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Religionsmonitor

„Medien haben breitflächig Misstrauen gegenüber Islam geweckt“

Die Haltung gegenüber den meisten Religionen ist ausgeglichen oder entspannt. Eine gewichtige Ausnahme stellt der Islam dar. Schuld sind Medienberichte mit negativen Konnotationen. Das ist ein Befund aus dem aktuellen Religionsmonitor.

Mittwoch, 26.06.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die Türkei (82 Prozent), Brasilien (74 Prozent), Indien (70 Prozent) und die USA (67 Prozent) weisen den größten Anteil derjenigen auf, die angeben „sehr“, „ziemlich“ oder „mittel religiös“ zu sein. In Schweden (28 Prozent) und Israel (31 Prozent) liegt dieser Wert am niedrigsten. Deutschland liegt mit 57 Prozent im Mittelfeld (in Ostdeutschland 26 Prozent, in Westdeutschland 64 Prozent).

Das ist ein Ergebnis der internationalen Auswertung des Religionsmonitors 2013 der Bertelsmann Stiftung. Ihr liegt eine Befragung von 14.000 Menschen in 13 ausgewählten Ländern zugrunde. In Europa gab weniger als die Hälfte der Befragten an, dass Religion ein wichtiger Bereich in ihrem Leben sei.

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Religion und Politik
Vor dem Hintergrund großer Unterschiede in der Bedeutung von Religion ist das Wissen über andere Religionen besonders wichtig. „In der globalisierten Welt, wo Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Religionen aufeinanderstoßen, müssen wir lernen, miteinander zu leben“, betont Liz Mohn, stellvertretende Vorsitzende des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung. Dafür bräuchte es Begegnung und Austausch, um gegenseitige Achtung und Vertrauen entstehen zu lassen.

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Nur eine Minderheit der Befragten in allen Ländern befürwortet, dass führende Religionsvertreter Einfluss auf die Politik nehmen sollten. Die höchste Zustimmung gibt es in den USA (28 Prozent), während sich die geringste Zustimmung in Spanien (13 Prozent) findet. In Deutschland stimmen 21 Prozent der Befragten dieser Aussage zu.

Analog verhält es sich mit der Aussage, dass nur solche Politiker für ein Amt geeignet sind, die auch an Gott glauben: dies befürworten in den USA 25 Prozent und in Spanien 8 Prozent (Deutschland: 10 Prozent). Dabei sind 32 Prozent der Christen in den USA der Meinung, dass nur Politiker, die an Gott glauben, für ein öffentliches Amt geeignet seien. Evangelisch-Freikirchliche bejahen diese Aussage in den USA sogar zu 42 Prozent. In der Türkei beträgt die Zustimmung zu dieser Aussage knapp über 20 Prozent.

Religion und Demokratie
Die Zustimmung zur Demokratie als Regierungsform ist in allen im Religionsmonitor befragten Ländern hoch. Sie wird auch religionsübergreifend getragen. Von 79 Prozent der Befragten in Großbritannien bis zu 95 Prozent in Schweden sagen, dass die Demokratie eine gute Regierungsform sei. In Deutschland sind es 85 Prozent. In der Türkei stimmen 82 Prozent der Befragten zu.

Über Ländergrenzen hinweg betrachtet, sagen 88 Prozent der Christen, 81 Prozent der Muslime, 84 Prozent der Juden und 84 Prozent der Konfessionslosen, dass die Demokratie eine gute Regierungsform ist. In der Türkei, in Spanien und in Frankreich sind die nicht religiösen Menschen der Demokratie gegenüber etwas positiver eingestellt, als die religiösen Befragten: In Frankreich sagen 86 Prozent der nicht religiösen, aber 79 Prozent der religiösen Befragten, dass die Demokratie eine gute Regierungsform ist (in der Türkei: 85 Prozent der nicht religiösen, 67 Prozent der religiösen Befragten; in Spanien 85 Prozent der nicht religiösen, 78 Prozent der religiösen Befragten).

