Islamforscher Uçar

Pariser Terrorakte haben theologischen Unterbau

Muslime sollen nach Überzeugung des Osnabrücker Islamforschers Bülent Uçar aufhören, auf Terrorakte mit Distanzierungen und "Betroffenheitsrhetorik" zu reagieren. Es sei nicht damit getan, darauf zu beharren, der Islam sei nicht gewalttätig.

Von Martina Schwager Donnerstag, 15.01.2015, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 16.01.2015, 1:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Osnabrücker Islamforscher Bülent Uçar hat die Muslime davor gewarnt, auf Terrorakte wie in Paris ausschließlich mit Distanzierungen und „Betroffenheitsrhetorik“ zu reagieren. Sie sollten sich damit auseinandersetzen, dass Gewalt ein Teil der islamischen Tradition sei, sagte er am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst . Es sei nicht damit getan, darauf zu beharren, der Islam sei nicht gewalttätig. Die öffentliche Distanzierung sei zwar wichtig, ergänzte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Uni Osnabrück. „Mit einer einfachen Verurteilung solcher verabscheuungswürdigen Taten kommen zumindest wir Theologen aber nicht weiter.“

Gewalt im Namen des Islam sei nicht ausschließlich eine Erscheinung der Moderne, sagte Uçar. Auch innerhalb der islamischen Tradition gebe es Argumentationsstränge, die Gewalttaten legitimierten. Der Terrorismus im Namen des Islam habe durchaus einen „ideologischen Unterbau und eine theologische Begründung“. Damit müssten sich Theologen und Religionspädagogen auseinandersetzen. Gleichzeitig sollten sie dem einen europäisch geprägten Islam entgegensetzen, der sich an Demokratie und Menschenrechten orientiere und den Dialog mit Juden und Christen suche, erläuterte der Wissenschaftler. „Wir Muslime müssen uns diesen radikalen Ausprägungen auch deshalb stellen, weil wir uns nur dann glaubwürdig von ihnen distanzieren können.“

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Für eine Entwicklung eines europäischen Islam
Uçar plädierte dafür, der Entwicklung eines europäischen Islam Zeit einzuräumen. In Deutschland befinde sich die islamische Theologie mit der Einrichtung von Studiengängen und Instituten gerade erst im Aufbau. Zudem lasse sich eine Religion nicht von oben herab reformieren. Dennoch seien gerade jetzt die Gelehrten aufgefordert, sich mit öffentlichen Beiträgen Gehör zu verschaffen, sagte der Islamforscher. „In zweiter Linie haben die Anschläge von Paris die europäischen Muslime getroffen. Die Gewalttaten sind Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten und der Islamfeinde.“

Ein europäisch geprägter Islam müsse problematische Ansätze innerhalb der Tradition weiterdenken, verlangte Uçar. Dazu gehören nach seinen Worten etwa der Umgang mit religiösen Minderheiten und die Gleichberechtigung der Geschlechter. Alle Neuerungen müssten aber theologisch fundiert sein und nicht einer gerade vorherrschenden politische Korrektheit folgen. Die Auslegungen des Koran und anderer religiöser Quellen seien immer an die jeweilige Zeit und den jeweiligen Ort gebunden. „So wie der Islam Europa prägt, prägt Europa auch den Islam“, ergänzte der Institutsdirektor. Eine Koran-Interpretation sollte immer die Tradition wie auch die Lebenswirklichkeit der Menschen einbeziehen. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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  2. delice sagt:

    Gibt es ein Europäisches Christentum? Gibt es ein asiatisches Christentum? Gibt es ein amerikanisches Christentum, oder ein Südamerikanisches Christentum ? Aha, werden wir also jetzt einen Europäischen Islam bekommen ? Gibt es eigentlich ein Europäisches Judentum ? Wer so denkt, irrt gewaltig !

