Verwaltungsgericht Berlin
Senat muss jüdischer Gemeinde mehr Geld geben
Der Streit um Zuschüsse zwischen dem Berliner Senat und der jüdischen Gemeinde Berlin dauerte über ein Jahr. Jetzt hat das Verwaltungsgericht ein Urteil gefällt: Die Gemeinde bekommt mehr Geld. Während man in der jüdischen Gemeinde von einem Erfolg spricht, will der Senat das Urteil sorgfältig prüfen.
Mittwoch, 22.10.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.10.2014, 21:35 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der Berliner Senat muss die Jüdische Gemeinde in der Bundeshauptstadt finanziell stärker unterstützen. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am Montag entschieden. Demnach bekommt die Gemeinde für die Jahre 2013 und 2014 rund 6,5 Millionen statt der bisher 5,7 Millionen Euro an jährlichen Staatsleistungen. In den kommenden Jahren soll es wegen Tarifanpassungen weitere Steigerungen geben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten kündigten an, den Richterspruch zu prüfen.
Nach Auffassung der 26. Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Christian Richard hat das Land den Zuschuss bislang aufgrund einer fehlerhaften Berechnung deutlich zu niedrig angesetzt. Die im Staatsvertrag vorgesehene automatische Anpassung des Zuschusses an die Tarifabschlüsse im Land Berlin sei nicht hinreichend berücksichtigt worden. Eine weitergehende Forderung lehnte das Gericht ab: Die Jüdische Gemeinde hatte für die Jahre 2013 und 2014 gestiegene Personalkosten in Höhe von rund 3,1 Millionen Euro pro Jahr geltend gemacht.
Ilan Kiesling: Urteil mehr als Teilerfolg
Mit dem Urteil wurde über insgesamt fünf Klagen der Gemeinde mit einem Streitwert von insgesamt 36,5 Millionen Euro entschieden. Das Gericht erklärte, einen klaren Gewinner des seit einem Jahr laufenden Rechtsstreits gebe es nicht: „Beide Seiten obsiegen beziehungsweise unterliegen zu nahezu gleichen Teilen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. So erhält die Gemeinde zwar weitere staatliche Zuschüsse für den gemeindeeigenen Pensionsfonds für die Zeit von Juni 2013 bis Dezember 2014. Allerdings muss sie im Gegenzug zu viel gezahltes Geld der vergangenen Jahre in Höhe von vier Millionen Euro an den Senat zurückzahlen. Zinsforderungen des Senats auf die zu viel gezahlten Beträge des Landes wiesen die Verwaltungsrichter dagegen zurück.
Die Richter sprachen der Gemeinde weitere 72.000 Euro für kulturelle Angelegenheiten im laufenden Jahr zu. Eine andere Forderung nach mehr finanziellen Zuschüssen für das gemeindeeigene Sicherheitspersonal wurde abgewiesen. Für einen Teil der fünf Verfahren hat das Gericht die Berufung zugelassen.
Der Sprecher der Jüdischen Gemeinde, Ilan Kiesling, sagte am Montag, das Urteil sei mehr als ein Teilsieg. Der Gemeinde stehe damit künftig mehr Geld zur Verfügung als bisher. Man werde noch die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, aber „in erster Linie ist das ein positives Urteil“, ließ Kiesling verlauten.
Senat plant sorgfältige Prüfung des Urteils
Der Berliner Kultursekretär Tim Renner (SPD) kündigte an, der Senat werde die Entscheidung sorgfältig prüfen und danach über weitere Schritte entscheiden. Das Urteil habe im Bereich der Staatsleistungen mehr Rechtsklarheit geschaffen, erklärte Renner. Das sei positiv zu bewerten. Das Land habe ein hohes Interesse an einer lebendigen Jüdischen Gemeinde in Berlin. Das Interesse des Landes sei dabei immer, diese Zuwendungen in Höhe und Form mit der Landeshaushaltsordnung in Übereinstimmung zu bringen. Nach Angaben des Senats geht die Unterstützung des Landes über die vertraglich festgelegten Staatsleistungen im Jahr deutlich hinaus. In der Summe werde das Wirken der Jüdischen Gemeinde mit über 18 Millionen im Jahr unterstützt.
Nach Streitigkeiten über Art und Umfang der Zuwendungen hatte die Jüdische Gemeinde den Berliner Senat 2013 in fünf Punkten verklagt. Grundlage für das Urteil des Verwaltungsgerichts vom Montag ist der Staatsvertrag, den Gemeinde und Senat 1993 vereinbarten und der vom Abgeordnetenhaus als Gesetz beschlossen wurde. Er garantiert das religiöse Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde, sichert ihren Bestand und regelt die Staatsleistungen unter anderem zum Ausgleich des jährlichen Haushaltsdefizits. Nach Einschätzung des Vorsitzenden Richters Richard ist der Vertrag damals im „Geist der Partnerschaft“ beschlossen worden und hat deshalb auch „seine Lücken“. Richard mahnte in dem Prozess beide Parteien immer wieder an, zu einem partnerschaftlichen Verhältnis zurückzukehren. Die Berliner Gemeinde ist mit rund 10.000 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde in Deutschland. (epd/mig) Aktuell Recht
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