Download: Der vergleichende Überblick zu Religiosität und zum Verhältnis von Religion und Gesellschaft basiert auf der repräsentativen Befragung von 14.000 Personen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Schweden, Spanien, Schweiz, Türkei, Israel, USA, Kanada, Brasilien, Indien und Südkorea. Die Studie betrachtet die unterschiedlichen Ausprägungen und Zusammenhänge bezüglich Religiosität und Spiritualität im internationalen Vergleich und kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

Haltung gegenüber Religion
Die Haltung gegenüber den meisten Religionen ist laut den Ergebnissen des Monitors ausgeglichen oder entspannt. Dies trifft speziell dann zu, wenn man nicht direkt mit Angehörigen dieser Religionen in Kontakt steht. Insbesondere der Hinduismus und der Buddhismus werden von den meisten Menschen in den Untersuchungsländern des Religionsmonitors als ungefährlich angesehen. Von diesen Religionen geht aus Sicht der Bürger kaum eine Gefährdung aus. Allerdings werden sie auch nur selten als eine Bereicherung für die eigene Kultur empfunden. Hier scheint sich ein relativ gelassenes Nebeneinander zu verfestigen, das weitgehend durch die Distanz zu diesen Religionen aufgrund fehlender direkter Kontakte erklärt werden kann.

Eine gewichtige Ausnahme stellt der Islam dar. „Die umfangreiche Medienberichterstattung mit ihren überwiegend negativen Konnotationen hat bei den europäischen Bürgern relativ breitflächig Misstrauen gegenüber dem Islam geweckt. Sind die hohen Bedrohungswahrnehmungen in Israel aufgrund der dortigen politischen Situation durchaus nachvollziehbar, so sind die doch recht hohen Werte in Spanien, der Schweiz, den USA und Deutschland nur durch die Verbindung von Terrorismuserfahrungen, Medienberichterstattung und internen Integrationsproblemen zu erklären. Gerade in Ostdeutschland, wo der Anteil von Muslimen extrem gering ausfällt, bestehen starke Stereotype hinsichtlich des Islam“, heißt es im Religionsmonitor.

Phänomen der westlichen Welt
Dass dies ein Phänomen der westlichen Welt zu sein scheint, lassen die doch eher niedrigen Werte in Südkorea oder Indien vermuten. So stimmen in den meisten westlichen Ländern die Befragten weitgehend darin überein, dass der Islam nicht in die westliche Welt passe. „Selbst wenn nicht unwesentliche Gruppen den Islam ebenso als eine Bereicherung der eigenen Kultur wahrnehmen, scheint der Begriff ‚Kampf der Kulturen‘ als stereotypes Schlagwort die Situation doch zu beschreiben“, so die Autoren des Religionmonitors.

Ein weiterer Befund ist: In den meisten Befragungsländern zeigt sich ein Rückgang von Religiosität bei der jüngeren Generation. Besonders in Spanien findet trotz hohem religiösen Sozialisationsgrad ein Traditionsabbruch über die Generationen hinweg statt: Während unter den Befragten über 45 Jahren noch 85 Prozent mittel- oder hochreligiös sind, so sind es bei den unter 29-Jährigen nur noch 58 Prozent. (eb) Gesellschaft Leitartikel Studien

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  1. Boris Ze sagt:

    Ich persönlich bin ja der Meinung, dass der Islam, aber vor allem dessen Vereine und Verbände, selbst für ihren schlechten Ruf verantwortlich sind!
    Klar kann man den Medien die Schuld in die Schuhe schieben, denn schlussendlich haben diese nunmal davon berichtet, aber glaubwürdig ist diese Argumentation nicht!
    Mir fehlt die Reflektion der Muslime über ihre Rolle und welche Probleme sie mit ihrem tiefer gehenden Religionsverständnis verursachen (also wie man diese auslebt und wo die Grenzen der Sozialverträglichkeit innerhalb einer eher unreligiösen Gesellschaft sind, die man nunmal in Europa ist).
    Dass die Medien weniger Klischees bedienen sollten, finde ich eine durchaus berechtigte Kritik, aber mir fehlt die Aufarbeitung innerhalb der Gemeinschaft. Was tut man denn um diesen Ruf loszuwerden? Nichts! Man wartet lediglich darauf, dass die aussenstehenden Menschen guten Willen zeigen und auf die Muslime zugehen, anstatt dass die Muslime auf die aussenstehenden Menschen zugehen!
    Durch Passivität und Opferstilisierung wird man keine Sympathiepunkt gewinnen.

  2. Zunächst einmal fällt mir diese immer wieder auftretende extreme Übergeneralisierung auf.

    Wenn wir bedenken wie viele Menschen und Menschengruppen „der Islam“ umfasst, dann ist ein Mindestmaß an Differenzierung doch nicht zuviel verlangt.

    Es gibt unter den Menschen, die sich als „Moslem“ bezeichnen unzählige Abstufungen dessen, wie sehr sie die Lehren des Islam ernst nehmen und leben. Genauso wie bei Christen ist es bei Moslems … es gibt unendlich viele Abstufungen der „Gläubigkeit“ und vor allem der „Lehrentreue“.