    Bei der sog. Pedigia-Bewegung ist es ja faszinierend zu sehen, wie sich ein gesättigtes Bildungsbürgertum selbst Angst macht. Es postuliert ein Europäisches Volk mit christlich-jüdischen Wurzeln. Eigentlich ein Aberwitz sondergleichen, trotz besseren Wissens! Nur welches Europäische Volk meint es da nur? Die Vorfahren vieler Menschen kommen aus dem östlichen Raum Asiens und sind mit der Völkerwanderung vom westlichen Raum Asiens eingewandert. Fanden auch viel Raum, weil die angenommene ursprüngliche Bevölkerung immer wieder dezimiert wurde, z.B. durch unzählige Krankheiten, wie verschiedene Seuchen dahingerafft wurden, durch Raub und andere unzählige Kriege, eines dieser hieß 30-jähriger Religionskrieg, davor noch gab es die Inquisition aus Spanien, dass in Deutschn Landen am heftigsten gewütet hatte! Daneben gab auch noch mindestens zwei Weltkriege, zuletzt noch im 20. Jahrhundert den Balkankrieg in Ex-Jugoslawien, das von diesem sog. Europa aus ging.

    Die Ungarn, Avaren, Bulgaren und viele andere Völker „Europas” sind da nur ein gutes Beispiel dafür, dass man nur falsch denken kann, zumal es einen Kontinent namens „Europa” es so nie gab! Es wurde nur von den Alten Griechen erfunden, um sich gegen andere Völker dieser Zeit abzuheben und sich so ein noch fehlndes Gemeinschaftsgefühl zu geben, und damit galt es nur für den Ägäischen Raum (teil des östlichen Mittelmeers).

    Das heutige „Europa” ist nur ein absurdes intellektuelles Konstrukt, und krudes dazu! Höchstens ist es doch nur eine westliche Region von Asien, dass man als West-Asien bezeichnen könnte. Und selbst dieser Name „Europa” kommt ebenso aus dem Orient, denn war sie doch eine pönikische Prinzessin (heutiges Libanon), die von Zeus auf Kreta vergewaltigt wurde, semitisch also, wie auch das Christentum und der Jüdische Glaube es sind. Das Christentum ist zwar im heutigen Palästina initiiert von Jesus worden, gemacht wurde es z einer Religion, vom Volksapostel Paulus, der noch zuvor Paulus hies. Ein griechischer Jude, der im Ort Tarsus, auf den Taurusbergen (heutige Türkei) geboren wurde. Weshalb wohl ist gerade dort eine amerikanische Schule? Da hängt also am Kreuze angeschlagen – seit ungefähr 2.000 Jahren – exhibitionistisch gekleidet, blutübertrömt und gequält ein Orientale herum. Den besagten Bildersturm gab es also auch im östlichen Christentum schon früher, wo das Abendland noch nichts von der Botschaft des Heilands erahnte! Das Kreuz ist im übrigen von der römisch katholischen Kirche brachial durchgesetzt worden, aber auch die Monogame Eheführung, zwecks der Kontolle über die lebenden Seelen! Der Schleier bzw. Kopftuch haben früher nur verheiratete Frauen tragen dürfen. Die Nonnen wollten aber auch gleichgestellt und ehrbar erachtet werde, und tragen sie bis jetzt auch ihr eigenes Kopftuch! Der Harem im übrigen kommt von den Byzanthinern! Der Schleier war im Orient auch ein Zeichen der Vornehmheit, aber auch ein Schutz vor der sengenden Sonne und Regen. Damit auch der feine Wüstenstaub nicht die Poren der Haut verstopfe. Ganz wichtig, aber auch, dass es dem Frieden diente, denn um den gierigen Blicken der Männer nicht ausgesetzt zu sein; letztlich diente es so rein prophylaktisch Streitereien und gewaltätigen Ausschreitungen, wegen de Blufehde und Beleidigungen den Boden wegzunehmen. Keiner konnte ja im Orient wissen, dass man sich im heutigen Europa halbnackt zu zeigen habe, oder es FKK und Swinger-Clubs haben werde!

    Nach einer These kommt selbst die indogermanische Sprache aus Anatolien (heutige Türkei). Nach der Denknotwndigkeit des europäischen scholastisch geprägten Bildungsbürgertums gehört aber die Türkei nicht zu „Europa”, während der dahinter liegende Kaukaus dazu gehört. Dieses Denken verdeutlicht das krankhaft und sekektiv gewordene Denken, das nur fraktal sich ein Weltbild zusammen schaufelt und krude konstruiert alles fur sich vereinnahmt!

    Wenn also beinahe alles aus dem Nahen und Fernen Orient stammt, das Denken an sich, also die Philosophie, alle Disziplinen der Wissenschaftsrichtungen, die Buchstaben und die bekannten Zahlen, vornehmlich der Zahl Null, dank Adam Riese, dann bleibt wohl kaum noch etwas übrig, von der ach so gerühmten sog. „Europäischen Kultur”, als ein leeres Vakuum!

