Übrigens
Der Nachrichtenchef sagte: Das ist keine Story. Wo ist der Konflikt?
In allen Gemeinden war die Quote der arbeitslosen Immigrantinnen höher. Mit einer Ausnahme: In der Kleinstadt Fredericia gab es keine einzige arbeitslose Immigrantin. Die sehr gute Recherche eines Reporters schaffte es trotzdem nicht ins Fernsehen.
Von Fritz Goergen Donnerstag, 20.11.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 16.04.2015, 13:33 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Vor ein paar Jahren berichteten die dänischen Gemeinden, dass es mehr arbeitslose Frauen unter Immigranten gab als allgemein. Mit einer Ausnahme: In der Kleinstadt Fredericia gab es keine einzige arbeitslose Immigrantin. Der Redakteur des dänischen Fernsehens fragte nach, ob es sich um einen Berichtsfehler handelt. Nein, war die Auskunft, die Null stimmt, das liegt bei uns am „Lene-Effekt“.
Ulrik Haagerup, Chef der dänischen Rundfunk- und Fernsehanstalt, Preisträger für investigativen Journalismus, erzählt in seinem Buch „Constructive News“, wie ein Fernsehreporter, der diese Story recherchierte, von seinem damaligen Chef abgewiesen wurde. Haagerup fordert anhand dieses und anderer Beispiele, dass die Medien ihren negativen Fokus auf Probleme durch den Bericht über gelungene Lösungen konstruktiv ergänzen müssen.
In der dänischen Kleinstadt war eine neue Einwanderer-Beraterin eingestellt – Lene. Sie erkämpfte sich Termine bei den Chefs der örtlichen Firmen, zu denen sie die arbeitssuchende Immigrantin mitnahm. Dort sagte Lene: Das ist Fatima, sie kann euch helfen, etwas Notwendiges zu tun. Ich habe keine Ahnung was, aber ich bin sicher, ihr werdet sie gut einsetzen können. Deshalb sind wir hier. Ein Risiko habt ihr nicht. Die ersten drei Monate zahlt die Regierung den Lohn. Danach entscheidet ihr, ob ihr sie behaltet. Also gebt euch einen Ruck und versucht es mit Fatima.
Das Buch:
Ulrik Haagerup
Constructive News. Why negativity destroys the media and democracy. And how to improve journalism of tomorrow
1. edition: October 2014
2. edition: November 2014
Copyright © 2014 InnoVatio
ISBN 978-3-906501-07-9
Innerhalb von 18 Monaten waren alle arbeitslosen Einwanderer-Frauen eingestellt. Nach mehreren Jahren war die Bilanz: Die Firmen hatten in 90 Prozent der Fälle diese neuen Mitarbeiterinnen nach den drei Monaten auf eigene Kosten weiterbeschäftigt.
Der damalige Fernseh-Nachrichtenchef sagte seinem Redakteur: Das ist keine Story. Wo ist der Konflikt? Warum sollten wir dem Bürgermeister von Federica einen Werbespot schenken? – Also lief die Geschichte über den „Lene-Effekt“ nie über den Bildschirm.
Hans Henrik Knoop, Professor für Psychologie hält als Ergebnis seiner Forschungsarbeit fest, dass der absolute Vorrang der Massenmedien für das Negative den mentalen Zustand von ganzen Nationen beeinflusst: „Negativität beherrscht Nachrichtenflüsse und daher Politik und öffentliche Debatte. Das hat Konsequenzen. So wie du wirst, was du isst, wirst du seelisch, worauf du dein Augenmerk richtest. Du kannst eine Menge essen, ohne die richtige Ernährung zu finden. Genauso kannst du deine Aufmerksamkeit auf eine Weise einsetzen, die dich nur mit dem Gefühl von Leere zurücklässt. Fastfood-Kalorien machen uns schnell langsamer, fetter und müder. Das gleiche tut eine triviale öffentliche Debatte. Schnell wird die Mentalität der Leute fett. Hören sie nur von haufenweisen Problemen und Personen, die uneinig sind und respektlos argumentieren, schalten sie mental ab. Apathie oder Angst ist das Ergebnis. Das Risiko ist nicht nur, dass die Menschen Medien als Quelle ihrer Information abwählen, sondern sich wegen der extremen Priorität des Negativen aus der öffentlichen Debatte verabschieden.”
Ich glaube nicht, dass das europäische Fernsehen in seinen Nachrichten ausländerfeindliche Parteien unterstützen will. Aber da sie über alles nur berichten, wenn es etwas Negatives gibt, kommen auch Zuwanderer und Flüchtlinge nur im negativen Zusammenhang vor. Das aber bestätigt im Ergebnis ausländerfeindliche Positionen. Solange nur schlechte Nachrichten „gute Nachrichten“ sind, wird sich das nicht ändern. Aktuell Feuilleton Meinung
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