    Alle Einschätzung dessen was so extrem übergeneralisierend als „Islam“ bezeichnet wird und womit so oft „Extremität“ assoziiert wird muss dieser Grundwahrheit der „unendlichen Divergenz“ in der „Konvergenz“ des Islam Tribut zollen.

    Dazu gehört es auch sich klarzumachen, dass die Mehrheit der einzelnen Moslems genauso wie die Mehrheit der einzelnen Christen oder Juden in einem reflexiven Verhältnis zu ihrer Religion stehen d.h. sie mögen sich zwar mehr oder weniger stark mit ihrer Religion identifizieren aber sie sind auch in der Lage sie zu relativieren d.h. beispielsweise auch andere Religionen anzuerkennen und ihre „eigene Religion“ kritisch zu betrachten. Und auch im Islam gibt es unterschiedliche Auslegungen der Heiligen Schriften. Auch „der Islam“ ist bis zu einem gewissen grade „Auslegungssache“. D.h. er kann je nach Auslegung mehr oder weniger „Freiheit“ gewähren.

    Kein Mensch wird durch seine Identifikation mit einer Religion „selbst zur Religion“ … dies gilt nicht einmal für den extremsten Christen und Islamisten oder Juden … dass es Tendenzen gibt die eigene Religion zu verabsolutieren und sich selbst ganz in der eigenen Religion zu verlieren … und für die Verabsolutierung der eigenen Religion Angriffskriege zu führen stellt einen Auswuchs dar, der alles andere als neu ist und der dem Christentum wohlbekannt ist … Kreuzzüge waren keine Rosenmontagszüge …

    Dennoch muss ich hier betonen. dass das kein Plädoyer für „den Islam“ sein soll und auch nicht für eine andere Religion… es geht darum den einzelnen Menschen in den Fokus zu rücken … wir mögen dem Wahn verfallen es gäbe „den Islam“ , „die Christen“ oder „die Juden“ usw. … tatsächlich gibt es aber nur unendlich viele einzelne Menschen, die alle gesonderter Betrachtung bedürfen …

    Josef Özcan (Diplom Psychologe / Amnesty International)

  3. Lionel sagt:

    Man stelle sich einmal vor: Ein deutsch-ägyptischer Publizist hält in Köln einen Vortrag und bezeichnet das Christentum als im Kern faschistoid.
    Kardinal Meisner bezeichnet das in einem Gutachten als unerhörte Beleidigung der Religion, die mit dem Tode gesühnt werden müsse.
    Dieser Aufruf zum Mord wird mehrfach im Fernsehen gezeigt.
    Nun ist das nicht in Köln passiert, sondern in Kairo, und das Rechtsgutachten wurde nicht von einem christlichen Bischof verfasst, sondern die Fatwa mit dem Tötungsaufruf stammt von einem Scheich der AL-Azhar-Universität.

    In Medienberichte über ein solches Ereignis sind negative Konnotationen mit dem Islam wohl kaum zu vermeiden, wobei das nur ein verniedlichender Euphemismus ist.
    Ursächlich für die üblen Nebenbedeutungen des Islam in diesem Fall sind aber nicht die Medien, sondern die Verfasser und Agitatoren der Todes-Fatwa.

  4. posteo sagt:

    Josef Özkan schreibt : … Kreuzzüge waren keine Rosenmontagszüge …
    Volle Zustimmung!
    Und jetzt stellen Sie sich einfach einmal vor, wir Christen würden unsere Kirchen nach Kaiser Barbarossa, nach Papst Urban, nach Hernando Cortez oder nach Jan Sobiesky benennen, unsere Kindern würden mit 1683-T-Shirts herumlaufen und unsere Autoscheiben wären mit Kreuzritter- und Kaiserreichssymbolen verziert. Dann haben Sie sich auch eine Vorstellung, wie hilflos das Kreuzzugs-Argument auf mich wirkt. […]

  5. aloo masala sagt:

    @Lionel

    Im Namen der Menschenrechte, demokratischer Werte und der Freiheit terrorisieren, drangsalieren und schikanieren die USA mitsamt ihren demokratischen Vasallen im Schlepptau all diejenigen, die sich nicht ihren Willen unterordnen und zu schwach sind, ernsthaft Gegenwehr zu leisten.

    Wendet man nun Ihre als auch die Argumentation von Boris Ze auf Überzeugungen wie demokratische und freiheitliche Werte an, dann müssten diese die größte negative Konnotation erhalten und zwar aus Ihrer Sicht auch noch völlig zu Recht.