    Warum also soll jetzt der Islam Europäisch werden?

  3. Magistrat sagt:

    Danke, delice, für deinen super Kommentar!!! Das gleiche habe ich auch schon X-mal versucht zu erklären, nur noch nie so treffend, wie du! Es braucht keinen korrumpierten €-Islam, sondern den authentischen Islam der goldenen Blütezeit der Wissenschaften. Erst entlehnen sie hierzulande ihr halbes Rechts system aus dem Islam, sowie die gesamte Kultur der Hygiene, Kochkunst oder Architektur, und nun wollen sie den Islam belehren, die Quelle göttlichen Wissens…

  4. Johan sagt:

    @delice
    @Magistrat

    „Wenn also beinahe alles aus dem Nahen und Fernen Orient stammt, das Denken an sich, also die Philosophie, alle Disziplinen der Wissenschaftsrichtungen, die Buchstaben und die bekannten Zahlen, vornehmlich der Zahl Null, dank Adam Riese, dann bleibt wohl kaum noch etwas übrig, von der ach so gerühmten sog. „Europäischen Kultur”, als ein leeres Vakuum! “

    Der Islam hat keine großen Errungenschaft hervorgebracht, das waren ausschließlich die Menschen die an ihn (mehr oder weniger) glaubten mussten(!), die diese Errungenschaft hervorgebracht haben.

    Und ja, es gibt ein amerikanisches Christentum und ein Südamerikanisches und ein afrikansiches Christentum. Und es gibt noch viel mehr unterschiedliche islamische Strömungen, also warum sollte Europa fremde Strömungen importieren anstelle einen eigenen, seinen Werten und Gesetzen angepassten Islam zu etablieren, das ist doch mehr als nur legitim!? Der Islam ist nicht so steif und unbeweglich, wie es manche Kommentatoren hier darstellen. Wäre der Islam tatsächlich so steif und und unbeweglich, dann wäre er tatsächlich nicht mit unseren Grundwerten vereinbar.

    An die Errungenschaften alter Zeiten zu erinnern bringt auch nicht viel, wenn es im hier und jetzt Probleme gibt. Der Botschaft des Islam hat nunmal nicht wirklich eine Ewigkeitsgültigkeit.

  5. Magistrat sagt:

    @Johan:

    „warum sollte Europa fremde Strömungen importieren anstelle einen eigenen, seinen Werten und Gesetzen angepassten Islam zu etablieren, das ist doch mehr als nur legitim!?“

    Ganz einfach: Weil es nur einen unverfälschten Koran gibt, und es im Christentum nunmal seit dem Konzil von Nicäa Hunderte verschiedene (konsolidierte) Ausgaben der Bibel gibt. Es gibt nicht DAS eine Christentum. Es gibt aber den Islam. Dank dem einen unverfälschten Koran, der bis heute in seiner Authentizität nicht angezweifelt werden kann.
    Btw: Warum ist denn dann Europa nicht mit gutem Vorbild vorangegangen und hat sich in seinen ganzen Kolonien oder in Australien nicht einfach in die Urbevölkerung integriert, oder in Amerika in das indianische Volk? Oder warum zwingt es heute dem gesamten Orient seine Ideologie samt Herrschaftsformen gewaltsam auf? Mal darüber nachgedacht, was der ach so tolerante Westen von anderen Nationen alles abverlangt (hat)??

  6. Johan sagt:

    @Magistrat

    “ Dank dem einen unverfälschten Koran, der bis heute in seiner Authentizität nicht angezweifelt werden kann.“

    Die Art und Weise wie man den Koran heute interpretiert ist mindestens so vielfältig wie das Christentum. Ihre Mutter interpretiert den Islam anders als Sie und Ihre Geschwister wiederum anders. Also von Athentizität kann im Islam genau so wenig die Rede sein, als beim Christentum. Auch wenn es beim Islam vllt keine Übersetzungfehler gibt, so schleichen sich spätesten bei der Interpretation „Fehler“ ein.

    Der IS und die Typen die mir in der Fußgängerzonen Korane in die Hand drücken wollen sind auch der Meinung im Vollbesitz der Wahrheit über den Islam zu sein, dabei sind es immer genau die Menschen die am allerwenigsten Ahnung von der Materie haben. Herrscht in Saudi Arabien der authentische Islam oder in Indonesien oder doch vllt Tunesien? Wie sieht es mit dem Iran aus?

