Opfer rechter Gewalt

„Die haben uns nicht ernst genommen“

Opfer rechter Gewalt fühlen sich von der Polizei nicht ernst genommen. Mehr als die Hälfte von ihnen haben sogar den Eindruck, dass die Polizei kein Interesse an der Aufklärung hat. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Opferberatung Thüringen und der Uni Leipzig.

Montag, 26.01.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Opfer rechter Gewalt fühlen sich bei der Polizei nur selten gut aufgehoben. Viele fühlen sich von der Polizei nicht ernst genommen, haben das Gefühl, als Täter und nicht als Opfer behandelt zu werden, und sehen sich mit Vorurteilen seitens der Beamten konfrontiert. Mehr als die Hälfte hat zudem den Eindruck, die Polizei sei nicht an der Aufklärung der politischen Motive der Tat interessiert, sofern sie überhaupt kommt. Das sind Ergebnisse einer Studie der Opferberatung Thüringen (ezra), die gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Jena erstellt und vergangene Woche Dienstag in Leipzig vorgestellt wurde.

Danach informieren Beamte die Gewaltopfer nur in wenigen Fällen über alle ihnen zustehende Ansprüche und Rechte. Auch lange nach der Tat fühlen sich viele der Befragten eingeschüchtert oder ungerecht behandelt. Zudem ist knapp ein Drittel der Befragten im Alltag von häufigen Polizeikontrollen betroffen (sog. Racial Profiling).

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Viele Betroffene berichten der Studie zufolge auch Jahre nach dem Vorfall noch von psychischen und körperlichen Problemen. Die meisten Befragten fürchten, erneut zu Gewaltopfern zu werden. Sie versuchen, die Gewalterfahrung mit verschiedenen Methoden zu verarbeiten. Während manche ihre Fitness trainieren oder Gegenstände zur Selbstverteidigung mitführen, berichten viele von Vermeidungsverhalten: So wird der Tatort oder ihm ähnliche Orte oder ganz allgemein die Öffentlichkeit zu bestimmten Zeiträumen gemieden. Jeder Fünfte würde Thüringen am liebsten verlassen, das Vertrauen in Polizei und Gerichte ist geschmälert.

Download: Die Studie „Die haben uns nicht ernst genommen“ mit weiteren Ergebnissen kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

Angst vor rechter Gewalt verbreitet
Die Wissenschaftler erfragten zudem auch den Umgang des sozialen Umfelds der Betroffenen mit rechter Gewalt. Dabei ergab sich, dass jeder Dritte vom Umfeld für die Eskalation der Situation verantwortlich gemacht wird. Außerdem sind auch im Umfeld der Befragten Angst vor rechter Gewalt und entsprechende Vermeidungsstrategien weit verbreitet.

Die Studie beschäftigt sich aus der Opferperspektive mit Erfahrungen und Wahrnehmungen von Menschen in Thüringen, die von rechter Gewalt betroffen und in den Jahren 2010–2013 bei der Opferberatungsstelle ezra in Beratung waren. (bk) Leitartikel Politik Studien

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  2. H.P.Barkam sagt:

    Hier muss ich die Polizei aber mal wirklich in Schutz nehmen.
    Große Teile der Bundesdeutschen Poliezei nehmen nämlich geleichwohl große Teile der Deutschen Bürger nicht ernst, egal mit welchen Anliegen diese zu Ihnen kommen.
    Dies liegt an einer unglaublichen Unterbesetzung und schlechter Ausrüstung, aber nicht so sehr an den einzelnen PolizistInnen als individuelle Personen.
    Es sind die sich permanent verändernden gesellschaftlichen Gegebenheiten, die eine ständige Verbesserung der Institution Polizei dringend nötig machen.
    Dass dem in der seit Jahrzenten verfehlten Ausbildung, der teilweise falschen Personalauswahl und der schlechten politischen Führung der Polizei nicht Rechnung getragen wird, ist der eigentliche Skandal.

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