  6. Marie sagt:

    Man stelle sich vor, ein fanatischer Christ, der in Muslimen eine Bedrohung des christlichen Abendlandes sieht und in denjenigen, die für Integration und Verständigung und ein Miteinander eintreten, mit der Todesstrafe zu belegende Feinde, zu deren Ermordung er nicht nur aufruft, wie das ständig in rassistischen Hetzseiten geschieht, sondern den Vollzug selbst in die Hand nimmt. Die Bilder des Massakers, bei dem unzählige Jugendliche sterben, werden unzählige Male im Fernsehen gezeigt. Nun ist das nicht in Kairo oder bei den Taliban passiert, sondern in Oslo. In Medienberichten über ein solches Ereignis werden negative Konnotationen über das Christentum und die westliche Kultur grundsätzlich vermieden. Sonderbar, nicht wahr? Ich könnte noch unzählige solcher Man stelle sich vor Geschichten einstellen, wie wärs mit Abu Ghraib, Guantanamo, NSU undsoweiterundsofort? Wo bleiben da die pauschalen negativen Konnotationen zur westlich christlichen „Kultur“.

  7. TaiFei sagt:

    Lionel sagt: 26. Juni 2013 um 18:35
    „Man stelle sich einmal vor: Ein deutsch-ägyptischer Publizist hält in Köln einen Vortrag und bezeichnet das Christentum als im Kern faschistoid.
    Kardinal Meisner bezeichnet das in einem Gutachten als unerhörte Beleidigung der Religion, die mit dem Tode gesühnt werden müsse.“
    Richtig, solchen Leuten entzieht die Kirche heute lediglich die Priesterweihen und verteilt Redeverbote. Die Ermordung überlässt man den vor Ort herrschenden Despoten mit welchen sich die Kirche als Institution recht gut versteht. In Europa liegt dass zwar schon einige Jahrzehnte zurück, dass Franco auch um Namen des Klerus missliebige Personen hat verschwinden lassen, in Lateinamerika kommt so etwas aber auch heute noch gerne vor.

  8. mo sagt:

    Wenn man, wie Marie, davon ausgeht, dass der Westen ein grausames Monster ist, dann ist natürlich alles andere, wie mickirige Mordaufrufe von Leuten, die von Staatsoberhäuptern empfangen und umarmt werden, Peanuts. Alle Zyniker dieser Welt leiten die Rechtfertigung für ihre eigene Unmoral in der Weise her, dass sie sagen, es gibt welche, die sind noch schlimmer.

    Katholiken war es sicher auch nicht angenehm, als monatelang in den Medien über Kindesmissbrauch berichtet wurde. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie sich über die bösen Medien beschwert hätten. Sie mussten sich der Kritik stellen, die Missstände aufarbeiten und haben Veränderungen eingeleitet. Und das, obwohl weißgott nur ein winziger Prozentsatz zu den Tätern gehörte und die kath. Kirche alles andere als den Kindesmissbrauch predigt, denn der eigentliche Skandal der kath. Kirche war das Verstuschen, die feige Ich-hab-nichts-damit-zu-tun-Haltung der Würdenträger, die sich zwar für Gnade den Tätern ausgesprochen, aber nicht für die Opfer eingesetzt haben.

    Solange es irgendwo Missstände gibt, wird es auch Kritik daran geben, egal wie groß oder klein diese Missstände sind. Und das ist auch gut so.

  9. TaiFei sagt:

    mo sagt: 27. Juni 2013 um 09:20
    „Katholiken war es sicher auch nicht angenehm, als monatelang in den Medien über Kindesmissbrauch berichtet wurde. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie sich über die bösen Medien beschwert hätten. Sie mussten sich der Kritik stellen, die Missstände aufarbeiten und haben Veränderungen eingeleitet“
    Na zumindest ein Bsp. fällt mir das ganz spontan ein, wo die Aufarbeitung schnell eingestellt wurde. Welche Veränderungen wurden denn eingeleitet. Ist irgend etwas öffentlich geworden, was nicht verjährt ist?

  10. mo sagt:

    @TaiFei
    Ein paar Infos zu Maßnahmen findet man hier http://www.gegen-missbrauch.de/kirche und hier http://www.praevention-kirche.de/
    (in 1 Minute ergoogelt). Ist nun alles in Ordnung? Sicher nicht. Die Kirche ist auch nicht komplett aus der Kritik. Es ist nur nicht mehr jeden Tag Aufmacher. Man denke auch an jüngsten Skandal, die Verweigerung der Abtreibungspille nach Vergewaltigung in kath. Krankenhaus und die danach im Fokus der Berichterstattung stehende Kritik an kath. Kirche. Kritik wurde vor allem auch geführt von kritischen Katholiken.