Europawahlen

Achtung: Die Schmuddelkinder kommen!

Das rechtspopulistische Bündnis Europäische Allianz für Freiheit (EAF) hat gute Chancen, nach den Europawahlen im Juni erstmals eine Fraktion im Straßburger Parlament zu stellen. Die Folgen für Europa wären weitreichend.

Von Gabriele Voßkühler Freitag, 21.03.2014, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.03.2014, 1:01 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Bisher war das rechte Lager im EU-Parlament nicht mehr als ein loses Sammelbecken rechtsextremer und europaskeptischer Parteien, die nicht mehr Einflussmöglichkeiten hatten, als parlamentarische Reden zu halten. Mit den Europawahlen im Mai könnte die relative Bedeutungslosigkeit rechtspopulistischer Parteien im EU-Parlament jedoch vorerst beendet sein. Nach jüngsten Umfragen wird das rechtspopulistische Bündnis Europäische Allianz für Freiheit (EAF) bis zu 37 Sitze (von insgesamt 752) im Straßburger Parlament für sich beanspruchen. Mit weitreichenden Folgen für Europa: „Eine Stärkung der Rechtspopulisten wird die pro-europäischen Kräfte noch mehr in die Defensive drängen und bereits jetzt angezeigte Tendenzen einer Renationalisierung der europäischen Politik befördern“, sagt der Politologe Prof. Frank Decker von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Weg vom braunen Schmuddel-Image
Mit der EAF haben die europäischen Rechtspopulisten einen gemeinsamen Nenner gefunden: Ein aufpoliertes gemäßigtes Erscheinungsbild, rechts der Mitte. Die Allianz aus der niederländischen PVV von Geert Wilders, der österreichischen FPÖ, der Front National von Marine Le Pen und der italienischen Lega Nord versucht schon seit geraumer Zeit, das braune „Schmuddel“-Image abzulegen. Nicht am äußersten Rande des Parteiensystems möchte man sich positionieren. Mit rechtsextremen Parteien wie der deutschen NPD, der griechischen „Goldenen Morgenröte“ oder der ungarischen Jobbik-Partei will das Parteienbündnis nichts zu tun haben.

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Gegen den Islam und gegen Europa
„Rassismus oder Antisemitismus lehnen wir ganz klar ab“, sagt Franz Obermayr, der EAF-Präsident. Nach den Wahlen strebt die EAF die Bildung einer neuen Fraktion „patriotischer Parteien“ im EU-Parlament an. Das klingt nach Einigkeit, kann über die tiefgreifenden ideologischen Differenzen innerhalb der EAF jedoch nicht hinwegtäuschen: Le Pen ist gegen die Homo-Ehe; Wilders rühmt das antiislamische Engagement seiner Partei, die Front National war unter Le Pens Vater antisemitisch und antizionistisch, Wilders ist pro-zionistisch. „Viele rechtspopulistische Parteien verbindet trotz bestehender Differenzen so etwas wie ein ideologischer Kern, nämlich die Vorstellung einer möglichst homogenen nationalen Gemeinschaft, die es zu bewahren gelte, sagt Prof. Decker. Diesen ideologischen Kern hat die EAF gefunden: Sofern es gegen den Islam und gegen Europa geht, ist sich das Parteienbündnis nämlich einig.

Die AfD ziert sich
Die Einflussmöglichkeiten der Rechtspopulisten im künftigen EU-Parlament werden vor allen Dingen davon abhängen, ob sie eine Fraktion bilden können: Mehr Geld und mehr Posten würde das bedeuten. Um eine Fraktion zu bilden, müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus sieben europäischen Ländern zusammentun. Im größten EU-Mitgliedsland Deutschland fehlt es der neuen Rechtsallianz allerdings noch an Verbündeten. Die AfD, insbesondere deren Chef Bernd Lucke, ziert sich noch, mit den europäischen Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten. Eine Zusammenarbeit mit PVV, FPÖ oder Front National und ähnlichen Parteien lehne man entschieden ab, so die Anfang März zurückgetretene AfD-Sprecherin Dagmar Metzger.


Deutschland ist für die EAF also ein Problem. Woran könnte das liegen? Decker verweist in diesem Zusammenhang auf das „historisch kontaminierte Umfeld, in dem hierzulande nicht nur rechtsextreme, sondern auch rechtspopulistische Parteien agieren müssen.“ Für diese Parteien sei der Zugang zu den Medien erschwert, da es hier „Berührungsängste“ gebe, so der Bonner Politologe. Im Falle eines Bündnisses zwischen AfD und EAF, würden sich diese „Berührungsängste“ noch verstärken. Das weiß Bernd Lucke natürlich auch. Aktuell Politik

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  1. Micha sagt:

    Ich werde die Afd wählen und oute mich hiermit als Schmuddelkind.

  2. Pragmatikerin sagt:

    Auch ich wähle die AfD – wie schon bei den vergangenen Deutschland-Wahlen im September und bin diesbezüglich immer gerne ein Schmuddelkind :-)

  3. posteo sagt:

    „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern..“ Dieses Lied von Degenhardt haben wir noch am Lagerfeuer gesungen. Und ich meine mich zu erinnern, dass es dabei um eine Kritik an den Spießerdeutschen ging.

  4. posteo sagt:

    Ich kritisiere nicht den Inhalt des Artikels, sondern die völlig verfehlte Überschrift und erlaube mir für die Nachgeborenen das von mir zitierte Lied zu verlinken:
    http://www.youtube.com/watch?v=bGhJbr7DMmg

  5. Gero sagt:

    „Schmudelkinder“ – wieder mal ein neuer Begriff, die AfD zu delegitimieren. Aber es hilft alles nichts, diese Partei wird in das Europaparlament einziehen (und sehr wahrscheinlich auch in den Bundestag, bei der nächsten Wahl). Und die etablierten Parteien – und alle politisch Interessierten sowieso – können nunn darüber nachdenken, warum das wohl so ist. Diejenigen, die es sich leicht machen wollen, packen ihre wohlbekannten Keulen aus, Das wird jedoch nichts helfen. Ihr müsst euch schon mit Argumenten (und zwar mit guten) mit dieser Parte auseinandersetzen…

  6. Pragmatikerin sagt:

    Spießer vs Schnösel
    kurz und Bündig: ein Spießer ist ein Mensch der u.a. an althergebrachtem festhält, ein Schnösel dagegen jemand, der keine Ahnung hat und davon sehr viel.

    Als „Schmuddelkind“ weiss ich, wie sich u.a. Schmutz anfühlt, ein Schnösel muss es erst lernen. Auf das hiesige Thema umgemünst: Erfahrung (Schmuddelkind) lässt ein Umdenken zu (neue angepasste Politk an ein verändertes Leben) statt „Eintopfgerichte“ (Schnösel) weltweit.

  7. Cengiz K sagt:

    Jetzt diskutiert dieser Opportunisten-[…]haufen der Geschichte (kurz AfD) darüber, ob völkerrechtswidrige Annexionen in Ausnahmefällen zugelassen werden sollten.. Da streben sie nach dem starken „Führer“ und meinen mit Sandkasten-Rhetorik die Wahrheit gepachtet zu haben.. Ich hätte diesem Förder-Verein für gutbetuchte Apparatschiks eine Chance gegeben, aber es war von Anfang an nicht von der Hand zu weisen, was diese Faschisten im Tarnmantel, rumtreibt.. Wer auf diesen Amateurverein reinfällt, der hat schon lange eine Merkel verdient..