EU-Studie
Immer mehr EU-Bürger leben außerhalb ihres Heimatlandes
Migration innerhalb der Europäischen Union steigt – vor allem mittel- und osteuropäische EU-Bürger sind mobil. Das zeigt eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Das Institut fordert weiteren Abbau von Migrationsbarrieren.
Donnerstag, 07.08.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die Mobilität von Erwerbspersonen innerhalb der Europäischen Union hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Im Jahr 2012 lebten etwa 7,4 Millionen EU-Bürger außerhalb ihres Heimatlandes in einem nord-, west- oder südeuropäischen EU-Land (EU-15) – rund 30 Prozent mehr als noch fünf Jahre zuvor. Insbesondere Deutschland verzeichnete zuletzt deutlich höhere Zuzüge ausländischer EU-Bürger. Allein im Jahr 2012 lag das Wanderungsplus für diese Personengruppe bei insgesamt rund 260.000 Personen. Das sind zentrale Ergebnisse einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Nur wenige Migranten waren Staatsangehörige der Krisenländer Griechenland, Irland, Italien, Portugal oder Spanien (GIIPS). Der Großteil stammt aus den neuen mittel- und osteuropäischen Mitgliedsländern wie Polen und Rumänien. „Ursachen sind vor allem die großen Einkommensunterschiede und veränderte Zuwanderungsbestimmungen“, sagt Nina Neubecker, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin und Autorin der Studie. Weil Migration helfen kann, Arbeitslosigkeit zu senken oder Arbeitskräftemangel zu lindern, sollten bestehende Migrationsbarrieren wie ungenügende Fremdsprachenkenntnisse und Schwierigkeiten bei der Bewertung beruflicher Qualifikationen nach Einschätzung der DIW-Experten konsequent verringert werden.
Auswanderung aus Krisenstaaten moderat
Während im Jahr 2007 lediglich 2,4 Prozent der Erwerbspersonen aller EU-Länder außerhalb ihres Heimatlandes in einem Land der EU-15 (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien) lebten, lag ihr Anteil im Jahr 2012 bereits bei 3,1 Prozent. 84 Prozent dieses Mobilitätsanstiegs gingen auf Staatsangehörige der neuen mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten zurück.
Die Abwanderung von Staatsangehörigen der GIIPS-Krisenstaaten spielt hingegen eine kleinere Rolle als vielfach angenommen: Zwar kamen im Jahr 2011 rund 150.000 GIIPS-Staatsangehörige und damit fast doppelt so viele Menschen wie im Jahr 2005 in die Länder mit der größten Zuwanderung, also Deutschland, Großbritannien, Belgien, Niederlande und Luxemburg. Dennoch lagen die Zuzüge der GIIPS-Staatsangehörigen in diese Länder bei lediglich 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung der fünf Krisenländer.
Download: Der vollständige Bericht zur Studie „Migration in der Europäischen Union“ kann auf diw.de kostenlos heruntergeladen werden.
Die meisten stammen aus Osteuropa
Auch der Großteil der aus der EU nach Deutschland eingewanderten Personen stammt aus Mittel- und Osteuropa: Der Anteil der GIIPS-Zuwanderer im erwerbsfähigen Alter lag im Zeitraum von 2007 bis 2012 bei knapp 14 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil der mittel- und osteuropäischen Zuwanderer lag bei 75 Prozent. Dass aus Rumänien und Bulgarien bereits vor der vollständig gewährten Arbeitnehmerfreizügigkeit viele Menschen nach Deutschland kamen, dürfte auch an den schlechten wirtschaftlichen Aussichten in klassischen Einwanderungsländern wie Spanien liegen.
„Migration innerhalb der EU kann in Zeiten großer wirtschaftlicher Ungleichgewichte die Arbeitsmärkte angeschlagener Volkswirtschaften entlasten und sollte daher weiter gestärkt werden“, erklärt DIW-Präsident Marcel Fratzscher: „Auch Deutschland als Empfängerland profitiert stark von der Immigration, da diese neue Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand in Deutschland schafft. Deutschlands Offenheit und Attraktivität ist eine Stärke für die deutsche Wirtschaft, und wird dies auch in Zukunft bleiben.“
Abbau weiterer Migrationsbarrieren möglich
Die scheinbar größte Migrationsbarriere, sprachliche und kulturelle Distanz, ließe sich durch eine Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts bereits in jungen Jahren und eine stärkere Förderung des kulturellen Austauschs absenken. Auch eine Beschleunigung der Verfahren zur Bewertung im Ausland erworbener Qualifikationen könnte angestrebt werden, schlägt das Institut vor. Zudem sollte die Sichtbarkeit von bereits bestehenden Job-Netzwerken erhöht werden. „Solche Maßnahmen müssen weder zwangsläufig mit großen Kosten einhergehen, noch in jedem Fall auf EU-Ebene mit großem Aufwand koordiniert werden“, betont Neubecker. Schließlich könnten auch Unternehmen das Arbeitskräftepotenzial aus dem EU-Ausland durch eigenes Engagement besser erschließen. (etb) Gesellschaft Leitartikel Studien
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