Statistisches Jahrbuch NRW

Qualifikation von Einwanderinnen bleibt ungenutzt

Eingewanderte Frauen weisen eine deutlich höhere Qualifizierung als der Bevölkerungsdurchschnitt auf. Auf die Arbeitsmarktchancen wirkt sich das aber nicht aus.

Dienstag, 10.12.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 15.12.2013, 22:32 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Eingewanderte Frauen, die nach dem Jahr 2000 nach Deutschland gezogen sind, weisen eine deutlich höhere Qualifizierung als der Bevölkerungsdurchschnitt auf, sie sind aber auch deutlich geringqualifizierter. Das geht aus dem Statistischen Jahrbuch 2013 des Landes Nordrhein-Westfalen hervor, das am Montag in Düsseldorf vorgestellt wurde und in diesem Jahr als Schwerpunktthema eingewanderte Frauen behandelt.

Danach verfügt knapp ein Drittel der Frauen (31,6) über die Hochschulreife, in der Gesamtbevölkerung gilt das lediglich für 27 Prozent der Frauen. Andererseits verfügen zugewanderte Frauen seltener über mittlere Bildungsabschlüsse: 18,2 Prozent der zugewanderten Frauen haben eine Fachoberschulreife erlangt, in der Vergleichsgruppe sind es 28,6 Prozent. Bezogen auf den Hauptschulabschluss zeigen sich nur geringe Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Allerdings sind die zugewanderten Frauen deutlich häufiger ohne allgemeinbildenden Schulabschluss als die Vergleichsgruppe: 15,3 Prozent der zugewanderten Frauen haben keinen allgemeinbildenden Schulabschluss, während es bei der Vergleichsgruppe nur 5,4 Prozent sind.

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Gleiches Bild bei Bildungsabschlüssen
Bei der Betrachtung der beruflichen Bildungsabschlüsse zeigt sich ein ähnliches Bild: Seit 2000 verfügen zugewanderte Frauen überdurchschnittlich häufig über einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss (23,0 Prozent; Vergleichsgruppe: 17,8 Prozent). Aber auch die Quote der Geringqualifizierten ist höher: Fast die Hälfte (48,4 Prozent) der Frauen, die seit 2000 zugezogen sind, haben überhaupt keinen beruflichen Bildungsabschluss, bei den übrigen Frauen liegt dieser Anteil bei einem Viertel (24,5 Prozent).

„Bei der Diskussion um den zukünftigen Fachkräftemangel ist von besonderem Interesse, welches Arbeitskräftepotenzial zukünftig durch Zuwanderung zur Verfügung steht. Wir sind deshalb der Frage nachgegangen, über welche Qualifikationen zugewanderte Frauen verfügen und inwieweit das Potenzial der höher qualifizierten Zugewanderten am nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt genutzt wird“, erklärte der Präsident des Statistischen Landesamtes, Hans-Josef Fischer.

Potenziale ungenutzt
Besonders auffällig sei, dass sich auch bei den gut qualifizierten Frauen der Bildungs- und Ausbildungsstand nicht zufriedenstellend in Erwerbsarbeit übersetzt. Nur etwas mehr als 50 Prozent der Zuwanderinnen mit Hochschulreife sind erwerbstätig, gegenüber knapp 83 Prozent bei nicht zugewanderten Frauen mit entsprechender Qualifikation.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Minister Schneider: „Wir haben mit unserem Landesanerkennungsgesetz eine Grundlage geschaffen, wie ausländische Abschlüsse schneller geprüft und anerkannt werden können. Daher appelliere ich an alle Migrantinnen: Nutzen Sie diese Chance und ermöglichen Sie sich damit eine Berufsperspektive in Deutschland.“

Appell an die Wirtschaft
Gleichzeitig richtete der Minister einen Appell an die Wirtschaft: „Bemühen Sie sich in Zukunft verstärkt um die häufig noch brach liegenden Potenziale von ausländischen Zuwanderinnen. Sie sind in vielerlei Hinsicht ein Gewinn für die nordrhein-westfälischen Unternehmen: Sie sind zum Teil hochqualifiziert, sie haben zusätzliche Sprachkenntnisse und verfügen durch ihre Migrationsgeschichte über die von uns als Einwanderungsland NRW benötigte interkulturelle Kompetenz. Das kann im Handel, in der Industrie aber auch im Handwerk von großer Bedeutung sein.“

Download: Die Sonderauswertung „Ungenutzte Potenziale – Qualifikation und Arbeitsmarktbeteiligung von neu zugewanderten Frauen“ können Sie hier herunterladen.

