ist Adnans Werk ebenfalls interessant: Seit 1964 malt und schreibt sie auf Leporellos die Lyrik von modernen arabischen Dichtern wie Badr Shakir al-Sayyab nieder. Auch in ihrem Gedichtband Jahreszeiten kombiniert die Künstlerin Schrift und Bild. Mittlerweile lebt Etel Adnan wieder in Paris und plant ein Projekt zum Thema Nacht. Aktuell Feuilleton

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