Interview mit Yung Ngo
(K)ein typisch deutscher Soldat
Der vietnamesischstämmige Schauspieler Yung Ngo spielt in dem TV-Doku-Drama "Eine mörderische Entscheidung" einen deutschen Bundeswehrsoldaten namens Gerd Schwab. Im Interview sprachen wir mit ihm über seine Rolle und: Wie sieht ein typisch deutscher Soldat eigentlich aus?
Von Lynn Femme Donnerstag, 19.02.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 11.04.2016, 16:05 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Lynn Femme: Sagen Sie uns kurz, wer Gerd Schwab ist, wie er lebt?
Yung Ngo: Er ist ein Mensch, der nicht viel von sich preisgibt. Außerdem hat die Bundeswehr ihm, genauso wie den anderen Soldaten, nicht gestattet, offizielle Interviews für den Film zu geben. Ich weiss nur, dass er irgendwo asiatische Wurzeln hat, aber ob es vietnamesische oder koreanische oder chinesische Wurzeln sind, keine Ahnung. Vielleicht ist Gerd Schwab noch nicht einmal sein richtiger Name.
Wie haben Sie es dann geschafft ihn glaubwürdig darzustellen?
Ngo: Der Regisseur, Raymond Ley, hat von Anfang an zu mir gesagt: Vergiss den echten Gerd Schwab. Das spielt keine Rolle. Behandel die Figur einfach wie jede andere auch. Also habe ich Gerd Schwab gespielt, als wäre er eine fiktive Person, nur mit dem Hintergrundwissen, dass es ihn wirklich gibt.
Eine mörderische Entscheidung ist ein TV-Doku-Drama aus dem Jahr 2013, das den Luftangriff bei Kunduz thematisiert. Bei dem Angriff starben mehr als hundert Menschen, unter ihnen viele unschuldige Passanten. Regie führte Raymond Ley.
Hätten Sie die Rolle bekommen, wenn Gerd Schwab wirklich eine fiktive Figur gewesen wäre?
Ngo: Nein, wahrscheinlich nicht. Naja, weil ich nicht aussehe, wie ein typisch deutscher Bundeswehrsoldat. Den stellt man sich anders vor. Ich selbst wäre auch nicht auf die Idee gekommen, mich für so eine Rolle zu bewerben.
Aber Sie haben ihn ja gespielt…
Ngo: Ja aber auch nur, weil es ihn wirklich gab.
Ist das nicht paradox, ein Widerspruch in sich? Schließlich existierte Gerd Schwab ja in Wirklichkeit, also gibt es offensichtlich deutsche Soldaten, die asiatisch aussehen.
Ngo: (lacht) Ja, ich finde es auch irgendwie seltsam. Im fiktiven Film muss die Herkunft erklärt werden, wenn es auf wahren Begebenheit beruht, dann nicht. Aber so ist das ja auch in der Realität. Wir haben zum Beispiel Politiker wie Philipp Rössler und seine Herkunft wird selten hinterfragt oder in Frage gestellt. Er ist einfach ein deutscher Politiker. In deutschen Filmen dagegen sieht man kaum Asiaten in solchen Rollen.
Yung Ngo ist ein deutscher Schauspieler mit vietnamesischen Wurzeln. Er studierte Schauspiel an der Film Acting School Köln und ist regelmäßig in deutschen Fernseh- und Kinofilmen zu sehen (u.a. „Alarm für Cobra 11“, „Danni Lowinski“, „Einstein“).
Yung Ngo ist ein deutscher Schauspieler mit vietnamesischen Wurzeln. Er studierte Schauspiel an der Film Acting School Köln und ist regelmäßig in deutschen Fernseh- und Kinofilmen zu sehen (u.a. „Alarm für Cobra 11“, „Danni Lowinski“, „Einstein“).
Und wie finden Sie das?
Ngo: Es ist natürlich schade, aber ich bin zuversichtlich, dass es sich zum Besseren ändern wird. Wir erleben bereits kleine aber feine Veränderungen. Es gibt eine neue Generation von Filmemachern und die Klischeerollen sind auch gar nicht mehr so klischeehaft. Sie sind vielschichtiger geworden und es verbergen sich echte Personen mit Tiefgang dahinter. Ich habe in den letzten Jahren sehr viele schöne Rollen gespielt, „auch wenn“ es asiatische Rollen waren.
Und wie war es am Set von „Eine mörderische Entscheidung“? War es unter Ihren Kollegen oder beim Regisseur ein Thema gewesen, dass Sie einen deutschen Soldaten namens Gerd Schwab spielen sollten?
Ngo: Nein, überhaupt nicht. Es war für alle eine Selbstverständlichkeit. Im Film selbst wird es auch nicht thematisiert. Da gibt es lediglich zwei kurze Stellen, in denen mich die anderen scherzhaft „Miss Saigon“ nennen. Ein Witz unter Kollegen.
Im Film werden Fragen gestellt: „Für was? Für welches Vaterland? Für welches neue deutsche Vaterland?“ Wie sieht es mit Ihnen aus? Für welches Vaterland würden Sie in den Krieg ziehen, für Deutschland oder für Vietnam?
Ngo: (lacht) Das ist fies. Das ist insofern eine fiese Frage, weil man sich automatisch gegen ein Land entscheidet, wenn man das andere wählt. Enthalten kann ich mich nicht oder?
Nein.
Ngo: Also ich sehe mich mehr als Deutscher, wenn die Frage darauf abzielt. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Meine Eltern kamen nach dem Ende des Vietnamkrieges mit dem Flugzeug per Familienzusammenführung nach Deutschland. Sie haben mich mit beiden Kulturen und Mentalitäten aufwachsen lassen, aber die deutsche Seite in mir überwiegt.
Haben Sie auch schon deutsche Rollen gespielt oder dafür vorgesprochen?
Ngo: Ja, meine allererste Rolle überhaupt hieß Anton und hatte nichts Asiatisches. Aber in der Regel sind meine Rollen asiatisch. Deutsche habe ich nur fünf- oder sechsmal insgesamt gespielt.
Wie sieht es aus mit dem Fake-Akzent? Werden Sie oft aufgefordert, so zu spielen, als könnten Sie kein Deutsch und wie reagieren Sie darauf?
Ngo: Ja ich muss sehr oft mit Akzent spielen. Ich lehne es nicht pauschal ab, so wie manche meiner Kollegen. Es muss zu der Figur passen und der Geschichte dienen. Ich variiere auch mit dem Akzent. Es kommt ja drauf an, woher die Person kommt, wie lange sie schon in Deutschland lebt, dann klingt das alles noch mal ganz anders.
Welche Person inspiriert Sie in der deutschen Filmwelt am meisten?
Ngo: Elyas M’barek. Am Anfang seiner Karriere hat er auch fast nur Klischeerollen gespielt und jetzt dreht er einen Film nach dem anderen, in denen er die Hauptrolle spielt und seine Herkunft unwichtig ist. Er ist ein großartiges Beispiel dafür, dass es funktioniert. Aktuell Feuilleton Interview
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Ich finde Migranten passen ganz gut zur Bundeswehr. Die ergänzen sich hervorragend!