Pegida
Durch Sachsen ein Riss
Pegida ist allgegenwärtig in Dresden. Sie ist nicht nur Thema bei Veranstaltungen, sondern macht sich zunehmend auch beim Tourismus bemerkbar. Selbst durch Familien, Gemeinden und quer durch die Staatsregierung geht ein Riss. Eine Momentaufnahme:
Von Katharina Rögner Mittwoch, 28.01.2015, 20:42 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 29.01.2015, 17:11 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Kaum eine Party oder Familienfeier vergeht dieser Tage in Dresden, ohne dass über „Pegida“ gesprochen wird. Die selbst ernannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ mischen die demokratische Gesellschaft seit einem Vierteljahr gehörig auf. Die Meinungen sind breit gefächert. In der Ursachenforschung für den regen Zulauf für „Pegida“ fallen Begriffe wie „DDR-Sozialisation“, „Eingabementalität“ und „Tal der Ahnungslosen“. Die Anhänger der Islamkritiker kontern mit „Ignoranz“, „Politikverdrossenheit“ und „Systemmedien“. Die sächsische Bürgergesellschaft ist gespalten.
Auch wenn sich bei der vorverlegten „Pegida“-Demonstration am vergangenen Sonntag weniger Menschen versammelten als zuvor, rechnet in Dresden derzeit kaum jemand damit, dass sich das Problem schnell von allein lösen wird. Ausländer haben inzwischen Angst und wollen weg aus der sächsischen Landeshauptstadt.
Folgen für Stadt unübersehbar
Sachsens evangelischer Landesbischof Jochen Bohl beklagt einen Riss, der durch Familien, Freundeskreise und sogar Kirchengemeinden gehe. Dass er damit Recht hat, belegt nicht zuletzt die Tatsache, dass auch Gemeindemitglieder an den „Pegida“-Kundgebungen teilnehmen, etwa der frühere Dresdner Superintendent Wilfried Weißflog. Weißflog will, „dass sich etwas ändert“.
Die Folgen für die Stadt sind schon jetzt unübersehbar: Die Tourismusexperten beklagen eine Abnahme an Buchungen, andere sorgen sich generell um den Ruf der Stadt, die sonst mit Barock, Kunst und Musik punktet. Beispiel Semperopernball: Dieser hat spontan sein Motto für diesen Freitag geändert. Aus „Dresden jubelt“ wurde nun zur zehnten Auflage der Ballnacht „Dresden jubelt und heißt die Welt willkommen“. Das Tanzfest findet drinnen und auch draußen vor der Oper statt, also genau auf dem Platz, wo sich die „Pegida“-Anhänger vorzugsweise an Montagen versammeln.
Pegida weiter widersprüchlich
Widersprüchlich bleiben die Forderungen von „Pegida“. Sprecherin Kathrin Oertel wird nicht müde zu erklären, man wolle eine Bürgerbewegung bleiben. Unklar ist, wie dann politische Forderungen umgesetzt werden sollen. Oertel ruft etwa zum Volksbegehren gegen die Polizeireform in Sachsen auf. Und sagt zugleich, dass sie von den „Politikversagern“ und „Presselügnern“ genug habe.
Genug haben Dresdner Künstler von fremdenfeindlichen Parolen der „Pegida“. Unter dem Motto „offen und bunt“ organisierten sie am vergangenen Montag vor der Frauenkirche ein Konzert für Weltoffenheit. Rund 22.000 Menschen kamen. Herbert Grönemeyer und BAP-Sänger Wolfgang Niedecken sangen ohne Gage und machten den Dresdnern Mut, sich gegen Intoleranz zu wehren.
Riss quer durch die Staatsregierung
Fast zeitgleich traf sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit zwei „Pegida“-Organisatoren und erntete dafür herbe Kritik. Überraschend verließ er den bisherigen Kurs der Landesregierung, mit den Spitzen des asyl- und islamkritischen Bündnisses nicht zu sprechen. Nach seinem Gespräch mit Oertel und Vorstandsmitglied Achim Exner forderte er im Anschluss neue Wege des Dialogs.
Wenig Verständnis für diesen Vorstoß zeigt der Koalitionspartner SPD. „Es ist ein denkbar schlechtes Signal an einem Tag, wo Tausende Menschen in Dresden für Weltoffenheit und Toleranz zusammenstehen“, sagt Dirk Panther, Vorsitzender der sächsischen SPD-Fraktion. Ein Treffen mit den Organisatoren sei da „nicht besonders hilfreich gewesen“.
Für andere, wie den Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im sächsischen Landtag, Volkmar Zschocke, steht nun fest: „Der Riss geht quer durch die Staatsregierung“. Nicht zuletzt habe Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) mit seiner Aussage, der Islam gehöre nicht zu Sachsen, dazu beigetragen. Die Koalition „vertieft den Graben, der derzeit durch die sächsische Gesellschaft geht“, sagt Zschocke. Aktuell Gesellschaft
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Was mich an vielen derartigen Beiträgen stört, ist der euphemistisch gebrauchte Ausdruck „Islamkritiker“ oder „islamkritisch“, wie hier für die Anhänger der Bürgerbewegung Pegida. Der deutsche Muslim und ehemalige Botschafter der BRD, Dr. Wilfried Murad Hofmann, ist ein anerkannter Ballettkritiker. Meine Wenigkeit jedoch würde als jemand, der sich in Sachen Ballett so gut wie nicht auskennt, es nicht wagen, sich „Ballettkritiker“ zu nennen. Die wenigsten Pegida-Anhänger haben überhaupt eine Ahnung davon, was der Islam wirklich ist, und zu „Muslim-Kritikern“ dürften sie auch nicht qualifiziert sein, da die wenigsten von ihnen jemals mit Muslimen ins Gespräch gekommen sind und ihre Informationen aus dem Zerrbild der Massenmedien und aus Vorurteilen bestehen.