    Und wenn der Islam so authentisch und unmissverständlich ist, dann braucht Europa den Import aus anderen Ländern noch viel weniger. Es gibt in Europa ausreichend Islamwissenschaftler und Gelehrte die sich von außenstehenden nicht reinreden lassen müssen.

  7. Johan sagt:

    @Magistrat

    „Es gibt nicht DAS eine Christentum. Es gibt aber den Islam.“

    Ach ja? Seit wann? Die Erkenntnis der letzten Jahre Diskussion war doch, dass es DEN Islam nicht gibt. Falls es wirklich so wäre, was ich stark bezweifle, dann müsste der Islam in Europa verboten werden, da er mit unseren Werten nicht kompatibel wäre.

    Das Christentum wirkt durch den Papst in seinem Glauben sogar weniger vielfältig, als der Islam. Ohne dies positiv oder negativ bewerten zu wollen.

  8. Magistrat sagt:

    @Johan

    „Die Art und Weise wie man den Koran heute interpretiert ist mindestens so vielfältig wie das Christentum.“

    Nicht ganz. Denn die Grenze für jede Interpretation bildet immer der Wortlaut. Sobald man also sich über den eindeutigen Wortlaut hinwegsetzt, bewegt man sich nicht mehr im Rahmen der Interpretation sondern der Innovation. Ein Beispiel für Sie: In Europa gilt der Alkoholkonsum als sozialadequat. Den Koran nun den Europäern zu Liebe so zu verbiegen, dass Alkohol für einen Muslim in Europa okay sei, hat schlicht und einfach mit Islam nicht mehr viel zu tun. Man muss sich im freiheitlichen Europa nicht für die Mehrheit verleugnen und seinen Glauben an die Gelüste anderer anpassen. Es steht ja auch jedem frei, sich freiwillig strengeren Moralgesetzen zu unterwerfen, seien es christliche, jüdische oder eben islamische. Das ist der Sinn und Zweck von Art. 4 des Grundgesetzes übrigens.

    „… dann müsste der Islam in Europa verboten werden, da er mit unseren Werten nicht kompatibel wäre.“

    Aha. Und warum genau, wenn ich fragen darf? Inwiefern ist der Islam denn
    a) weniger kompatibel als etwa Judentum oder Christentum und
    b) von welchen „Werten“ reden Sie denn konkret?

  9. Johan sagt:

    @Magistrat

    Ohne Zweifel ist Artikel 4 unseres GG ein wichtiger Artikel, aber auch nicht wichtiger als alle anderen. Habe ich oder irgendjemand anderes gefordert, dass Muslime Alkohol trinken sollen? Ich habe das noch nie irgendwo gehört! Außerdem trinken die meisten Muslime auch Alkohol, strikte Abstinenz gibt es auch dort nicht, man macht es nur heimlicher.

    Judentum und Christentum haben die Aufklärung durchlebt. Der Islam nicht und dieser Prozess wird jetzt gerade nachgeholt, der Islam wird genau so wenig verschont werden wie die beiden anderen Religionen. Aufklärung gibt es hier schon länger als es Demokratie gibt.

  10. Magistrat sagt:

    @Johan
    „Judentum und Christentum haben die Aufklärung durchlebt.“

    Von wegen, das ist ganz sicher nicht so wie sich das vorstellen. Die Christen und die Juden sind vielleicht sekulärer geworden. Das ändert aber nichts an den Religionen. In der Kirche gilt bis heute z.B. das Scheidungsverbot oder das Zölibat. Frauen dürfen nicht zu Priestern geweiht werden usw. .. Das sind alles Sachen, die eigentlich mit dem GG nicht vereinbar sind. Aber die Leute machen das freiwillig und aus Überzeugung. Deshalb kann man das keinem verbieten. Also: von Wegen Aufklärung.
    Auch im Judentum gelten Regeln, die „Aufklärer“ als anachronistisch oder patriarchalisch empfinden. Aber auf die Empfindungen Dritter kommt es für das Grundrecht auf Glaubensfreiheit nunmal nicht an.

    Und nein: Natürlich kann keiner jmd zum Alkoholkonsum zwingen. Aber das ist nur ein Beispiel für SIe gewwesen