Fortschrittsbericht

EU will Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beschleunigen

Lange blieb es ruhig um die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Doch jetzt scheint wieder ein wenig Bewegung in die Sache zu kommen. Trotz deutlicher Kritik an der Türkei im EU-Fortschrittsbericht, spricht sich die EU-Kommission für eine Vertiefung und Beschleunigung der Beitrittsverhandlungen aus.

Freitag, 10.10.2014, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 12.10.2014, 21:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die EU-Kommission will die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei vertiefen und beschleunigen. Der Beitrittsprozess könne „durch keine Alternative ersetzt werden“, heißt es im jährlichen Fortschrittsbericht, den EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle am Mittwoch in Brüssel vorstellte. Er bringe Reformen in der Türkei voran und schaffe einen intensiveren Dialog in Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Migrationsfragen. Die EU-Kommission empfehle, so rasch wie möglich fünf weitere der insgesamt 35 Verhandlungskapitel zu öffnen, schreibt Füle.

Die Verhandlungen zwischen EU und Türkei hatten 2005 begonnen, gerieten aber immer wieder ins Stocken. Die EU-Kommission ist nach wie vor der Ansicht, dass der Bosporus-Staat große Defizite in Demokratie- und Grundrechtsfragen aufweise, die vor einem Beitritt behoben werden müssten. So ist Füle besorgt über restriktive Schritte gegen soziale Internetdienste und anderen Druck auf Medien: „Das führt zu einer weit verbreiteten Selbstzensur.“

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Auch die jüngsten Entlassungen und Versetzungen von Polizisten, Richtern und Staatsanwälten sieht Füle mit großer Skepsis. Die Regierung habe auf Korruptionsvorwürfe in bedenklicher Weise reagiert, führt er dazu aus. Verbesserungen mahnt die EU-Behörde wie in jedem Jahr auch bei der Religionsfreiheit an. So hätten nichtmuslimische Gemeinschaften nach wie vor keine Rechtspersönlichkeit, könnten nur schwer Eigentum erwerben und kaum Geistliche ausbilden.

Die EU-Kommission ist jedoch auch der Ansicht, dass die Beitrittsperspektive für die Türkei einen starken Anreiz für Verbesserungen darstellt. Die Verhandlungskapitel, die Füle öffnen will, drehen sich unter anderem um Grundrechts- und Justizfragen. Der politische Dialog mit der Türkei solle auch dafür genutzt werden, die Zusammenarbeit im Kampf gegen die Terrormiliz IS zu vertiefen, unterstreicht Füle. Zudem spiele die Türkei aufgrund ihrer strategisch bedeutsamen Lage eine große Rolle in Fragen der Migration und der Energiesicherheit.

Ein schneller Beitritt der Türkei zur EU ist indessen nicht zu erwarten: Unter anderem hatte der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kürzlich angekündigt, dass es in den nächsten fünf Jahren grundsätzlich keine neue EU-Erweiterung geben solle. Auch der Konflikt zwischen der Türkei und dem EU-Mitglied Zypern ist trotz der jüngsten Entspannung noch lange nicht ausgeräumt. Politischer Widerstand kommt vor allem aus dem konservativen Lager. „Die Empfehlung der EU-Kommission, die Beitrittsverhandlungen auszuweiten, sind das absolut falsche Signal zum komplett falschen Zeitpunkt“, kritisierte der Europaparlamentarier Markus Ferber (CSU). (epd/mig) Aktuell Ausland

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