Baden-Württembergs NSU-Bericht

Im ureigenen Interesse … die Nulllinie festtreten

Vor etwa zwei Wochen legte der baden-württembergische Innenminister den NSU-Abschlussbericht seines Bundeslandes vor. Ergebnis: Mundlos und Böhnhardt haben sämtliche Taten begangen. Keine Helfer. Keine Fehler. Akte geschlossen. Wolf Wetzel kommentiert.

Von Dienstag, 25.02.2014, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.07.2015, 0:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Ich möchte herausstellen, dass es im ureigenen Interesse unserer Sicherheitsbehörden liegt, das extremistische und terroristische Dunkel auszuleuchten.“ (S.3) Mit dieser Strahlkraft leitete der SPD-Innenminister Baden-Württembergs Reinhold Gall das Vorwort zum Abschlussbericht der „Ermittlungsgruppe Umfeld – Bezüge der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nach Baden-Württemberg“ ein.

Sage und schreibe zwölf Monate haben knapp zwanzig Beamte des Landeskriminalamtes/LKA in Baden-Württemberg dazu gebraucht, um zu demselben Erkenntnisstand zu kommen, auf den man sich schon lange vor Einrichtung der „Ermittlungsgruppe Umfeld“ geeinigt hatte:

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Dreizehn Jahre will keine Behörde in Baden-Württemberg von der Existenz der neonazistischen Terrorgruppe „NSU“ gewusst haben.

Fünf Jahre lang will man keine Indizien, keine Hinweise gehabt haben, dass für den Mordanschlag auf Polizisten in Heilbronn 2007 neonazistische Täter in Frage kommen. Fünf Jahre lang habe man fehlerlos in die falsche Richtung ermittelt.

Jetzt will man zweifelsfrei sicher sein, dass die beiden NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Mordanschlag in Heilbronn durchgeführt hatten – obwohl es dafür nicht eine Spur, nicht einen Zeugen in Tatortnähe gibt.

Ebenfalls zweifelsfrei will man zu dem Schluss gekommen sein, dass es keine Verbindungen zwischen dem NSU und anderen neonazistischen Gruppierungen in Baden-Württemberg (z.B. KKK) gegeben habe, die den NSU ideologisch und materiell unterstützt haben.

Auch im Fall des Todes des Zeugen Florian Heilig im September 2013 in Stuttgart-Bad Cannstatt kommt die Ermittlungsgruppe zu einem geradezu fantastischen Ergebnis:

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf? Unrast Verlag 2013/2. Auflage

„Nach den Ermittlungen der EG Umfeld und den Ermittlungen des für das Todesermittlungsverfahren zuständigen Polizeipräsidiums Stuttgart bestehen keine Zweifel, dass es sich um einen Suizid des jungen Mannes gehandelt hat, es konnten keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden gewonnen werden.“ (S. 48/49)

Dieses Ergebnis ist von erstaunlich hellseherischer Kraft inspiriert, denn das Ermittlungsverfahren zum Tod des Zeugen Florian Heilig ist nicht abgeschlossen. Die Ermittlungsgruppe kennt folglich ein Ergebnis, das es noch gar nicht gibt.

Noch zweifelsfreier als alles davor will man abschließend festhalten, dass keine Behörde beim Gewährenlassen des NSU, an der aktiven Nichtaufklärung der Morde beteiligt gewesen ist.

Nach alledem scheint dies sehr schlüssig, geradezu zwingend zu sein: Man kann nicht in etwas involviert sein, wovon man 13 Jahre keine Ahnung gehabt haben will.

All das haben zwanzig Beamte des LKA Baden-Württemberg herausgefunden und in fast allen Fällen sind sie selbst die Quelle, der sie dann auch zweifelsfrei vertraut haben. Leitartikel Meinung Politik

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  1. Der Pannenmeister der Herzen sagt:

    Und wieder eine Panne im sogenannen NSU-Terror: Handy-Daten Böhnhardts gelöscht oder ignoriert http://www.mdr.de/themen/nsu/fall/zwickauer-trio786.html