Wie aus dem Jahrbuch weiter hervorgeht, hat sich die Struktur der neu Zugewanderten gegenüber der Phase der Anwerbung von Gastarbeiter(inne)n in den 1950er- und 1960er-Jahren erheblich geändert. Dies gilt sowohl im Hinblick auf deren berufliche Qualifikation als auch auf die Herkunftsländer der Zugewanderten.

Im Jahr 2012 lebten 522.000 Personen in Nordrhein-Westfalen, die zwischen 2000 und 2012 im Erwachsenenalter nach Deutschland zugewandert sind. 288.000 von ihnen sind Frauen, das entspricht einem Anteil von 55,2 Prozent. Für sie ist Ost- oder das östliche Mitteleuropa die bedeutendste Herkunftsregion: 43,5 Prozent der Frauen stammen aus dem Osten Europas, bei Männern ist dieser Anteil deutlich niedriger (36,0 Prozent). Andererseits kommen Frauen – im Vergleich zu Männern – seltener aus Westeuropa (Frauen: 6,5 Prozent; Männer: 10,8 Prozent). (hs) Leitartikel Wirtschaft

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  1. Soli sagt:

    Ich verstehe die Überschrift nicht – es gibt ein paar Prozent besser qualifizierte Frauen bei der Hochschulreife (+4%) und etwas besser bei den /Fach-)Hochschulabschlüssen (+5%) – aber dafür über_deutlich weniger Frauen mit mittlerem (-10%) oder Hauptschulabschlus (-10%). oder sogar noch schlimmer den Berufsabschlüssen (ca. -25%)

    Wenn ich das gegenrechne komme ich insgesamt doch auf eher schlechte Zahlen bei den Zugewanderten (wenn ich jetzt Hochschulabschlüsse nicht mehrfach gewichte).

    Das sollte uns vor allem zeigen – in den niedrigen Bildungssegmenten müssen die Migranten deutlich aufholen! Die Migranten mit Berufs- und Hochschulabschlüssen werden über kurz oder lang sicherlich Arbeit finden, die ohne – sind ja quasi unvermittelbar.

    Und was der Artikel offen läßt – sind nur die hier anerkannten Abschlüsse in den Zahlen eingeschlossen? (Soll heißen – gilt jemand der einen im ausland erworbenen Berufs- oder Schulabschluss hat der hier nicht anerkannt wird als „ungelernt“ ? Das würde die Zahlen verfälschen.)

    Da muss man ansetzen!

    Und – nur weil jemand zugewandert ist – hat er nicht automatisch „kulturelle Kompetenz“ erworben (wie auch immer man das messen will).

  2. kcy sagt:

    @SOLI: Was gibt es an der Überschrift nicht zu verstehen? Sie bezieht sich eben auf die verglichen mit dem restlichen Durchschnitt par mehr Prozent an gut ausgebildeten Damen, deren Potential ungenutzt bleibt…und die überdurchschnittlich vielen nicht mal „wenig qualifizerten“ denken sich wahrscheinlich nicht selten: „warum soll ich denn schon groß was lernen, bringt ja eh nichts! Lieber früh heiraten…“ Gerade auch denen sollte man allerdings dankbar sein – zumindest wenn man nicht Anhänger sarrazzinesker Vererbungstheorien ist. Immerhin gebären sie die Bevölkerung von Morgen; bei deren Erziehung und Ausbildung dann hoffentlich einiges besser laufen wird als bisher… ;)

  3. Lionel sagt:

    In den letzten Jahren zugewanderte Frauen dürften in der Regel nicht älter als 45 Jahre alt sein.
    Sie mit 75-jährigen (einheimischen) Frauen zu vergleichen, die früher nicht so häufig einen hohen Bildungsabschluss erwerben konnten, ergibt ein schiefes Bild.
    Besser wäre es die jeweiligen Alterskohorten einander gegenüber zu stellen.
    So besitzt fast jede zweite (autochthone) Frau in der Altersklasse von 25 bis 35 Jahree die Hochschulreife.